Altstadtspaziergang Wir trafen uns an der Freibank. Ziel des sonntäg lichen Spaziergangs war das als Sanierungsgebiet ausgewiesene Areal zwischen König- und WilhelmLöhe-Straße. Doch zuerst galt unser Interesse einem Gebäude in der Gustavstraße. Das milde Herbstson nenlicht betonte geradezu den Dilettantismus hilf loser „Renovierungsversuche". Am Haus Nr. 49 brökkelnder Sandstein, von Putzklumpen und Stahlklam mern vergewaltigt, an verschiedenen Stellen abge schlagener Verputz, das daru nter liegend e Fac h werk ungeschützt der Witterung preisgebend. Dieses Haus gehört zu einem für die Gustavstraße charakte ristischen Hof, der Wohnen und alteingesessenes Gewerbe harmonisch umschließt. Dem Betrachter drängt sich die Frage auf, weshalb solchem Tun nicht Einhalt geboten wird. Es wäre nicht das erste Mal, daß durch unsachgemäße Behandlung alter Haussub stanz irreparable Schäden zugefügt würden. Instandsetzung um jeden Preis? Auch das kann nicht das Anliegen der BVgg sein, doch heißt es hier sorg fältig prüfen, und abwägen. Doch weiter über den Grüner Markt die Königstraße hinunter und zwischen den Häusern Nr. 3 und Nr. 5 hinein in eine trist anmutende, gepflasterte Torein fahrt. Rechterhand die rauchgeschwärzte Fassade eines Hauses, dem man kaum noch ansieht, daß es aus der Barockzeit stammt. Keine Blumen, kein Gras halm, alles wirkt wie ausgestorben. Hier wohnen Menschen? Wir wagen uns weiter hinein und nach rechts öffnet sich die Einfahrt zu einem großen Innenhof, zum Rednitzufer von Bäumen gesäumt und auch die Schrebergarten-Idylle fehlt nicht. Ja, so siniert der Betrachter, hier könnte durch sensible, menschengerechte Sanierung wieder Wohn- und Lebensqualität geschaffen werden. Doch was ihm beim Blick in den Sanierungsplan in’s Auge sticht, sind mitten im Innenhof die Auto-Stellplätze. Sandkasten, Schaukel, Blumenbeet? Sitzplatz für die Hausbewohner? Warum werden sie eigentlich bei der Planung ihres Umfeldes nicht mit einbezogen? Fragen am Rande. Die östliche Seite dieses Hofs wird von der Rückseite eines langgestreckten Barockhauses begrenzt. Scheint gut instand zu sein und wir wollen uns das Gebäude von vorne ansehen. „Traubenhof" heißt die ses kleine Ensemble in der Altstadt.
Kein sinnfälliger Name, oder doch? Vor dem Krieg befand sich im Eckhaus zur Königstraße das Wirts haus „Zur Weintraube“ wo den Gästen noch selbst gekelterter Wein kredenzt wurde. Doch das gehört längst der Vergangenheit an. Der heutige „Traubenhof" wirkt ein wenig verschlafen. Auch hier gehören die kleinen Gärten am Rednitzufer zu jedem Anwe sen. Doch diese Gärten sind bedroht durch den Plan des Stadtbauamtes, diese Seite des Flußlaufs der Allgemeinheit durch einen Rad- und Spazierweg zu gänglich zu machen. Gemeinwohl? Man wird sehn. Man könnte beispielsweise das Ufer durch Aufschüt tung verbreitern. Und dann sind wir auch schon im benachbarten Red nitzhof. Langgezogener und zum Schießanger in einen freien Platz mündend, zur Königstraße eng und verschachtelt bebaut. In diesem Bereich steht das Haus Nr. 7, ein Sandsteingebäude, an dem der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen hat. Hier muß bald etwas geschehen. Neue Fenster sind schon drin, ein Anfang scheint gemacht. Das benachbarte Haus könnte hier Vorbildfunktion haben. Denn hier ist rechtzeitig durch stilgerechte Restaurierung dem Verfall Einhalt geboten worden. Nur wenige Meter weiter liegt der Stoll'sche Fische reibetrieb. Wohnhaus und Gewerbegebäude bilden eine solide gestaltete Einheit, und tragen nicht un wesentlich zur Belebung des Wohnumfeldes bei. Doch herrscht Ungewißheit, ob das so bleiben wird. Die Fischbecken am Haus sollen dem geplanten Uferweg weichen. Das würde bedeuten, daß der Be trieb umsiedeln müßte, ist es denn nicht so, daß gera de diese gewachsene Struktur, das Vorhandensein von Gewerbe, Handwerk und Handel die Stadtteile prägt und sie mit Leben erfüllt! Mit diesen Überlegungen sind wir bei unserer letzten Etappe angelangt. Vom Schießplatz weg gelangen wi r in die Wilhelm-Löhe-Straße. Hier wi rd’s wieder ein wenig „städtisch“. Sandstein und Fach werk bestim men das Bild, ein geschlossen wirkender Straßenzug liegt vor uns. Bei näherem Hinsehen allerdings stoßen wir auf Abrißstellen und dem Verfall preisge gebene Bauten. Doch stehen hier eben auch Häuser, deren Restaurierung von den Eigentümern in vorbild licher Weise vorgenommen wurde. Nun stehn wir wieder in der Königstraße, warm ist's uns geworden, night nur äußerlich. P.F.
AltstadtMäddla 25/89
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