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Altstadtverein Fürth _______

Erich Scherzer und die Kirchenbücher von St. Michael Ende 1694 trug Pfarrer Karl Friedrich Lochner, „nunmehr fast 35jährig Pfarrer in Fürth" folgendes am Ende des Sterberegisters ein:

Just 100 Jahre sind vergangen, als dieser Knopf ward abgenom­ men, Komm Jesu stille das Verlangen, verkürz die Plag und Tag der Frommen. ’ Erich Scherzer stieß auf diese Notiz bei seinen Recherchen im Pfarramt St. Michael. Der 69jährige Rentner bearbeitete bis vor kurzem Anfragen an das Pfarramt St Michael, die sich auf die Geburts-, Trau- und Sterberegister bezogen. Erich Scherzer, aufgewachsen in der Theaterstraße, war bis zu sei­ nem Ruhestand 1996 kaufmän­ nischer Angestellter und Buch­ halter. Da er gerne in Büchern forscht, übernahm er von Februar 1997 bis zum 11. Oktober 2001 die Recherchen, die sich aufgrund Anfragen privater Ahnenfor­ scher und auch Nachfor­ schungsbüros ergaben. Letzere suchten oft wegen Erbfragen Familienzusammenhänge. Die Anfragen kamen vor allem aus Fürth, aber auch aus den neuen Bundesländern und aus den Vereinigten Staaten. Ab 11. Ok­ tober sind die entsprechenden Unterlagen nach Regensburg gekommen, da aufgrund der Verlagerung des Dekanats in das Pfarramt St. Michael dort kein Platz mehr ist, aber auch aus konservatorischen Grün­ den: Erich Scherzer mußte selbst feststellen, daß die wert­ vollen Originale alleine in den vier Jahren seiner Arbeit litten, da manche Ahnenforscher nicht die notwendige Sorgfalt mit dem alten Papier obwalten lie­ ßen. Ab und zu finden sich in den Einträgen Kommentare der Pfarrer oder auch chronistische Einträge, wie der eingangs ge­

nannte. Des Rätsels Lösung: Es geht um die Renovierung der Abschlußkugel am Kirchturm, die am 26. September 1694 abgenommen und am 3. Okto­ ber 1694 nach der Reparatur durch einen .Rothschmied“ wieder aufgesetzt wurde.

Weniger schön findet es Erich Scherzer, daß uneheliche Kinder bis ins 19. Jahrhundert im Tauf­ buch als „Hurenkinder“ gelten, und bis etwa 1950 bei uneheli­ chen Kindern kein Familienna­ me eingeschrieben wurde. Um 1630 findet sich in den Ge­

schwer lesbar) die Tochter ei­ nes Fürther Weinwirts namens Hofmann, es wird sogar ver­ merkt, daß sich der Oberst des Hauptmanns unter den Gästen befand. Die Preußen waren wohl im Zusammenhang des Österreichischen Erbfolgekrie­

Erich Scherzer bei seinen Recherchen. Foto: 4. Mayer

Trauregister und Taufbuch führten die Pfarrer in Fürth ab 1579, das Sterberegister ab 1600, regelmäßige Einträge gab es bei letzterem aber erst seit 1612. Auffällig sei - so Erich Scherzer -, daß das erste Taufbuch von 1579 bis 1665 kaum dicker sei als eines aus dem 19. Jahrhundert, welches nur 2 bis 3 Jahre umfasse. Das zeige den immensen Sprung in der Einwohnerzahl. Etwa zwischen 1830 und 1880 falle in den Sterbebü­ chern zudem auf, daß viele Verstorbene nicht in Fürth ge­ boren waren und das Geburts­ jahr bei den Zugezogenen meist nicht verbürgt ist. Das Zeitalter der industriellen Re­ volution und der Landflucht schlug sich hier in den Kir­ chenbüchern nieder.

burtsbüchern mitunter der Ein­ trag, daß wieder einmal keine Taufe möglich war, weil die Kir­ che voll „geflöheten Guts“ war, die Fürther Bürger brachten ihr Hab und Gut in die Kirche, da sie es dort in Sicherheit glaub­ ten. Zum Ende des 30jährigen Krieges wurden Fürther Kinder mitunter in Nürnberg getauft, weil es in Fürth laut Eintrag im Taufbuch nicht möglich war. Über die Gründe läßt sich nur spekulieren, entweder war die Kirche wieder volle Habseligkei­ ten, vielleicht war die Kirche be­ schädigt oder Fürth war einfach so zerstört, daß man an sol­ chem Ort keine Taufe abhalten wollte. Im März 1744 heiratete in Fürth ein preußischer Hauptmann Theodor Gustav von Danikbar oder Dankebar (die Schrift ist

ges bzw. des Zweiten Schlesi­ schen Krieges in Fürth, Fried­ rich der Große hielt sich ja sel­ ten von einer kriegerischen Auseinandersetzung fern, mit Vorliebe löste er sie selbst aus. So wird man dann „der Große“. In den gängigen Chroniken ist aber ein Aufenthalt preußischer Truppen 1744 in Fürth nicht vermerkt, so daß solche Zufalls­ funde in Kirchenbüchern durch­ aus weiterreichende Fragestel­ lungen eröffnen. Nun, wir können nur hoffen, daß die wertvollen Bücher in Re­ gensburg alsbald verfilmt sind, damit Erich Scherzer weiter for­ schen kann und wir von weite­ ren Funden in den alten Bü­ chern berichten können.

Alexander Mayer 33