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WIEDER EIN ABBRUCHSKANDAL IN FÜRTH? SYSTEMATISCHE INNENSTADTZERSTÖ­ RUNG VORPROGRAMMIERT KRITISCHE ÜBERLEGUNGEN ZU EINEM HÖCHST UNERFREULICHEN THEMA Vor wenigen Wochen hatte ein weiterer Abbruchskandal die Fürther Öffentlichkeit aufgerüttelt, als die Bürgerver­ einigung die systematisch geplante Zerstörung der beiden Villen Königswarterstraße 20 und 22 publik machte. Ähn­ lich wie im Problemfall Sahtmann-Viila steht auch dieser drohende Verlust historischer Bausubstanz in unmittelba­ rem Zusammenhang zum unseligen Bebauungsplan Nr. 302, der die bereits längst begonnene Zerstörung der Fürther Innenstadt (verstärkt noch durch eine technokra­ tische Verkehrspolitik) nahezu vorausprogrammiert hat. Er ist derzeit das vorläufig letzte Glied einer Kette von Zerstörungen kultur- und kunstgeschichtlich wertvoller Substanz.

Welcher Wirbel im Anschluß an die Veröffentlichung des Altstadt Vereins (bis zur ersten, umstrittenen Fürther Haus­ besetzung) entstand, wird wohl noch in der Erinnerung vieler existieren. Damit die ganze schlimme Angelegenheit nicht in rasche Vergessenheit gerät und dann doch noch ihr ursprünglich vorausgeplantes Ende findet, sei noch einmal an einige kritische, teils auch im Zusammenhang mit der SahlmannVilla schon erwähnte Aspekte erinnert. 1. Der Bebauungsplan Nr. 302, den Fürther Bahnhofs­ platz und an ihn grenzende Bereiche umfassend, ist zwar formell rechtsgültig, da er nach Beschluß durch den Fürther Stadtrat am 24. Juni 1973 durch die Regie­ rung von Mittelfranken ein gutes halbes Jahr später, genauer: am 10. Januar 1974, genehmigt worden war. Mittlerweile hatte aber das Bayerische Denkmalschutz­ gesetz seine Gültigkeit erhalten, nämlich seit dem 1. Oktober 1973. Das Bayerische Landesamt für Denk­ malpflege war außerdem bei dem Genehmigungsver­ fahren übergangen worden. Deshalb hat u.a. am 20. August 1979 das Bayerische Kultusministerium die Stadt Fürth auf die Sachlage und die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit des Be­ bauungsplanes verwiesen — freilich spät genug! In die­ sem Schreiben wurde die Stadt Fürth aufgefordert, die Eigentümer der im Planbereich liegenden Grundstücke von der Rechtswidrigkeit und der bevorstehenden Auf­ hebung dieses Bebauungsplans zu verständigen. Bis heute hat die Stadt Fürth dies unterlassen!! Ob aus Ignoranz oder falsch eingeschätzter Strategie, sei da­ hingestellt. Zwar ist sie gezwungen, bis zur Mitte dieses Jahres 1981 den Bebauungsplan mit all seinen Konse­ quenzen tatsächlich aufzu heben — die bereits gesche­ henen Untaten lassen sich freilich dadurch nicht mehr

reparieren. Die Bürgervereinigung könnte sich zwar zufrieden auf den Bauch klopfen, daß sie in ihrer seit Jahren vertretenen Auffassung voll inhaltlich bestätigt wird, aber was soll’s? 2. Unsere Befürchtungen im Zusammenhang mit der Sahlmann-Villa, einen Präzedenzfall zu schaffen, der weitere Negativbeispiele nach sich zieht, bewahrheiten sich erneut im Fall Königswarterstraße 20/22. 3. Die Regierung von Mittel franken hat erst der Stadtver­ waltung Fürth das Alibi der formalen Rechtsgültigkeit des Bebauungsplans ermöglicht, auch sie trifft also die Schuld am derzeitigen Dilemma! Dies berechtigt frei­ lich den Fürther Stadtrat nicht, den Schwarzen Peter nun ausschließlich der übergeordneten Behörde zuzu­ schieben. 4. Die windelweiche und inkonsequente Haltung, wie sie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege teilweise immer noch vertritt, das Abfinden mit geringfügigen Korrekturen an den vorgesehenen Neubauten heißt Kapitulieren und Zurückschrecken vor letzter Konse­ quenz, sprich: finanzieller Entschädigung oder Verhän­ gung von Geldbußen, wie sie im Denkmalschutzgesetz vorgesehen sind! Darüber hinaus besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem „großzügigen Verhalten" in dieser kom­ plizierten Sachlage und der Alltagspraxis gegenüber dem „Kleinen Mann“ , der mit lächerlichen Sanktionen (Fensterkreuze, Farbtonnuancen etc.) konfrontiert wird. Eine solche Inkonsequenz läßt Zweifel an der Glaub­ würdigkeit und Ernsthaftigkeit dieser Behörde auf­ kommen! Wenn also der Bebauungsplan Nr. 302 — wie auch das Landesamt und seine übergeordnete Behörde, das Kul­ tusministerium meint — rechtswidrig ist, dann muß auch in Fällen wie den vorliegenden konsequent das Denkmalschutzgesetz angewandt werden!

5. Die Nordstern-Versicherungs-AG, als langjährige Be­ sitzerin der beiden An wesen an der Königswarterstraße (bis Ende 1980), muß sich den Vorwurf gefallen lassen, jahrelang vor allem das Haus Nr. 20 verkommen haben zu lassen (obwohl nach Informationen der Bürgervereinigung ernsthafte Interessenten vorhanden waren, die beide Häuser kaufen und erhalten wollten!) und sich dann kurz, bevor es hätte kritisch werden können.

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