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Zeichnung: Ernst Wilfert

• oder blockiert zu werden. Und dies unabhängig vom ohnehin unterschiedlichen Demokratieverständnis unserer bürgerlichen Parteien! „Die Gefahr einer Lähmung der Initiative gewählter Ge­ meindeorgane und die Öffnung von Betätigungsfeldern für demagogische Elemente" wird besonders von Regie­ rungsvertretern in diesem Zusammenhang ständig be­ schworen. Merkwürdigerweise ist jedoch in BadenWürttemberg nichts derartiges zu beobachten, obwohl es dort schon seit den Fünfziger Jahren Bürgerbegehren und Bürgerentscheid gibt. So mancher Untertanengeist und das konventionelle Ob­ rigkeitsdenken. aber auch Gedankenlosigkeit und Träg­ heit machen es sowieso vielen Bürgern schwer, sich un­ mittelbar demokratisch aktiv und überparteilich-politisch, z.B. bei einer Bürgeraktion zu betätigen. Deshalb wäre eine solche Form direkter Demokratie ein Garant für De­ mokratie überhaupt, und gar mancher würde sich viel­ leicht eher politisch aktivieren lassen, wenn er unmittel­ bare Erfolge seiner eigenen Bemühtfngen erleben könnte, als sie auf langen Umwegen und dann vielfach in völlig verwässerter oder verfälschter Form mühsam wiederer­ kennen zu müssen. Auch die kommunikative Kompetenz des einzelnen Bürgers — das Wissen um komplexe Sach­ verhalte also und die Fähigkeit, sich dazu sachgerecht zu äußern — ließe sich somit verbessern. Ein Ziel, das eigent­ lich jedem ehrlich ambitionierten Politiker im Hinblick auf eine verbesserte Partnerschaft zwischen dem Staatsbür­ ger und ihm nur recht sein müßte! Im gleichen Zusammenhang muß auch die vom „Bund Naturschutz" immer wieder betriebene „Verbandsklage" erwähnt werden, die (im Gegensatz zur augenblicklichen

Rechtspraxis, die nur einzelnen, betroffenen Bürgern ein Klagerecht zugesteht) es Gruppen, also auch Bürgerini­ tiativen ermöglicht, juristisch tätig zu werden. Gäbe es eine derartige Einrichtung bereits — lange werden sich unsere Politiker wohl nicht mehr widersetzen können— , dann hätte die Bürgervereinigung z.B. schon längst den formal rechtsgültigen, aber tatsächlich rechtswidrigen Bebauungsplan Nr. 302 im Fürther Bahnhofsplatzbereich zu Fall gebracht. So aber war (trotz erheblicher Bemühun­ gen der Bürgervereinigung bereits vor mehr als einem Jahr) kein vom Wirkungsbereich betroffener Hauseigen­ tümer bereit, persönlich — wie es im derzeitigen Rechts­ system eben vorgeschrieben ist — Klage gegen diesen Bebauungsplan zu führen. Es wird also auf Grund der damit gegebenen Möglichkei­ ten überdeutlich, wie nötig solche Einflußformen direkter Demokratie gerade für Bürgerinitiativen sind, wenn sie keine bloße Alibifunktion haben sollen. „Wo Recht zu Un­ recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“ heißt ein in jüng­ ster Zeit immer wieder gehörtesZitat.Wie anders kann die­ ser Widerstand effektiv und unmittelbar praktiziert wer­ den, wenn nicht durch solche Formen unmittelbarer Mit­ bestimmung? Vorausgesetzt freilich, man ist wie die Bür­ gervereinigung bemüht, sich in demokratischen Bahnen zu bewegen. Daß eingefahrene Bahnen aber sehr schnell auch abge­ fahren und ausgeleiert sind, läßt sich immer wieder von neuem erkennen. Die Suche nach anderen, noch „spur­ treuen Bahnen“ ist deshalb ständige Aufgabe aktiver, flexibler Bürgerinitiativen, zu denen zu zählen die Bürger­ vereinigung immer wieder anstrebt.

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