Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Freunde der Fürther Altstadt!
Sie mußten diesmal länger als gewohnt auf das hoffentlich schon vertraute Altstadt-Bläddla warten, oder haben Sie es etwa garnicht vermißt? Wäre zwar schade, aber warum sollte das Altstadtorgan, warum sollten vor allem diejeni gen, welche offiziell dahinterstehen, nicht auch die be kannte und allgemein menschliche Erfahrung machen, wonach niemand unentbehrlich ist, wenn er sich dafür hält. Der Grund für die zeitliche Verschiebung lag in einem Wechsel innerhalb der Vorstandschaft anläßlich unserer letzten Jahreshauptversammlung, der übrigens durch ge wisse Begleitumstände dramatischer wirkte, als er es tatsächlich war. So war es sicher für uns einschneidend, daß Gerhard Wunschei nach einem Jahr höchster Akti vität als Vorsitzender wieder ins Glied zurücktrat; seine rein persönlichen Gründe werden von allen respektiert. Von unmittelbarer Wirkung für das Altstadt-Bläddla war aber der Rücktritt von Ernst-Ludwig Vogel, Presse sprecher der Bürgervereinigung. Er führte unser Bläddla praktisch als Einmannbetrieb in quasi unbeschränkter Verantwortung. Dem Rücktritt vorausgegangen waren vorstandsinterne Meinungsverschiedenheiten und scharfe Kritik an verschiedenen nicht zu billigenden Alleingängen; auch war seine »Kampftechnik« nicht immer geeignet, uns Freunde zu erhalten.
Klar, daß nach diesem »Schnitt« unser Presseorgan ein neues Fundament brauchte und sich dies auf das Erschei nen auswirken mußte (siehe oben!) Wir haben die Verant wortung nun auf mehrere Schultern verteilt und möchten auch möglichst viele unserer Freunde zur Mitarbeit anre gen! Natürlich hoffen wir, daß uns der Anschluß gelingt und unser Altstadt-Bläddla weiterhin ein kritisches Sprach rohr von Bürgerinteressen bleibt. Zwei Extreme wollen wir nach Möglichkeit vermeiden; das Abrutschen zum bloßen Vereinsmitteilungsblatt (eine Schande wäre das natürlich nicht, denn auch sowas will anständig gemacht sein) und auf der anderen Seite ein Sich-Versteigen in allgemeine lokalpolitische Sphären. Wir werden sehen, ob das gelingt und sind natürlich auf Ihr Urteil gespannt!
Und was das Thema »Urteil« angeht, wären wir gleich bei anderen möglichen Befürchtungen der (kleinen) interes sierten Öffentlichkeit; »Quo vadis, Bürgervereinigung«, so lautet wohl - dunkel und prophetisch raunend - die Über schrift des Presseberichts über die »dramatische« Jahres versammlung. Für Nicht-Lateiner - und das zu sein, ist ja wohl auch keine Schande - sei an gemerkt, daß »Quo vadis« nicht nur der Titel eines berühmten Schmöckers ist, es heißt übersetzt nämlich auch »wohin gehst du«! Nun, wer weiß das schon immer so genau! Jedenfalls, zum »Lebkuchenverein« - was immer das auch heißen soll werden wir bestimmt nicht. Unser Fernziel, die ach schon so oft zitierte »Wiederbelebung« des uns am Herzen liegenden Viertels werden wir genau so hartnäckig weiterverfolgen, wie wir gegen eine Fehlinterpretation dieses Ziels (Belebung = Kneipen/Verkehrslärm) ins Feld ziehen werden. Und ganz bestimmt werden wir bei unseren Bemühungen nicht mehr Rückschläge in Kauf nehmen müssen, als wir es bereits vor jenem angeblich schicksatshaften Vorstandswechsel tun mußten. Was wir bisher angepackt haben, wird sich in den Artikeln dieser Auflage wiederspiegeln. Gemeint sind die fort schreitende Innensanierung und die künstlerische »Auf wertung« des Schuppens am Waagplatz, Bemühungen um das dahinsichende »Rote Roß« und die Verkehrsberu higung, Gespräche mit Repräsentanten der Stadt und der Polizei, die Fortführung des »Graffl-Marktes«, der »Alt stadt-Weihnacht« und - nicht zuletzt - des »AltstadtBläddla. Schon mangels Kapazität werden wir etwas seltener altstadtfernen Problemen widmen können, was nicht heißen soll, daß wir nicht über den Rand der Alt stadt hinausblicken wollen. 2
Altstadt- BI äd d la 15/831
Wir wünschen Ihnen viel Spaß, Anregung und Nach denklichkeit beim Lesen der folgenden Seiten und wenn's auch blöd klingt - beachten Sie auch unsere Inserenten, ohne die ein kostenloses »Bläddla« nicht denkbar wäre! Ihre Bürgervereinigung Altstadtviertel St. Michael Fürth. Ro.
