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Altstadtverein Fürth

Abb. 8: Frühmittelalterliche Glasperle, Arbeitsgruppe Archäologie

Abb. 9: Frühmittelalterliche Perlen funde, Arbeitsgruppe Archäologie

Eine detaillierte Auswertung des umfang­ reichen keramischen Fundmaterials, das übrigens deutliche Verbindungen in den mainfränkischen Raum zeigt, wird hier sicher noch nähere Erkenntnisse bringen. Weiter westlich, in der Nähe der Kleinwindsheimer Mühle findet sich eine wei­ tere, jedoch wesentlich kleinere mcrowingische Wüstungsstelle. Auch bei den Orten Oberndorf, Lenkersheim und Illes­ heim liegen Fundplätze dieser Epoche. Das von dort vorliegende, stark zerscherbte keramische Material reicht aber noch nicht aus, um ein genaues Bild der jeweiligen Siedlungsgeschichte rekon­ struieren zu können. Es ist aber auffällig, daß von einigen dieser Stellen auch Gefäßfragmente aus der jüngeren römi­ schen Kaiserzeit vorliegen. Vielleicht

kann hier einmal eine fortdauernde Besiedlung von der Spätantike bis ins frühe Mittelalter nachgewiesen werden. (Abb. 8 und Abb. 9)

Reihengräberzivilisation im frühen Mittelalter

Zu Beginn des 6. Jhd. bildet sich bei den germanischen Stämmen der Merowinger­ zeit die „Reihengräbersitte“ aus. Die in der Regel west-östlich ausgerichteten Körpergräber außerhalb der Siedlungen werden zumeist in Reihen entsprechend der Sterbefolge angelegt. Diese Sitte wird von Franken, Thüringern, Alamannen, Bayern und weiteren germanischen Be­ völkerungsgruppen praktiziert, allerdings jeweils mit stammesspezifi sehen Merk­ malen. Den Toten werden dabei charak­

teristische „Beigaben“ ins Grab gelegt. Tracht- und Schmuckbestandteile finden sich in Form von Gewandnadeln. Ohr­ ringen, Fibeln. Anhänger und Ketten. Waffen, wie das Langschwert Spatha, das Kurzschwert Sax. Wurfspieße, oder Kampfaxte, wie die fränkische „Franziska", sind typische männliche Beigaben. Kcramikbeigaben und Holz­ gefäße sind oft mit Speisen und Ge­ tränken für die „letzte Reise“ versehen. Werkzeuge und Kleingeräte wie Spinn­ wirtel, Messer, Insignien oder weitere handwerkliche Kleingeräte zeugen von der Ausübung eines bestimmten Berufes oder Amtes des/der Bestatteten. Bereits um die Mitte des 5. Jhd. setzten Reihen­ gräberfelder im Taubergebiet, Untennaingebiet. im südlichen Miltelfranken, sowie an der Donau ein. Durch die Erschließ­ ung neuer Siedungskammern kommt es ab der zweiten Hälfte des 7. Jhd. zu einem weiteren Ausgreifen der Reihengräber auf bis dahin unbesiedehen Randgebiete Nordbayerns. Der Raum zwischen Pegnitz und Rcgnitz blieb vermutlich dünn besiedelt oder un­ erschlossen, da entsprechende merowingische Siedlungen und Gräberfelder fehlen. (Abb. 10) In frühmerowingischer Zeit lassen sich zum Beispiel im mittelfränkischen West­ heim, Ldkr. W'cisscnburg-Gunzenhausen, Stammcsvcrbände nieder, deren Herkunft

Der politischen „Frankisierung" scheint eine kulturelle vorausgegangen zu sein, die sich unter anderem auch in der Reihengräbersitte zeigt. Neben Grabbau und spezifischen Bestattungssitten zeigen Schmuck- und Tracht­ elemente, sowie spezifische Gefäßarten einen Bezug zum elbgermanisch-thüringischen Kulturraum, der von fränkische Elementen all­ mählich durchdrungen wird.

Abb. io: Verteilung von Gräberfeldern aus der Merowingerzeit (rot), sowie der nachfolgenden Karolingerzeit (grün) Quelle: 1250 Jahre Bistum Würzburg, 1992, Jürgen, Lenssen und Ludwig Wämser, mit Ergänzungen nach K. Schwarz