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Altstadtverein Fürth_______ atemberaubend schnell und vir­ tuos, ohne mechanisch zu wir­ ken, immer von einer dionysi­ schen Trance beseelt. Da fällt dem Gitarristen natürlich sofort Django Reinhardt ein. Und es ist leicht verständlich, warum Jimi Hendrix - der Meister des ex­ pressiven Gitarrenspiels und wohl nach wie vor der genialste Gitarrist aller Zeiten - seine Band eben .Band of Gypsis“ („Zigeu­ nerband") nannte. Als ganz be­ sonderes Beispiel für .Zigeuner­ musik“ möchte ich die rumänische - genauer: moldawische - Roma-Band Fanfare Ciocärlia nennen, die in einem deutschen Label ihre wirklich unglaubliche Musik präsentiert. Anders die langsamen Tempi, sie sind erfüllt von tiefster Traurig­ keit. bittersüßer Melancholie und zärtlicher, herzzerreißender Sehnsucht. Hier kann zum Bei­ spiel der Cantaor (Flamenco Sänger) Camarön de la Isla ge­ nannt werden, den man einmal gehört haben sollte. Aber Ach­ tung: ,1m Jargon des Flamenco ist eine Stimme nicht .schön’, sondern sie ,tut weh', sie soll nicht gefallen, sondern die See­ le verwunden wie ein aus Lei­ denschaft gezückter Dolch" (Bernard Leblon in seinem Buch „Gitanos und Flamenco“).

ter fortgeschritten wie in ande­ ren Teilen Spaniens. Das Wort Flamenco, das ur­ sprünglich nur ein Synonym für Gitano war, dient einerseits zur Bezeichnung einer Musik, an der sowohl Gitanos wie auch Anda­ lusier ihren Anteil haben, ande­ rerseits chrakterisiert dieses Wort eine bestimmte Lebenskunst, eine Grundeinstellung in allen Lebenslagen, eine Reihe

voll heute andalusischer GitanoFamilien durch eine kuriosen Zufall den Namen Flamencos: Einige konnten bei ihrer Einwan­ derung Papiere vorzeigen, die sie als verdiente Soldaten der fland­ rischen Armee auswiesen, wo­ von dann der Name abgeleitet und auf eine ganze Kulturgattung übertragen wurde. Sinti und Roma gibt es überall auf der Welt, Flamenco nur in

Die Gitanos in Spanien Wie in anderen Ländern treten auch in Spanien die Gitanos ab dem 16. Jahrhundert als Berufs musiker in Erscheinung. Die Gitanos waren in Spanien einer Vielzahl von Repressalien und Verfolgungen ausgesetzt, ähnlich wie Moslems, Juden und Prote­ stanten (auch konvertierte). Ge­ setze zur Zwangsassimilierung Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts sowie 1749 sogar die Verhaftung sämtlicher Gitanos folgen. Andalusien - und dort die Provinzen Cadiz und Granada • nahm(en) jedoch eine gewisse Sonderstellung ein. Oie Gitanos waren von Ägypten dort zuerst angenommen und blieben in der Mehrzahl auch. Die Inte­ gration war und ist hier viel wei­

Brisa Gitana. Foto:A. Mayer

von Reaktionen und Verhaltens­ weisen, z.B. Großzügigkeit bis zu Verschwendung, äußerste Sen­ sibilität, eine grenzenlose Liebe zum Extremen, Verachtung der alltäglichen Banalität und der materiellen Werte. Zur Herkunft es Wortes gibt es verschiedene Theorien, es wird beispielsweise von „flama“ (span.: Flamme) oder „felagenkum“ (arab.: Gesang der Mauren ausApujarra“) hergelei­ tet. Vermutlich erhielt eine Hand­

Andalusien. Die Wurzeln der Fla­ menco-Kunst sind in einer ge­ lungenen Kultursynthese zu su­ chen.

Der Flamenco Wenn man den wenigen schriftli­ chen Zeugnissen und mündlich überlieferten Informationen Glauben schenken darf, trat der Flamenco nicht lange vor dem 19. Jahrhundert in Erscheinung.

Umstritten ist. ob und inwiefern jüdische und byzantische Musik­ elemente eingegangen sind. So gibt es Vermutungen, daß die wichtigste Form des Flamenco, der „cante jondo" (etwa: tiefer innerer Gesang) ihren Namen nicht von der andalusischen Aus­ sprache von hondo (span, für lat.: fundus, profundus tief) sondern aus „jom-tow“ (hebräisch: Fest­ tag) ableiten könnte; vielleicht trifft ja beides zu. Mit der arabischen Musik gibt es in jedem Fall Verbindungen, da es im einst moslemischen An­ dalusien (AI Andalus) mit Sicher­ heit zu einer wechselseitigen Be­ einflussung der Musikkulturen gekommen ist. Zudem ging die Reise der Gitanos vor ihrer An­ kunft in Andalusien durch eine Vielzahl arabischer Länder. Aller­ dings: Der Flamenco trat bei den Gitanos im westlichen Andalu­ sien erst zwei Jahrhunderte nach Verschwinden (?) der arabischen Musik in Spanien auf. Musik­ wissenschaftlich lassen sich in jedem Fall Übereinstimmungen mit musikalischen Elementen finden, deren Urspünge in Indi­ en und im Iran lagen. Wahr­ scheinlich ist, daß die Gitanos Spuren der orientalischen Ver­ gangenheit und der jüdischen Kultur bewahrt, bearbeitet und weiterentwickelt haben; die Gitanos waren ja die einzigen der genannten Minderheiten, die trotz aller Repressionen bleiben durften. Andalusien stand jahrhundertelang zerrissen zwi­ schen (mindestens) zwei Kultu­ ren, die Gitanos nahmen das kulturelle Erbe auf und entwikkelten es weiter.

Stilelemente Der heutige Flamenco besteht aus folgenden Elementen: Ge­ sang (cante), Tanz (baile), Gitarrenspiel (toque) sowie rhytmische Akzentuierung und Zurufe (jaleo). Die Reihenfolge gibt auch die Bedeutung wieder. Die rhytmische Akzentuierung ist ein weiteres besonderes Merk­ mal des Flamenco: Es wird oft ein 12er-Takt (Compäs) gespielt 25