Gedanken zur 4. Fürther Altstadtweihnacht - Wird sie zur Dauereinrichtung? Die Bürgervereinigung Altstadtviertel St. Michael hat ein Kind, das zur Weihnachtszeit 4 Jahre alt wird; die Alt stadtweih nacht. Da muß einiges überlegt werden, wenn eine Einrichtung zur Tradition werden kann und schon deswegen weiter lebt. Was war denn der Sinn? Hat sich dieser vielleicht schon erledigt? Kann, soll oder muß weitergemacht werden?
Eine Antwort auf all diese Fragen ist vielschichtig. Zu nächst - der Sinn der Sache ist nicht nur Vermehrung des Vorweihnachts-Stresses der Aktiven! Im Winter man gelte es früher besonders an Belebungsaktionen für das gebeutelte Altstadtquartier. In der Zeit des Schneemat sches führte schon kaum mehr der Weg der Fürther in ihr infarktbedrohtes Herz: ihre Altstadt. Man überließ den letzten standhaften Fürthern und den vielen auslän dischen Mietern die feuchten, kalten und alten Gemäuer. Hier mußte etwas geschehen! Gerade das menschliche Maß der Altstadt, so meinten wir, eignet sich auch zur Weihnachtszeit als Hintergrund für die in unseren Breiten gern gehabte Stimmung; und die Fürther haben diesen Weihnachtsmarkt begeistert aufgenommen. Oft kamen Besucher, die stolz verkündeten, daß sie ihre Gäste nicht zu berühmten Weihnachtsmärkten, sondern zur Fürther Altstadtweihnacht geführt hätten.
Dieser Erfolg kann aber nicht der ganze Zweck e .er solch aufwendigen und die Veranstalter oft aufreibenden Aktion sein. Wir führen natürlich etwas dahinter Verborgenes im Schilde und nur wenn das Erfolg hat, ist ein Weitermachen berechtigt: diese Altstadtweihnacht soll das Altstadtquar tier wie im Modell anbieten - es wieder richtig beleben. Das schon angesprochene menschliche Maß der Häuser und Straßenführungen, die unglaubliche Vielfalt der ge wachsenen Formen kann wieder angenommen und geliebt werden. Bitte, man sieht es doch während der Altstadt weihnacht, wie gut sich hier Handwerkerbetriebe aus machen. Wie schön ist es hier zu bummeln. Könnte man hier nicht auch wohnen? Wenn die Altstadt weiter mit Handwerkern, Läden - wie an der Altstadtweihnacht vorgeführt - und Wohnungen belebt werden kann und nicht mehr Notquartier mit leer stehenden Läden und zu vielen nachtlärmenden Kneipen ist, kann der Herzinfarkt der Altstadt gebannt werden. Andere Aktivitäten der Bürgervereinigung, wie Herrichten einzelner Fassaden, haben auch wichtige Signal Wir kungen. Daneben muß aber ein mit Leben erfülltes Modell einer lebenden Altstadt vorgestellt werden. Dies, im Zusammen wirken mit einer Stellung als kritischer, oft kampfbereiter Anwalt für unsere Altstadt - auch gegen die Stadt Fürth hat schon einiges, aber noch lange nicht genug gebracht.
Wir merken, daß die bevorstehende Tradition gar nicht so leicht zu vermeiden ist. Der Wiederbelebungssinn bleibt weiter notwendig. Eine Abschaffung dieser liebenswerten Einrichtung wäre auch eine Verarmung des Fürther Kulturlebens, das gerade in der Altstadtweihnacht eine be sondere Form hat. Das Ergebnis der Überlegungen ist also, daß wir so weiter machen müssen und der Weihnachtsmarkt bewußt zur Tradition werden soll. J.B.
Übrigens: Die Altstadtweihnacht 1983 findet vom 9.-18. Dezember wieder am Waagplatz statt!