Altstadtverein Fürth _______
Eine typische Interpretation des Ersten Weltkrieges nach 1918: Der deutsche Soldat kämpft wie ein griechischer Sagen held ■ Inbegriff der Tugend ■ gegen ein mehrköpfiges Ungeheuer, das die Vielzahl heimtückischer Feinde versinnbildli chen soll. Es scheinen zwar verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen, aber die Fasses (Flutenbündel) links und recht Sinnbild für Recht und Einigkeit ■ deuten schon an. daß der Feind nach dieser Interpretation auch innen stand. Das Relief ist im ersten Stock des Hardenberg-Gymnasiums (Kaiserstraße 92) zu finden. Foto: A Mayer.
Der Erste Weltkrieg war unum stritten die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts (George F. Kennan) und ein tiefgreifendes Ereignis für die Mentalität der Deutschen. Das Buch von Gold hagen umfaßt insgesamt 729 Seiten, davon wird dem Ersten Weltkrieg eine halbe Seite ge widmet. Dies ist inakzeptabel und könnte bei allen sonstigen Verdiensten von Goldhagen den Schluß nahelegen, er habe sich mit seinem Forschungsobjekt dem „gewöhnlichen Deut schen“ - nur sehr ungenügend auseinandergesetzt. Goldhagen gibt vor, den „gewöhnlichen Deutschen", seine Mentalität und seine Motive verstehen zu wollen, blendet aber diesen ganz zentralen Punkt in seiner Betrachtung praktisch aus. Mich überrascht nur, daß die vielen akademischen Kritiker Goldhagens meines Wissens nie hierauf hingewiesen haben. Ähnliches gilt für die NS-”Euthanasie“, der Generalprobe zum Holocaust: Auch die syste matische Ermordung geistig Behinderter vor der Ermordung Bürger jüdischer Herkunft paßt
über das Germanentum“, Bern 1873) bereiteten die Entwick lung vor und begleiteten sie. Bei den Reichstagswahlen er reichten die „Antisemiten" (in der damaligen Wahlstatistik tatsächlich so benannt) von 1887 bis 1912 eine Steigerung von 11.663 auf 356.700 Stim men (3,0%, 13 Mandate). Al lerdings gab es auch in Frank reich 1898 eine kleine antise mitische Partei, im Wiener Ge meinderat erlangten und be hielten die Antisemiten trotz mehrmaliger Auflösung des Gemeinderats 1895 die Mehr heit und besetzten daraufhin die Posten des Bürgermeisters und Vizebürgermeisters mit ih ren Parteigenossen. Besondere Ausprägung fand der Antisemi tismus in Rußland, hier - so ein zeitgenössisches Urteil - „trat zu den socialen Ursachen... noch ein religiöser Fanatis mus”. Nach den Pogromen 1881 in Südrußland und Polen
nicht in die These, diese Taten würde in erster Linie einem tiefsitzenden, zeitlich kaum gebro chenen eliminatorischen (ver nichtenden) Antisemitismus entspringen.
Politischer Anti semitismus im Kaiserreich Es gab zwar schon vor dem Er sten Weltkrieg in Deutschland antisemitische Parteien - die von Zeitgenossen auch so be zeichnet wurden - aber ihre Er folge waren doch sehr beschei den, wenngleich das reine Mehrheitswahlrecht kein zuver lässiger Gradmesser ist. Die „moderne“ - also nicht mehr re ligiös argumentierende - antise mitische Bewegung gewann in Deutschland Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts ihre Konturen, „befördert durch die Eindrücke der Gründerzeit und durch den konservativen Um schwung der Politik seit 18 79.". Eine Reihe von Veröffentlichun gen seit 1873 (Erstling: Wilhelm Narr: „Der Sieg des Judentums
Der Themenbereich .Vergebliches' mit einer Installation für Jakob Wasser manns .Mein Weg als Deutscher und Jude': Foto: A. Mayer
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