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»Zu Tode beruhigt?« Diese Frage stellt sich die Zeitschrift des Bayerischen Ein­ zel handel verbandes im Juni 1985 aus Anlaß durchgeführter oder geplanter Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung. An­ hand von Umsatzzahlen, aber auch von Kundenbefragun­ gen versucht man den Nachweis für die Behauptung zu führen, die - auf eine Kurzformel gebracht - lautet: Ver­ kehrsberuhigung, insbesondere aber sog. »Fußgänger­ zonen« seien allenfalls etwas für wirkliche Großstädte. In deren zumeist attraktive Innenstädte (»Cities«) ginge man zum Einkaufsbummel, zum weltstädtischen »shopping«. Hier sei der Kunde durchaus bereit, auf sein sonst so ge­ liebtes Auto zu verzichten und dieses jedenfalls am Stadt­ rand stehen zu lassen (»park an ride«). In Mittelstädten aber wolle man den Einkauf möglichst schnell erledigen und decke dort vor allem den täglichen Bedarf. Dafür wolle man möglichst nahe an das betreffende Geschäft ranfahren können. Deshalb seien Parkplätze im oder nahe am Einkaufsbereich nötig. Die »Bürgervereinigung«, welche für die Verkehrsberuhi­ gung in der Gustavstraße streitet, wird sich mit diesen Argumenten auseinandersetzen müssen. Allerdings wird man die Zahlen über angeblich zu erwartenden Umsatz­ einbrüche m it Skepsis betrachten dürfen. Statistik ist be­ kanntlich immer noch die wissenschaftlichste Methode ich sage nicht; des Lügens - , mit der sich fast jede Ansicht belegen läßt. Aber auch uns geht es ja keinesfalls um eine Art von Fried­ hofsruhe in der Altstadt. Das ergibt sich schon aus dem in der Satzung niedergelegten Vereinsziel, welches ja die Wie­ derbelebung der Altstadt auf die Fahne geschrieben hat. Eine Art von »Altstadtmuseum« wollten w ir aus dem Michaelsviertel niemals machen! So richtete sich die »Aktion Kneipenstop» bekanntlich nicht gegen gastronomische Betriebe im allgemeinen, sondern sie wollte vermeiden hel­ fen, daß d ie Altstadt - ähniichw ieein Gewässe r - »um ki ppt«, indem die Struktur einseitig wird. Das hat nämlich zur Folge, daß vor allem der mittel ständische Einzelhandel heraus­ gedrängt wird. Denn eine Gaststätte bringt dem Grund­ stückseigentümer meist höhere Mieten! Verkehrsberuhigung bedeutet ja auch nicht, Autos völlig zu verbannen. Auch ist uns klar, daß Parkmöglichkeiten in der Gustavstraße erhalten bieiben müssen, und so sieht

ja auch unser Konzept aus! Aber eine »Rennbahn« in der Gustavstraße wird sicher keine Kunden dorthin ziehen. Über die bisher gefundene Lösung - die übrigens nicht von uns allein stammt, denn wir sind ja keine Verkehrsexperten - kann man durchaus geteilter Meinung sein. Sie ist sicher verbesserungsbedürftig! Niemand aber, der die nun ge­ schaffene Lage ohne Emotionen beurteilt, wird ernsthaft dafür plädieren können, wieder den »Urzustand« herbei­ zuführen! Wichtigste Aufgabe einer Verkehrsberuhigung ist - und insoweit folgen wir gerne den Vorstellungen der Einzelhandels-Offiziellen - die Ordnung des ruhenden Verkehrs. Dazu gehört auch das Schaffen von Kurzzeit­ parkplätzen. Als Schikane für den Autofahrer wollten wir unser Konzept niemals verstanden wissen! Allerdings soll­ ten die Parkmöglichkeiten in der Gustavstraße und ihrer Um­ gebung auch dem Einzelhandel nützen. Vor allem aber soll­ ten sie nach unseren Vorstellungen noch weitere Geschäfte in dieses Viertel ziehen und nicht nur die Einkaufszone in der Innenstadt entlasten. Das wichtigst aber wäre: die Ein­ haltung der Kurzparkzeit müßte überwacht werden! Kehren w ir aber zur Behauptung zurück, wonach Fürth so­ zusagen »verdammt in alle Ewigkeit« sein solle, im Einkaufsschatten von Nürnberg stehen zu müssen. Das doch wohl nicht! eine attraktive Innenstadt, was immer man auch darunter zunächst verstehen mag, ist der beste Garant da­ für, daß die Kundschaft, vor allem aus dem Hinterland, nicht gleich in die U-Bahn nach Nürnberg umsteigt. Andere Mittelstädte im Sog von Nürnberg beweisen doch auch, daß sie attraktiv sein können! Ich denke dabei an Erlangen und es soll ja nicht wenige Fürther geben, die in diese Richtung zum Einkäufen fahren. W ir glauben immer noch, daß eine richtig verstandene Ver­ kehrsberuhigung, Hand in Hand mit einem gesunden Selbstvertrauen, nicht der schlechteste Weg ist. Apropos Selbstvertrauen: Kundenbefragungen, auf die sich der Ein­ zelhandelsverband beruft, können - je nach Fragestellung so oderauch so (!) ausfallen. Sie sind also nur bedingt aus­ sagekräftig und können die in Fürth bekannte Negativhal­ tung durchaus noch verstärken! Also Vorsicht damit! Ro. Altstadt- Blädd la 20/85 15