Im Frühjahr 1980 will die Altstadtvereinigung ihre Spiel aktion wiederholen, voraussichtlich außerhalb der A lt stadt. Vorschläge und Anregungen kann’s ja nie genug geben, bzw. das Bewußtsein für die Notwendigkeit einer solchen Neugestaltungsmaßnahme bedarf ständig der Nach hilfe. Sie wird sich darum bemühen, mit ihrem Spiel mo deli im Stadtentwicklungs-Ausschuß bzw. in einer Plenar sitzung des Stadtrats im Rathaus auftreten zu können und ihre Überlegungen zur Umgestaltung der Hauptachse des St. Michaels-Viertels unmittelbar vorzubringen. Warum sollen nicht auch Stadträte mal spielen dürfen (wenn sie schon bei der vergangenen A ktion nicht konn ten}, und warum sollen immer nur teuere „Experten" vor (fern Stadtrat referieren und zur Meinungsbildung bei tragen dürfen? Die Bürgervereinigung Altstadtviertel St. Michael kommt sogar umsonst...
„WOSS NÄ IMMÄ MID DÄRA GUSTAVSCHDRASS WOLLN!” Am Rande der Spielaktion „Verkehrsberuhigte Zone Gustavstraße" konnte unsere rasende Reporterin Ingrid Hurler die folgende Szene miterleben. Da dieser so entscheidende Augenblick zwischenmenschlicher Kommunikation als sig nifikant-repräsentativ und paradigmatisch-relevant gelten kann, sei er hier nahezu wortgetreu wiedergegeben: „Maaaargus! Rudi eher, gäiht ihr etz her! Wie o ft soll ich eich nu sogn, daß'dä net auf der Straß foußballn solid, wou dauernd die Audo däherbredschd kumma!" „N o ja", meint da eine stattliche Endvierzigerin beruhigend zu der besorgten Mutter gewandt, „am Droddoar derfns aber aa ned. Do braugn Se si bloß amol oohärn, wäi nou widdä die aldn Leid schendn, walls ihna immer zwischä di Baa renna." „Die braugn aa nix sogn", erwidert kampfbereit die reso lute Frau Mama, „erschdens worns aaramol jung und hom si ned zammfahrn lassn und die Heifli, wou dennä ihre Binscher middn afn Gehschdeich deboniern, sinn aa ned grod schee." Diesen Kernsatz kann wiederum eine engagierte Jungbür gerin, die der Debatte mit Interesse folgte, nicht unkom mentiert hinnehmen: „Viele dieser alten Leute haben doch sonst niemanden mehr; gut zu Fuß sind die meisten auch nicht mehr und irgendwo muß doch so ein Hund auch mal dürfen." Obzwar Menschenansammlungen, die drei Personen zählen, bereits nach irgendeinem Gesetz als Versammlung oder so zu bewerten sind, haben sie eine magische Anziehungskraft, und so bleibt es nicht aus, daß zwei Bäckereikundinnen hin zustoßen und sofort von ihrem Recht zur freien Meinungs äußerung Gebrauch machen: „Des kummt bloß vo die Audo und dera närrschn Fohrerei. Miech wunderts suwiesu, daß an dera Eckn dou an der Woochgassned efter badschd." „Was wollen Sie denn", stellt die Jungbürgerin fest, „früher war das doch eine Bundesstraße und noch viel mehr Ver kehr." „N o ja", beginnt die Endvierzigerin wieder versöhnlich, „abä erschdens had mäs dou ned besser gwisst, zweidens is bloß in aa Richtung gangä und außerdem wor in der Zeidung gschdandn, daß die Gustavstraß etz widdä ,Wohnqualidäd' griegn soll." M it unvergleichlicher männlicher Autorität verkündet nun einer, der damit deutlich demonstriert, daß er weiß, wo rum's geht: „Deswegen soll ja eine verkehrsberuhigte Zone errichtet werden." „Daß i ned lach", entgegnet eine Bäckereikundin und stellt ihre schwere Einkaufstasche jetzt doch ab, „dou langt mer
An diesem Modell lassen sich Varianten der Gestaltung durchspielen
scho die Schwabacher Straß. Daß i nou mei Audo am Ronhof abschdelln derf und nachn Färdä ,Pa rk-und-Renn-SyStern' bis zum Obstmargd laafn mouß wecha an Bäggla Buddä." „Aber nein", beruhigt der „Fachmann", „keine Fußgänger zone, sondern nur so Hindernisse, damit die Autos nicht mehr so schnell fahren können; z.B. in Schlangenlinien um Bäume und Brunnen herum. Und dann auch die Parkplätze: die sollen nämlich nicht mehr so am Gehsteigrand entlang, sondern zu den Häusern hin angeordnet werden. Senkrecht! Da passen dann auch viel mehr Parkplätze in die Straße und die Fahrbahn wird schmäler." „Schlangenlinien", brummelt einer aus der hinteren Reihe, „daß nou die Moped lä und die andern Kracher li glei an Slalom ham zum Übn fürn Nürburgring. Des werd a Gaudi und gwieß sehr .beruhigt'." .Jedenfalls", sagt die Jungbürgerin, „wenn Bäume herkä men, dann hätten doch auch die Hunde wieder einen Stammplatz und der Gehsteig könnte sauber gehalten wer den." „Ach Freilein", meint mitleidig ein anderer, „wie ich unser Stadtverwaltung kenn, stel In die doch ihre Baam auf Bodestle, walls ned so fir nadüriichen Dung sinn wie früher und nou derfns ihrn Fiffi dounaufhem, wenn er ned zu schwer is." Einer der zu Anfang des Berichts gescholtenen (noch nicht stimmberechtigten) Bürger mault plötzlich dazwischen: „lech brauch ka Baam und ka Barkblätz; mir wär a Bolz blatz und a Bommfritzbudn liebä." „Oh. ja ", stimmt sein Bruder zu, „oder vielleicht an mit Schaschligg und Eis und Lim o." , Ja, ja und die Graudwiggäli loßt ihr mä nou widdä liegn", ergreift die Mutter der beiden Amateurstadtplaner zuerst das Wort und dann ihre Söhne und meint noch im Fort gehen: „Aber a Steh cafe hedd i etz aa ganz gern ghadd." „Und als die Menschen zu übermütig wurden und es ihnen zu gut ging auf Erden, da beschlossen sie, sich vorsichts halber selbst zu strafen und schufen sich eine Verwaltung. Und drum wollen wir Pommes frites und bekommen Krautwickel", sprach ein Narr im Hintergrund.
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