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Altstadtverein Fürth_______ Themenstationen den Bogen vom Mittelalter bis in die Gegen­ wart jüdischen Lebens, von jü­ discher Religiosität bis hin zum Alltagsleben mit seinen Lichtund Schattenseiten. Als Leit­ objekte jeder dieser Stationen dienen Bücher als Verweis auf die zentrale Bedeutung der Schriftlichkeit im Judentum und als Reverenz an den bedeuten­ den hebräischen Druckort Fürth. Die Bandbreite reicht von einem mittelalterlichen Handschriften­ fragment über Fürther Drucke des 17., 18. und frühen 19. Jahr­ hunderts und Jakob Wasser­ manns „Mein Weg ats Deutscher und Jude“ bis hin zu einem 1946 in Bayern gedruckten Talmud. Diesen Leitobjekten werden je­ weils weitere Exponate zugeord­ net, die den Inhalt und die Bot­ schaft des Leitobjekts illustrieren. An vielen Stellen thematisiert das Museum die Schoa, die Ermor­ dung von sechs Millionen Juden durch Deutsche in diesem Jahr­ hundert. Es versteht sich aber nicht als Holocaust-Museum. Die Schoa hat einen deutlichen Bruch verursacht, dennoch gibt es in Deutschland seit 1945 wie­ der jüdisches Leben und damit auch jüdische Geschichte, der mehrere Themenstationen ge­ widmet sind. So kann sich der Besucher über die in den ersten Nachkriegsjahren in Bayern le­ benden jüdischen „displaced persons", über der Wiederaufbau der Israelitischen Kultusgemein­ de in Fürth, über Emigranten und ihre Beziehung zur verlorenen Heimat informieren. Eine letzte Station wagt schließlich einen Blick in die Zukunft: Jüdische Einwanderer aus den GUS-Staaten erzählen in Interviews über ihre Erfahrungen und über ihre Erwartungen an ein Leben in Deutschland.

Der ausstellungsgestaltende Ar­ chitekt (Martin Kohlbauer, Wien) hat auf diese konzeptionellen Vorgaben mit der Entwicklung eines mobilen Ausstellungs­ systems reagiert, dessen mar­ kanteste Elemente transluzide, raum hohe Glasstelen bilden. Sie nehmen nicht nur die Leitobjekte

Die Themenstation .Synagoge" mit Objekten aus der Sammlung Gundeifinger. Foto: Reinhard Thielsch

der einzelnen Themenstationen auf. sondern dienen auch als Textträger und „Beleuchtungs­ türme“ für die weiteren Objekte der einzelnen Abteilungen, die sich auf beweglichen Wand­ elementen befinden. Zusammen visualisieren sie das inhaltliche Gerüst der Ausstellung, das mit der unvermindert ablesbaren bauli­ chen Struktur des historischen Gebäudes überlagert wird. Ver­ deutlicht wird dieses Spannungs­ feld durch die Material- und Licht­ konzeption der neu definierten Räume. Das Gestaftungskonzept setzt auf den Kontrast zwischen alt und neu. Den Ausstellungs­ elementen dient ein neu einge­ brachter, grauer Kautschukbelag als Träger, von dem aus sich die neuen Elemente entwickeln und die historischen Oberflächen des Baudenkmals unberührt lassen.

Ausstellungen und Andockungen An jede der Themenstationen können kleine Sonderaus­ stellungen als Vertiefungsebene „angedockt“ werden. Als „Andockung" verstehen wir klei­ nere Ausstellungen, die in Bezug zu einer der siebzehn Stationen stehen, deren Themen sie ergän­ zen, vertiefen oder in andere Interpretationszusammenhänge stellen. Jährlich sind fünf bis sechs solcher Ausstellungen zu sehen, deren Laufzeiten sich teil­ weise überschneiden. Diese Form des ständigen Sich-Veränderns bietet eine Reihe von Vor­ teilen: Für das Museumsteam bedeutet diese Form des Ausstellungmachens eine stän­ dige Auseinandersetzung mit der Dauerausstellung, die damit nicht zu Gunsten spektakulärer Sonderausstellungen vernachläßigt wird. Themen, die eine

große Ausstellung inhaltlich nicht tragen würden, können den Be­ suchern vermittelt werden. Da das Jüdische Museum Franken als Neugründung nur auf einen relativ kleinen Sammlungs­ bestand zurückgreifen kann, bie­ ten Andockungen Gelegenheit, für gewisse Zeit Leihgaben an das Museum zu binden. Den Besuchern wird damit die Mög­ lichkeit geboten, auch bei wie­ derholten Besuchen sich mit der Dauerausstellung auseinander­ zusetzten und dabei immer wie­ der auf neue Aspekte zu stoßen. Gerade dieser Versuch einer dauerhaften Bindung potentiel­ ler Museumsbesucher an das Haus könnte sich als eine Inve­ stition in die Zukunft erweisen. Für die erste Jahreshälfte 2000 sind vier solcher Andockungen geplant. Den Auftakt macht eine Präsentation zum „Jüdischen Kulturbund Nürnberg-Fürth“, der jüdischen Künstlern seit 1933 7