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Altstadtverein _______ Fürth

Die Ziehung der Heiratskasse im Oktober 1914. gebannt warten die Loskäufer auf die Ausrufung der Gewinner. Foto: Stadtarchiv Fürth.

liehen Glocken wurde eine Stunde lang geläutet. In dich­ ten Scharen eilten Männer, Frauen und Kinder zum Michaeliskirchenplatz, der bald dicht gefüllt war. Es dunkelte schon, als Stadtpfarrer Fron­ müller seine Wohnung verließ und die Kirchentreppen empor­ stieg, um die übliche Anspra­ che zu halten: .Belgrad, die serbische Festung, ist gefallen! Hurra!1 begann der beliebte Redner seine Rede, in das Hur­ ra stimmte die Menge begei­ stert ein..." Stadtchronist Paul Rieß vermerkte zudem aus­ drücklich: „Zu der Feier hatten sich auch viele Israeliten ein­ gefunden."

Sogar Mundartgedichte wurden zu diesem Sieg österreichischer und deutscher Truppen des Ge­ nerals Mackensen verfaßt und in der Zeitung veröffentlicht: 12

„Öitz klebn s’ die Teigramm' scho o' Und immer lauter hört mer schalln: Mackensen hoch! Belgrad is gfalln! Döi Freud! Mei Lebtog denk i dro!“

Bessere Zukunft Die Ziehung der Heiratskasse wurde im Ersten Weltkrieg beibehalten, erst im folgenden Krieg ging die seit 1798 durch­ geführte Lotterie ein. Die Stadt­ chronik vermerkt zum 13. Okto­ ber 1915: „Die Ziehung der Heiratskasse fand nachmittags auf dem blauweiß drapierten Balkon des Rathauses in der üblichen Weise statt. Es ist dies die einzige Veranstaltung, wel­ che daran erinnert, daß heute die Kirchweih zu Ende ginge, wenn wir in Frieden lebten".

Vom stark zurückgegangenen Erlös wurden „drei Waisenkna­ ben gekleidet und drei arme Brautleute erhielten je 100 Mark“. Erst nach dem Kriege lebte die ganze Kirchweih wieder auf und

es entstand wohl in den 1920er Jahren ein Gedicht, das die Kirchweih schildert, wie sie von der Verlängerung in jünge­ ren Tagen abgesehen - sein soll und hoffentlich immer sein wird:

„Ganz nah ba Nürnberg, dou liegt Färth,

Viel Gschäftsleit houts und ah viel Wärt.

Und jedes Jahr, in Oktober nei,

Is in der Stodt a Mordstrumm Gschrei. In Strassn, wou sunst a Verkehr,

Dou fährt elf Tog ka Auto mehr, Denn af zwa Seitn senn dou Stand, Wos willst, dös hoßt glei bei der Hand.

Der Münchner houts Oktoberfest Färth nit vo seiner Kerwa läßt!"

Alexander Mayer