Seite:Altstadtblaeddla 014 1982.pdf/9

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

AKTION KNEIPENSTOP BEBAUUNGSPLAN ALS VERSPÄTETES REGU­ LATIV GEGEN KNEIPEN UND SPIELHALLEN Seit rund vier Jahren bemüht sich die Altstadtvereinigung, mit ihrer »Aktion Kneipenstop« auf die unkontrollierte und überpro portio na le Zunahme gastronomischer Be­ triebe in der Altstadt und auf die schlimmen Folgen für die Wohnbevölkerung (Lärmbelästigung durch nächtliche Lokalbesucher, Verkehrsbelastung, Parkplatzprobleme etc.) aufmerksam zu machen und die Stadt Fürth zum Eingreifen zu bewegen. Bislang blieb dieses Unternehmen meist ohne sichtbaren Erfolg. Seit einiger Zeit ist zum Kneipenproblem auch noch der Spielhallen-Boom dazu­ gekommen (siehe Altstadt-Bläddla 13/82, S. 11, »Flipper Kicker - Killerautomaten«!). Die lange Zeit hinausgezögerte und vor kurzem doch erfolgte Genehmigung eines Lokals in der WaagstraBe 2 (siehe Altstadt-Bläddla 13/82, S. 2, »Trauerspiel wird zur Tragödie«!) hat nun das Faß endgültig zum Überlaufen ge­ bracht. Die Bürgervereinigung, als Eigentümer des unmit­ telbar benachbarten »Schuppens« am Waagplatz selbst

Die Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks von 1981 über die »Aktion Kneipenstop«; im Hintergrund die Unterschriften­ sammlung der Bürgervereinigung von 1980

den formellen Beschluß dem Gesamtstadtrat zu empfehlen und die Verwaltung zu beauftragen, den Bebauungsplan 001 aufzustellen bzw. das Verfahren hierzu einzu leiten. Ein mühseliges, aufwendiges und von etlichen Ein­ spruchsfristen und damit verbundenen Verzögerungen bedrohtes Verfahren! Ein langer Weg also, bisher bereits und noch in nächster Zeit, bis die »Aktion Kneipenstop« der Bürgervereinigung auf behördlichem Weg endlich manifestiert wird!

Inzwischen: ein Skandal nach dem anderen In der Zeit zwischen den beiden erwähnten Ausschußsit­ zungen wurden bereits weitere fünf Kneipen und Spiel­ hallen vom Bauordnungsamt genehmigt!! Und zwar: Gustavstraße 11: Spielhalle: Gustavstraße 33: Bistro (bisher Bäckerei) Gustavstraße 39: Kneipe Waagstraße 2: Cafe »Insel«, sog. Tagescafe (Öffnungszeit bis 1 Uhr!) Königstraße 37: Cafe (Marktplatz) Daß kurz zuvor zwei andere Lokalitäten längst genehmigt waren, sollte nicht vergessen werden: Gustavstraße 40: »Kaffeebohne« (im Telefonbuch unter »Gaststätten«...) Königstraße 49: (Marktplatz): »Königstüberl« Wenn das so weitergeht, dann kann man sich - ohne allzu apokalyptische Visionen - leicht ausdenken, wie die Fürther Altstadt aussehen wird, bis der neue Bebauungs­ plan offiziell rechtsgültig ist! Sämtliche Spekulanten - und davon gibt es eine ganze Menge - werden, womöglich nun versuchen, jede nur irgendwie geeignete Räumlichkeit in ein Lokal o.ä. umzufunktionieren. Schließlich haben Häuser nicht nur ein Erdgeschoß, sondern auch mehrere Stockwerke - da ist noch viel Platz ... Eine grauenvolle Vorstellung! Oder doch nur phantasiegebeutelte HorrorVision? Gute Nacht, liebes Altstadtviertel St. Michael! Stadt muß verantworten, was sie zu lange geduldet hat Zwar begrüßt die Bürgervereinigung den im Stadtrats­ plenum zu erwartenden Beschluß dieses Bebauungsplans 001 (007 klänge noch abenteuerlicher!). Was bleibt ihr auch viel anderes übrig? Und dennoch kann man heute bereits ohne allzuviel Prophetie sagen, daß er zu spät

betroffen, hat Widerspruch gegen diese Genehmigung eingereicht und wird im Falle einer Ablehnung auch den Weg zum Verwaltungsgericht nicht scheuen und formelle Klage erheben! Weitere Maßnahmen werden folgen.

»Wohnwert« bleibt leeres Gerede An diesem Präzedenzfall wird in der nächsten Zukunft exemplarisch das Problem der »Verkneipung« des St. Michaels-Viertels und sein seit Jahren damit vorprogram­ mierter Niedergang zum Vergnügungsviertel aufgezeigt werden. Denn was sollen alle langfristigen Bemühungen um Verbesserung der Wohnqualität einschließlich des Wohn Umfeldes, um Auflockerung der »Ghetto-Situation«, die durch die hohe Konzentration von Ausländern gerade hier gegeben ist. was soll das gutgemeinte Konzept »Ver­ kehrsberuhigung Gustavstraße«, wenn andererseits die Stadt Fürth (Stadtrat und Verwaltung) rat- und tatenlos zusieht, wenn eine Kneipe und Spielhalle nach der an­ deren öffnet ?

Neuer Bebauungsplan soll helfen Fast vier Jahre hat’s gebraucht, bis nun erstmals eine vorsichtige, städtische Reaktion zu registrieren war: In der Bauausschußsitzung vom 22. September dieses Jahres wurde auf mehrfaches Drängen der Bürgerver­ einigung bzw. aufgrund einer dringenden Empfehlung aus dem Stadtentwicklungsamt von der Verwaltung dem Stadtrat erstmals der Beschluß zur Aufstellung eines neuen Bebauungsplans für das gesamte Altstadtquartier angeraten, da normale ordnungsrechtliche und bauaufsichtliche Maßnahmen allein nicht ausreichen, das Übel an der Wurzel zu packen. Erst in seiner nächsten Sitzung vom 15. November entschied sich der Bauausschuß dafür,

Gustavstraße 11: bald Pilsbar und Spielhaile

kommt. Vor zwei Jahren, als zum ersten Mal im Anschluß an informelle Proteste und Unterschriftensammlungen in der Altstadtbevölkerung formelle Anträge der Bürger­ vereinigung an den Stadtrat ergingen, das Kneipenprob­ lem anzupacken, da wurden die Bedenken der Altstadt­ initiative noch mit dem Verweis auf das »exotische Ver­ gnügen, doch endlich auch einmal in Fürth die Auswahl beim abendlichen Kneipenbummel zu haben» abgetan! Die Dauerwarnungen der Bürgervereinigung wurden seit-

Altstadt-ßläddla 14/82

9