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Eine einzige „Schweinerei“ Als Laie weiß man gar nicht den Wert des Schweines voll zu schätzen. Außer dem guten Schaufele, dem Schweinebraten und der Sülze kann man gerade noch als Knoblauchsökonom treu dem Grundsatz „Horn und Haar düngen drei Jahr“ dem deutschen Hausschwein einiges Weitere abgewinnen. Die alten fränkischen Stukkateure wissen aber, daß die Schweineborsten einem Kalkputz Festigkeit und Ela­ stizität zugleich verleihen können - und so verwen­ deten sie diese als billigen Stabilisator bei ihren Außenanwürfen von Gebäuden. Beim Landesamt für Denkmalpflege erinnerte man sich an diese typisch fränkische Außenputzmöglich­ keit just, als ein amerikanischer Lehrer mit seiner Familie im Frühjahr 1985 die An wesen Wilh.-LöheStraße14-16zur Renovierung erwarb. Von seifen des Bauordnungsamtes genehmigte man die Ausfa­ chung des gut erhaltenen Fachwerks mit wärme­ dämmendem Ytong, machte aber den geforderten „Borstenanwurf“ als Auflage - Farbgebung wie immer! -. Wer Robert Todd, den „stolzen“ Besitzer kennt, weiß, daß er engagiertes Altstadtvereinsmitglied und Perfektionist ist. Er wollte selbstverständ­ lich di esen Auflag en „fassadeng etreu“ nachkom m en. „Nur, wo bringe ich diese Schweinsborsten her?“, war sein Anliegen. Nachdem Nachbarschaftshilfe in sol­ chen Situationen eines „Newcomers“ besonders angebracht ist, kannte einer einen vom Schiachthof in Nürnberg: „Da kriegen wir die Sau borsten umsonst“. Ein Kleintransporter beförderte die Ladung durch die „Halle" in den Hinterhof des Anwe­ sens. „Oh, wonderful" - neben den ersehnten Schweineborsten kamen auch Schweinefüßchen, Ohren und Schwänzchen zum Vorschein, traurige

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Schweinsäuglein blickten den neuen Besitzer an - in Putz verarbeitet - Beuys hätte Pate stehen können! Nicht genug der Anblick, es drängte sich auch immer mehr der damit verbundene Geruch in den Vorder­ grund. Es halfen kein warmes, kein kaltes Wasser, auch keine Desinfektionsmittel. Das Zeug mußte weg: „Äug' um Auge - Zahn um Zahn“ - darunter die ersehnten Borsten wanderten mit Hilfe einer Kohlen­ schaufel in Plastikbeutel zum Abtransport. Eine Kost­ probe aus dem Fürther Schlachthof (diesmal nur ein Eimer) bot dasselbe Bild und denselben Geruch, den Frau Todd nie vergessen wird. Eine Pinselfabrik machte ihr daraufhin ein Angebot: 1 kg chinesische Schweineborsten (gereinigt) DM 50,- - Wenn das keine schlaflosen Nächte verursacht, bei einer Außenputzfläche von mehreren 100 qm! -

Letzter Rettungsanker war für die Familie Todd eine namhafte Arbeitsgemeinschaft von Befunduntersu­ chern alter Bau substanzen, die offensichtlich Adres­ sen von Bezugsquellen der Knoblauchslandbauern zu „Sauborsten" kannten. Nun ist der Putz dran am Haus,der gewünschte Farb­ ton aufgebracht. Zu wünschen bleibt nun noch, daß beide auch halten! „Gut Putz!“ der Familie Todd.

PS: Frau Todd lobt die gute Zusammenarbeit zwi­ schen Landesamt für Denkmalpflege, Bauordnungs­ amt und Bauträger! Beispielgebend!? (man achteauf das Ausrufezeichen vor dem Fragezeichen - in Fürth jedenfalls.) G.W Die obige Federzeichnung wurde vom Graphiker Scherzer gefertigt und der Bürgervereinigung ge­ schenkt. (Anm. d. Red.)

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