Altstadcverein Fürth _______
ter mehr oder minder deutli chen Morddrohungen alsbald nahegelegt, Kirgisien für im mer zu verlassen. Zurückge kehrt nach St. Petersburg, hielt es ihn trotz der politischen Ver änderungen, die mittlerweile den gesamten ehemaligen Ostblock erfaßt hatten, nicht mehr länger als unbedingt nö tig im Lande. Im ..exotischen" Mittelfranken ist David Krug man nun dabei, sich eine neue Existenz aufzubauen. Krugmans Bilderwelt gleicht ei nem skurrilen Figurentheater, in dem er selbst Puppenspieler, Regisseur, Bühnen- und Mas kenbildner zugleich ist. Ur sprünglich von Läger und Malewitsch beeinflußt, erstreckt sich sein Repertoire heute von der „Russischen Avantgarde“ mit einer reizvollen Melange aus kubistischen und grotesk komischen karikaturistischen, beinahe comicartigen Stilele menten bis hin zur Gegen standslosigkeit. Die Bildkompositionen lassen zuweilen die Wurzeln des Ma lers, der sich früher vorrangig mit Materialien wie Glas, Kera mik, Gips, Stein und Beton be schäftigte, im Design und in der angewandten Kunst erah nen. Seine spürbare Lust am dekorativen aperspektivischen Spiel mit kräftigem Kolorit und phantasievollen Formen und Ornamenten erzeugt eine fast magische Aura der Fröhlichkeit und guten Laune, die anstekkend wirkt. Krugmans Bilder sind regelrechte Medizin für chronische Grantler. Daß der Künstler viel Humor hat, beweisen nicht nur seine fränkischen „Bratwurstgourmets" (oder sind es eher Gour mands?), die er liebevoll-iro nisch aufs Korn nimmt, oder der witzige ."Denker", der al lerdings, anders als bei Rodin, auf dem Klosett sitzend mit an gestrengter Miene die ersehn te Erleuchtung erwartet. Nein, Krugman gewinnt auch weni ger amüsanten Themen noch eine humoristische Seite ab, etwa wenn er zwei „Kreuzfide le Alkoholiker“ genüßlich auf
das gemeinsame Hobby" anstoßen läßt. Die rucksackbepackte „Russi sche Oma“, die ihren Lebens unterhalt mit dem Sammeln von Pfandflaschen verdienen muß, oder das Gerangel um die letzte Zigarette in der „Psychia trischen Anstalt“ sind weitere Beispiele dafür, wie Krugman auch gesellschaftliche Miß stände oder leidvolle persönli che Erfahrungen in der Art ei nes Bildchronisten aufgreift,
beiten deutlich erkennen. Nach einem von offener und latenter Repression geprägten Leben hinter dem Eisernen Vorhang ist das Spätwerk des 65-Jährigen in seiner Vitalität und Plastizität ein beredtes Zeugnis für einen geradezu überschäumenden Optimismus, der seiner schöp ferischen Phantasie noch ein mal Flügel verliehen hat. Ganz bewußt nutzt und genießt er jetzt die Möglichkeiten der un beschränkten Kommunikation
oberste Maxime es ist, ihr Publi kum - meist zur Freude der ein schlägigen Expertokratie - mög lichst nachhaltig zu schocken oder zu provozieren, damit man noch lange von ihnen spricht. Es bereitet ihm auch kein klammheimlich-sadistisches Vergnügen, den Betrachter etwa mit jenen von vielen Be rufskollegen heute propagierten expressi v-kakophonischen „Spontaneitäten" zu konfrontie ren, die sehr oft nichts als Stirn
David Krugman will mH seinen Bildern .die Seele des Menschen lächeln lassen". Foto A. Mayer.
ohne jemals bierernst oder gar zynisch - quasi mit dem Pinsel bewaffnet - in den Wunden ei ner kranken Well herumzusto chern. Der erhobene moralin saure Zeigefinger (respektive Malerpinsel) ist seine Sache nicht. „Würden sich die Menschen beim Betrachten meiner Bilder kompromittiert fühlen, selbst wenn ich ihnen tatsächlich ei nen Spiegel vorhielte, ich hätte meinen Beruf verfehlt. Ich liebe meine Artgenossen, trotz all ih rer Fehler und Schwächen“, be tont Krugman. Man nimmt es ihm ab. Besonders seine neueren, nach der Übersiedlung entstandenen Bilder lassen die wiedergewon nene Freude am Leben und Ar
mit der Außenwelt, die ihm so lange verwehrt war, die jedoch gleichsam den Humus bildet, ohne den assoziatives Malen, wie Krugman es praktiziert, kaum blühen und gedeihen kann. Mehr und mehr tritt dabei an die Stelle des eher streng akkuraten Duktus früherer Jah re ein immer freier und mutiger werdender Umgang mit Kontur und Palette. Eine zunehmende Hinwendung zur Abstraktion ist unverkennbar, wobei dieser Be freiungsprozeß keineswegs zu Lasten des nach wie vor ebenso souveränen wie ästhetisch an sprechenden Form- und Far bempfindens des Künstlers geht David Krugman gehört mithin nicht zu den Malern, deren
runzeln, Verwirrung und Ratlo sigkeit hinterlassen. Nein, Krug man sieht seine nur auf den er sten Blick wenig prätentiöse Aufgabe als Maler primär darin, die „Seele der Menschen lä cheln zu machen“. Ein wahrlich hohes Ziel. Doch der „SeelenDoktor" mit Pinsel und Farbe wird seinem eigenen Anspruch mühelos gerecht. Papa Freud indes scheint sich auf seine al ten Tage mit der unverhofften Konkurrenz - nolens volens abfinden zu müssen. Die Couch ist tot. Lang lebe die heiter-kun terbunte Seelentherapie des David Krugman Alexander Schenkel
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