Seite:Altstadtblaeddla 021 1986.pdf/15

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

Erfahrungen eines renovierungswrlligen Eigentümers eines denkmalgeschützten Hauses. Nach den Vorkommnissen, die m ir als aktives Mit­ glied der BgVgg in Denkmalsachen bekannt waren, w ollte ich es besser machen. M it A rchitekt und Entwurf wurde sofort eine erste Begehung m it dem Landesamt f. Denkmalspflege und Bauordnungsamt durchgeführt. Nachdem eine für beide Seiten annehmbare Ver­ ständigung zustande kam, wurden die Baupläne ein­ gereicht. Diese Pläne wären fast an der Fenstergestaltung ge­ scheitert: die vorgelegte Form wurde abgelehnt und kein Verantwortlicher w ollte sagen, wie und welche Fensterform eigentlich von ihrer Seite genehmi­ gungsfähig wäre. Das ist für jeden, der m it offenen Augen durch das Altstadtviertel geht sofort klar, denn jedes renovierte Haus hat eine andere Fensterform und Machart. Nach welchen Kriterien dies entschieden wird, ist nicht nachvollziehbar. Nach längerem Tauziehen wurde eine verhältnis­ mäßig teuere Fensterform „2-flügelig m it verdeckter Traufschiene“ als geeignet angesehen. Die Baugenehmigung wurde erteilt, m it Auflagen, die erhebliche finanzielle Folgen hatten. Sie enthält in keiner Form, daß der Innenausbau m it dem Landes­ am t f. Denkmalspflege abgesprochen werden muß. Nachdem das Haus entrüm pelt war und genehm igte Abbruch- sowie W iederaufbaumaßnahmen von nichttragenden Innenwänden angegangen waren, wurde für den parallel laufenden Antrag auf Zuschüs­ se vom Landesamt f. Denkmalspflege die Baufrei­ gabe beantragt. Zum Besichtigungstermin erschienen dann zwei im Auto bereits als schlechtgelaunt erkennbare Herren, fegen im Eiltempo durch das Haus, mäkeln an in den Plänen ersichtlichen und genehm igten Veränderun­ gen herum, beanstanden eingezogene Mauern aus Kalksandstein. Die Treppe, eine nach zwei Gutachten nicht mehr als erhaltenswert eingeschätzter Telefonmast m it seit­ lich in die Wand eingemauerten Stufen ohne Wangen wird als erhaltenswert angesehen. Die Fragen, wie denn eine Lösung aussehen solle, wird m it dem Hin­ weis abgetan: wenn wir wollten gäbe es schon Mög­ lichkeiten. Die Veränderungen, obwohl aus den Bauplänen ersichtlich, werden als zu starker Eingriff in die Sub­ stanz des Hauses erklärt und ein Zuschuss wird abgelehnt. Hierzu einige Beispiele: 1. Im Haus sind zwei alte Kamine, die vom Kamin­ kehrer fü r Gasheizung nicht zugelassen werden, nach Baugenehmigung werden bei abgerissen und durch einen neuen Kamin ersetzt. Die alten Kamine haben die Abmessung von ca. 1,20 x 1,20 m eine Kam inseite ist gleichzeitig Wand. Nach dem Abbruch werden die entfernten Kaminteile sowie das An­ schlußmauerwerk ca. links und rechts 1-1,5 m zum nächsten Balken m it Kalksandstein wieder errichtet (zu starker Eingriff in die Substanz des Hauses). 2. Die Holzspunddecken müssen It. Baugenehmi gung einen Brandschutzanstrich F 30B erhalten. In den Verarbeitungsrichtlinien wird verlangt, daß der Untergrund frei von Staub, Schmutz, Öl- oder Lack­

farbe sowie frei von Kalk- u. Kreidefarben sein muß. Sandstrahlen, die einzige wirtschaftliche Möglich­ keit, dies zu erreichen, wird vom Denkmalschutz abgelehnt. 3. Genehmigte Türdurchbrüche hätte nach links oder rechts bis zum nächsten senkrechten Balken verlegt werden müssen; auch wenn dann keine Badewanne mehr ins Bad geht oder der einziehende Mieter beim Türöffnen dann vor dem Kamin steht. 4. Auflage in der Baugenehmigung: Die „neue Treppe“ muß Trittstufen aus massivem Hartholz erhalten; It. Landesamt f. Denkmalspflege erhalte ich keinen Zuschuß weil ich die vorhandene Treppe aus Fichtenholz nicht erhalten habe. Diese Auflistung kann noch beliebig erweitert w er­ den und sie zeigen mit erschreckender Deutlichkeit, wie wenig Gedanken sich manche Verantwortlichen machen bzw. wie eingereichte Sch riftstücke gelesen werden. Wenn dann in der Baugenehmigung noch ene fal­ sche Himmelsrichtung angegeben wird, obwohl nach Lageplan und 4-maliger Besichtigung das Haus It. eigener Aussage des Landesamtes für Denkmals­ pflege sehr gut bekannt ist, dann wird die Frage erlaubt sein, wie gut sich jemand an Details erinnern und sie richtig einordnen und dann daraus die richti­ gen Entscheidungen fällen kann! Für diese Entscheidung kann man dann umsoweni­ ger Verständnis auf bringen, wenn man sich in der Umgebung aufmerksam umschaut; Der Platz der St. Michaelski rche, ein früherer Fried­ hof wi rd gepflastert, Firmen kleben i h re Schauf enster m it grellen Reklametafeln zu, Stadthäuser verfallen obwohl es genügend kaufwillige Interessenten gibt, die man dann noch durch Preisgestaltung und Auf­ lagen abschreckt, obwohl dann doch wieder „O pfer“ vorhanden wären, die man wegen einer nicht farblich abgestimmten Haustür oder einem zuviel entfernten Balken oder der falschen Fensterfarbe m it einer Geldbuße wegen nicht eingehaltener Baugenehmi­ gung belegen könnte!). Trotz dieser Erfahrung hat es mir Spaß gem acht und meinen Entschluß ein altes Haus bewohnbar zu machen und herzurichten, nicht bereut. G. Holzmann Altstadt- Bläddla 21/86

15