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Bürgervereinigung St. Michael Altstadtbläddla —

Neubauten gilt. Eine ex­ akte Einhaltung der for­ mulierten Anforderungen ist gerade bei der Altbau­ sanierung oder dem Denkmalschutz schwierig oder teilweise überhaupt nicht möglich - und auch nicht erforderlich. Denn wenn man mit Sachver­ stand die Bedeutung und den Sinn der Vorschriften hinterfragt, so offenbart sich eine Palette von Möglichkeiten, die diesen scheinbaren Wider­ spruch zwischen Brand­ schutz und Denkmalpfle­ ge schrumpfen lassen. Um Abweichungen/Befreiungen bei Bestandsschutz zu begründen, empfielt sich folgende praktische Vorgehensweise: Abweichungen von Neu­ bauvorschriften ermitteln Unmöglichkeit der Ein­ haltung dieser Vorschrif­ ten nachweisen Sinn der Neubauvor­ schriften hinterfragen eine ANGEMESSENE Er­ satzlösung nachweisen. Ein begründeter Antrag auf Gewährung einer Ausnahme bittet hier nicht um eine Befreiung, sondern liefert den Nachweis, daß die - an­ statt der nicht einhaltba­ ren Vorschrift - vorge­ schlagene Lösung eine gleichwertige Alternative darstellt, die ohne Sicher­ heitsverlust den Anforde­ rungen der Schutzziele genügt. Man muß sich also an ge­ wisse ,.Spielregeln“ hal­ ten und darf den Brand­ schutz nicht einfach igno­ rieren - nur weil er mit „unproduktiven“ Kosten verbunden ist, zumal es ja in der Erwartung des Ein­ zelnen bei einem selbst ja überhaupt nicht brennen kann - und wozu hat man schließlich eine Versiche­ rung oder einen Heiligen mit Namen „St. Florian".

Raub der Flammen Aber schauen wir wieder in die Praxis: Ein Gericht

ten (Schweißen, Löten, Trennschleifen, u.a.m.) oder die regelmäßige Überprüfung der elektri­

So kann es im Falle des Falles in der Küche aussehen... (Oktober 1989, Theaterstraße). Foto: H. Regel.

hat als Grundsatzurteil festgestellt, daß es prak­ tisch jederzeit zum Aus­ bruch eines Brandes kommen kann und aus­ bleibende Brände in der Vergangenheit nur einen glücklichen Umstand be­ deuten, der jederzeit be­ endet sein kann. Umstän­ de wie externe Brandstif­ tung kann man sicherlich kaum beeinflussen, aber man kann im eigenen Umfeld schon einige Din­ ge beachten, welche die Entstehung eines Brandes verhindern. So ist der sorgfältige Umgang mit offenem Feuer oder Ta­ bakerzeugnissen (Kip­ pen) oder bei Heißarbei­

schen Anlage (z.B. „ECheck“) sicherlich ein Aufwand, der - wurde er allseits hinreichend ange­ wendet - die beiden häu­ figsten Brandursachen eliminieren würde. Und so kommt es, daß immer wieder auch Bau­ denkmäler und Kunst­ werke durch Brandein­ wirkung beschädigt oder zerstört werden. Um so tragischer ist es für die Allgemeinheit, wenn es sich bei den Objekten um ideell unersetzbare Uni­ kate handelt - und für den einzelnen Geschädigten, wenn er sein Lebens­ werk, das Ergebnis mühe­ vollem Engagements, in

Flammen aufgehen sieht. Baudenkmäler sind für sich auch Objekte, die mit einem öffentlichen In­ teresse verbunden sind, auch wenn hier nicht un­ mittelbar Personenbezo ­ gene Schutzziele berührt sind. Denkmalschutz bedeutet nicht, einen Anspruch auf öffentliche Zuwendungen zu klassifizieren, sondern eine erhöhte Eigenver­ antwortung des Eigentü­ mers im Interesse der Allgemeinheit. Zunächst einmal muß die Frage geklärt sein, wel­ ches Zeitzeugnis der Ver­ gangenheit man über­ haupt für die Nachwelt erhalten will. Ist es der lehmbackene Kuhstall ei­ ner frühen Epoche oder ein Eindruck, der Jahr­ hunderte spater einen bedeutenden Zeitgenos­ sen inspiriert hat. Viel­ leicht ist es sogar eine Facetten-reiche Entwick­ lung eines Objektes im Laufe der Zeit mit zahl­ reichen Veränderungen. Hilfreich ist hier allemal, wenn sich der Eigentü­ mer mit der Historie des ihm als Erbe anvertrauten Objektes befaßt und sich mit dessen Belangen identifiziert. Es reicht nicht aus, wenn Sanieren als Investoren eine Bau­ substanz billig kaufen, diese billig und sogar un­ ter Mißachtung der Er­ fordernisse ausbauen, um diese dann im alleinigen Interesse der Profitmaxi­ mierung wieder verkau­ fen zu wollen. Allzu leicht kann dann ein Schaden entstehen, der den Rechtsnachfolgern uberlassen wird, nur mit un­ verhältnismäßigem Auf­ wand heilbar ist oder sich sogar als endgültig er­ weist.

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