Burgervereinigung St. Michael _ Altstadtbladdla
Courage: Als zwei voll bewaffnete Gis mit den Worten „We want beeeer!“ hereinbra chen, antwortete sie: „Ich hob a Beeer, ober du net!“ Weiterer Kommentar von Frau Mandel: „Mensch, däi homm Nerven. Wolin a Bier - und a wer zohlt’n des?“. Nachkriegs Kneipenge schichten finden sich im letzten Altstadtbladdla (Cafe Fürst. Gustavstraße), vielleicht noch ein paar Worte zum Stadtparkcafe: Ur sprünglich stand ein Stadtpark-Restaurant dort, wo sich heute die Freilichtbühne befindet. Das Restaurant von 1897 wurde 1938 abge rissen, zur Landesgar tenschau 1951 entstand die widersprüchliche Architektur der Milch gaststätte. Das Haus selbst ist im traditionel len Stil ausgefuhrt, ganz anders der Anbau: „Der überdachte Frei sitz ist mit seinem ge schwungenen Dach, den schlanken Säulen und dem leichten Ge länder ein Beispiel für
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die swinging fifties’, die Phase der Nierentische und Tütenlampen" (Barbara Ohm). Der massive Bau, die Schleppgaube mit den kleinen Fenstern wurde kombiniert mit der leichten, offenen Bau weise der 50er Jahre. Der Ausdruck völki scher Vergangenheit trifft hier architekto nisch auf die hoffentlich weltoffene, multikultu relle Zukunft.
Die Grüne Tanne in Jena Wie im letzten Alt stadtbladdla dargestellt, zeigt das Cafe Fürst ex emplarisch den Fürther Umgang mit exponier ten Punkten der Ge schichte und mit dem Bürgerwillen in Form einiger tausend Unter schriften. Auch die „Grüne Tanne" in Jena hätte ähnliche Er fahrungen machen müs sen, wenn nicht ein bür gerfernes Regime durch die Burger weggefegt worden wäre.
Die „Grüne Tanne" in Jena hat allerdings er hebliche Bedeutung für die deutsche Geschich te: Am 12. Juni 1815 wurde hier die Jenaer Urburschenschaft ge gründet. Seinerzeit wa ren die Burschenschaft ler Träger progressiven Gedankengutes, und sie trugen 1817 den Ge danken von Freiheit und Einheit der deut schen Nation auf die Wartburg und von dort nach ganz Deutschland. Der rot-schwarze Ban ner (mit goldenem Rand) der Burschen schaften (nach den Uni formfarben der Lützowschen Freikorps während der Befrei ungskriege gegen Na poleon) ist zudem indi rekt Ursprung der deutschen Nationalfar ben.
Überregionale Bedeu tung erhielt die „Grüne Tanne" auch durch den Aufenthalt Goethes (1817/18) sowie die Auftritte Clara Zetkins (1897) und August Be bels (1899). Durch mangelnde Pflege und das Unterlassen jegli cher Unterhaltungs maßnahmen nach 1945 hatte sich der Bauzu stand so verschlech tert. daß sie 1975 zur Streichung von der Denkmal liste freigege ben wurde. Die zustän digen Stellen wandten das in der DDR wie in Fürth so beliebte Prin zip „Restnutzung bis zum Verfall“ an. 1980 und 1986 wurde das Haus auch nicht mehr auf die Denkmalliste gesetzt. Ein Professor der Hochschule Jena und eine Gruppe von Universitätsangehöri gen starteten eine Un terschriftensammlung
für die Erhaltung des geschichtlich bedeutsa men Bauwerkes und wurden dafür gemaßre gelt. Die Rettung kam erst, als das autoritäre Regime von den Bür gern auf den Abfallhau fen der Geschichte ge karrt wurde.
Die Stadt Jena unter nahm alle Anstrengung, die Kneipe wiederher zustellen und fand da bei einen Verbündeten: Die Jenaer Burgkeller burschenschaft Arminia war - nach dem Verbot 1935 bis 1945 - ins Mainzer Exil gegangen und hatte sich dort 1950 rekonstituiert. Die Burschenschaft zö gerte nicht, alles zur Wiederherstellung der „Grünen Tanne“ zu un ternehmen, so daß sie am 10. Juni I 994 wiedereroffnet werden konnte. Zur Wiederer öffnung gratulierten un ter anderem die Stadt Jena, die FriedrichSchiller-Universitat Jena und der Thüringer Ministerpräsident Vo gel.
Auch in Furth sollte sich niemand zu schade sein, die Fürther Knei penkultur und den Fürther Kneipenviertel verein St. Michael zu unterstützen. Aber in Fürth gibt es zu viele Politiker, die trotz ge genteiliger Behauptung nach dem Motto „Das beste an Furth ist die U-Bahn nach Nürn berg" handeln. Mal se hen, wie das bei der Kommunalwahl im Marz 1996 ausgeht. Alexander Mayer