Seite:Altstadtblaeddla 039 2004-2005.pdf/29

Aus FürthWiki

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

Altstadtverein Fürth _______

Archäologie im Experiment Zum Bereich der Experimentel­ len Archäologie gehören all jene Versuche, die sich mit der Erfor­ schung zur Klärung der Funkti­ onsweise archäologischer Handwerkszeuge oder allge­ mein mit Produktionsvorgängen an archäologischen Fundobjek­ ten beschäftigen, deren Kennt­ nisse heute weitestgehend ver­ loren sind. Vielfach ist es so. dass man mit Hilfe ethnologischer oder volks­ kundlicher Studien die Produkti­ onsvorgänge zwar grob be­ schreiben kann, die sich im Kopf des Meisters abspielenden Überlegungen zur richtigen Handhabung aber nur noch im Experiment durch Aus­ schlussverfahren nachzuvollzie­ hen sind. In der Wissenschaft sind solche Experimente auch deshalb von Bedeutung, weil bei wichtigen archäologischen Funden Repli­ ken hergestellt werden müssen und um den Originalen so au­ thentisch wie möglich zu ent­ sprechen, sollte man die alter­ tümlichen Herstellungsmetho­ den beherrschen oder wenig­ stens kennen. Als mit Thomas Liebert M.A. am 1. Dezember 2003 der Ausgrä­ ber der Rosstaler Burganlagen in unseren Arbeitskeller kam und uns von einem Projekt er­ zählte. das anlässlich der 1050 Jahr-Feier Rosstals am 10./ 11 .Juli 2004 als Tag der Expe­ rimentellen Archäologie geplant war, weil er auf unsere Mithilfe hoffte, war unsere Zusage spontan und von Ideen beglei­ tet. Der Anreiz war also da und wir entschlossen uns. mit zwei Pro­ jekten daran teilzunehmen. Zum einen sollte durch den Bau eines Kuppelofens als Backofen die Effizienz und Haltbarkeit sol­ cher Öfen herausgefunden wer­ den mit dem angenehmen Ef­ fekt, die frisch gebackenen Brotfladen verkaufen zu kön­ nen, zum anderen wollten wir herausfinden, ob unsere selbst­

gebaute Drehbank, die als Re­ quisit unserer Knochenschnit­ zer-Ausstellung 2001 (siehe Altstadtbläddla 35 und 36) aus einer Abbildungsvorlage des 15. Jahrhunderts nachgebaut worden war, als Werkzeug tauglich ist. Ab Mitte Mai fuhr daher montags ein Team nach Rosstal, um sich mit dem Auf­ bau des Ofens zu beschäftigen. Ergänzend zur öffentlichen Schau haben wir später privat

Abb

Stoffe, was in der heutigen Zeit des schnellen Einkaufs im Su­ permarkt nicht mehr unbedingt zum alltäglichen Zeitaufwand zu rechnen ist. und ca. eine halbe Tonne Lehm liegt auch nicht im Baumarkt bereit. Geeignete Weidenruten mussten von ent­ sprechenden Schneitelbäumen geerntet und bis zur Fertigstel­ lung des Ofen so gelagert wer­ den, dass sie nicht austrocknen konnten, weil sie für die Flecht­

Strohhäcksel vermengt und durchgeknefet, so dass sie eine Woche Wasser ziehen konnte und somit bei unseren montäg­ lichen Arbeitschritten immer genügend aufbereiteter Ton zur Verfügung stand. Die Weidenruten wurden in Bö­ gen zusammengebunden und auf die Grundfläche des Ofens ein dicker Lehmestrich aufge­ tragen. Für den Wandaufbau wurden dünnere Ruten zwi-

fr Fertiger Backofen beim Anfeuem in Rosstal. Foto AG Archäologie

noch einen Brennversuch von Keramik durchgeführt.

Der Kuppelofen Lehmöfen zum Brotbacken sind im archäologischen Befund seit der Sesshaftwerdung des Men­ schen in der Jungsteinzeit Mit­ teleuropas, seit der so genann­ ten linearbandkeramischen Zeit, bekannt und haben schon mehrfach Anreiz zur Rekon­ struktion und zum archäologi­ schen Experiment geliefert. Für unseren Ofenbau waren ei­ nige planerischen Maßnahmen erforderlich, die durch ein Stu­ dium der fachkundlichen Litera­ tur in Erfahrung gebracht wer­ den konnten. Dazu gehörte vor allem die Beschaffung der Roh­

werkkonstruktion der Ofenwan­ dung flexibel bleiben sollten. Glücklicherweise haben uns un­ sere Rosstaler Kollegen die or­ ganisatorischen Aufgaben ab­ genommen, so dass wir uns ganz auf die Rekonstruktion des Ofens konzentrieren konnten. Der Untergrund für den Ofen­ standort wurde durch Stampfen verdichtet und am Rand einer runden bis ovalen Grundfläche von ca. einen Meter Durchmes­ ser die stärksten Weidenruten in den Boden eingelassen und mit einem Steinkranz gesichert. Gleichzeitig wurde die Tonmas­ se - Ziegeleiton aus der Nähe von Neustadt/Aisch - in einer ei­ gens dafür hergerichteten Sumpfgrube mit Sand und

sehen die eingelassenen Ge­ rüstruten geflochten und von in­ nen und außen mit Lehm be­ deckt. wobei darauf zu achten war, dass die Masse dicht in das Geflecht hinein gearbeitet wurde. Oben in der Kuppel wur­ de ein Abzugsloch mit ca. zehn Zentimeter Durchmesser gelas­ sen, das mit einem Holzstopfen verschlossen werden konnte. Durch die wöchentlichen Ab­ stände im Weiterbau bestand das Problem, dass die Oberkan­ te der fertigen Wandabschnitte eingetrocknet waren und wir überlappend Weiterarbeiten mussten. Andererseits musste der Ofen wetterbedingt jedes Mal mit einer Plane abgedeckt werden, dass er nur langsam 29