Jüdisches Museum in Fürth Königsplatz 5 Möglichkeit, einen Fürther „Schandfleck“ aufzuwerten Zu Beginn des Jahres 87 regte der mittelfränkische Bezirkstag - allen voran Herr Dr. Kühorn - die Grün dung eines Jüdischen Museums Mittelfranken an. Unter anderen Standorten wurde auch Fürth für die ses Projekt auserkoren. Der Stadtrat beauftragte den Kulturreferenten Erich Reinhardt, die Voraus setzungen für die Errichtung zu prüfen. Sein großes Interesse und seine fundierte Sach kenntnis über das Fürther Judentum waren Grund lage für ein Interview, für das sich der Stadtschulrat spontan bereit erklärte. Hier einige Fragen der BVgg, die natürlich ebenfalls großes Interesse an der Einrichtung des Museums hat, sowie die Antworten des Referenten (gekürzte Form): BVgg: Wäre nicht Fürth, aus der Historie gesehen, geradezu prädestiniert für das Jüdische Museum? Reinhardt: Kein bayerischer Ort hat eine solch große religiöse Bedeutung für das Judentum wie Fürth. Bereits 1809 war es die stärkste jüdische Gemeinde Bayerns (mit 2500 Juden). •Fürth besaß die einzige Talmudschule Deutsch lands, die religiösen und geistigen Einfluß auf das Weltjudentum genommen hat. •Fürth war für die Juden von großer wirtschaftlicher Bedeutung: Kapital- und Kredit Wirtschaft, Handel und freie Berufsausübung wurden gewährleistet. •Für das Judentum hatte Fürth auch eine soziale Bedeutung: Im Jahr 1670 siedelten sich die aus Wien vertriebenen Juden in größeren Gruppen in Fürth an, auf das die Rolle Wiens für das Judentum überging. Von hier aus übernahmen Juden die deutsche Sprache und das „Deutschtum". Viele Übersetzungen aus dem Hebräischen ins Deut sche nahmen hier ihren Ausgang. •Von Fürth aus fand das Gedankengut seinen Weg in die ganze Welt. 10
Altstadt-Bläddla 23/87
•Für das Jüdische Museum würde sich keine andere Stadt Bayerns so anbieten wie Fürth. BVgg: Haben Sie sich schon Gedanken über den Standort gemacht? Reinhardt: Es sollte ein Gebäude gewählt werden, das zum gegenwärtigen Zeitpunkt in jüdischem Be sitz ist - zumindest aber früher jüdische Tradition be herbergte. Meine Vorstellungen liegen im Erwerb eines Hauses im Innenstadtbereich - weniger im Schloß Burgfarrnbach. Es könnte im noch lebendi gen religiösen Zentrum Nähe Hallemannstraße sein, auch an das Anwesen Königplatz 5 ist gedacht; hier befanden sich früher ein Tuckbad, eine Synagoge und eine Schule. Es war offensichtlich ein Zentrum jü discher Kultur. BVgg: An der Restaurierung des „städtischen Schandflecks" Königsplatz 5 wäre natürlich auch die BVgg sehr interessiert, bedeutet dies doch einen weiteren Schritt zur Wohnumfeldverbesserung und positiven Reaktivierung des Lebens im Altstadtvier tel. Wie stellen Sie sich die Finanzierung vor? Reinhardt; Schwierig! Die Restaurierung würde gut eine Million Mark erfordern, und das ist zur Zeit eine Menge Geld für Fürth. BVgg: Was ist schon eine Million Mark gegenüber dem Prestigeverlust, den die Stadt hinnehmen müß te, wenn Kleinstgemeinden wie Langenzenn oder Schnaittach, die auch als Standorte in Erwägung ge zogen wurden, das Museum bekämen. Stünden nicht Mittel aus dem Städtebauförderungsgesetz, dem Landesamt für Denkmalspflege, dem Bezirk und dem Freistaat zur Verfügung?
Reinhardt: Die Finanzierung wird zu überprüfen sein. Ein Verlust wäre es auf alle Fälle, sollte das Projekt am Geld scheitern. BVgg: Haben Sie außer uns noch weitere „ideelle Verbündete"? Reinhardt: Das Spektrum der Unterstützung umfaßt den jetzt amtierenden OB Lichtenberg, Altoberbür germeister Scherzer, Stadtheimatpflegerin Solo mon, jüdische Mitbürger, den Bezirkstagspräsiden ten, viele Abgeordnete und den Bezirksheimatpfle ger.