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Altstadtverein Fürth

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Das erste Schützenhaus auf einer alten Schießscheibe (Repro AB 22/1986)

Die allgemeine Redensart stimmt wohl, wonach der Mensch ein Gewohnheitstier sei. Wie sehr haben wir uns doch schon daran gewöhnt, dass das stattliche alleinste­ hende Sandsteingebäude am Rednitzufer des Schießangers liebevoll renoviert ist. Schuttplatz

Auf gleiche Weise hatte sich der Spaziergänger noch bis vor etwa drei Jahren daran ge­ wöhnt, dass sich dasselbe Ge­ bäude in einem mehr als deso­ laten Zustand befand: das Ge­ mäuer, dem man sämtliche Spuren seines Alters ansah, nur notdürftig geflickte Fens­ terscheiben ,ein marodes Dach und ringsum ein Ambien­ te, das eine gewisse Ähnlich­ keit mit einem Schuttplatz hat­ te. Acht ramponierte Briefkäs­ ten mit Namensschildern kün­ deten davon, dass trotz allem dort noch Menschen hausten. Gegen himmlisches Nass, wel­ ches ungehindert durch die Lücken des Daches eindrin­ gen konnten, hatte man sich geschützt, indem der Dachbo­

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den mit Matratzen ausgelegt worden war; die saugten das Wasser eine zeitlang auf und gaben in „Trockenzeiten“ die Feuchtigkeit wieder ab - ein ideales Raumklima muss da­ mals geherrscht haben .Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Abbruch der Fast-Ruine hätte erfolgen oder ggf. Sogar behördlich angeordnet wer­ den müssen. Daran hatte man sich, wie gesagt, gewöhnt. Al­ lenfalls „träumte“ man davon, dass da einer kommen würde, so ein „Verrückter“ der nicht nach Kosten und Mühen fra­ gen, und der aus der Bruchbu­ de wieder ein Schmuckstück für die Altstadt machen würde - aber bald! Das Dornröschen wird wachgeküsst

Was man sozusagen nur in den kühnsten Träumen zu hoffen gewagt hatte, das geschah: Im Sommer 1983 kam der „Mär­ chenprinz“, der aus bloßem Zufall auf sein Dornröschen stieß, vielleicht auch deswe­ gen, weil er immer schon Freu­ de an alte Sachen gehabt hatte. Mit bloßem „Wachküssen“ war es allerdings nicht getan, darü­ ber war sich auch der seit zehn Jahren in Deutschland leben­ de amerikanische Staatsbürger

Rick Pomerance bald im kla­ ren. Mit der Unbekümmertheit und der Risikobereitschaft, Ei­ genschaften, die vor allem jen­ seits des Großen Teichs im­ mer noch stark vertreten sind, und nicht zu vergessen mit der Unterstützung seiner Frau Pe­ tra, stürzte er sich in das Aben­ teuer. Bei einem solchen Kom­ plex war dies nicht nur ein fi­ nanzielles Risiko , über Geld wollen wir hier nicht reden. Schließlich ist auch nicht je­ der, der aus dem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten kommt, ein Rockefeller oder Vanderbilt. Ob der Retter auch zugegriffen hätte, wenn er die Komplikationen mit dem Denkmalschutzrecht voraus­ gesehen hätte, wer weiß! Denkmalschutzauflagen

Die „Fürther Nachrichten“ vom 16. November 1984 haben jedenfalls anschaulich über die vielen Stolpersteine berich­ tet: Angeblich sollt aus Grün­ den des Denkmalschutzes un­ bedingt von den jetzt einge­ bauten braun lasierten Fens­ tern Abstand genommen und statt dessen ein grau-wei­ ßer Anstrich gewählt werden. Bei 54 Fenstern wäre das pro Fenster mit 100 DM angesetz­ te Bußgeld ganz schön zu Buch geschlagen und etwa so teuer wie der „Sonderanstrich“ ge­ kommen. Die alte Tür, undicht und kaum mehr renovierungs­ fähig, sollte erhalten werden. Als dann endlich eine neue ge­ nehm war. Fast exakt nach dem Vorbild der alten Tür, sollte sie einen grünen Anstrich bekom­ men. Nebenbei gesagt, auch mir hätte das Grün ausgespro­ chen behagt, aber sollte Denk­ malschutz bei Objekten „II. Klasse“ (es handelt sich ja nicht um Schloß Pommersfelden) so weit in das individuelle Gestal­ tungsrecht de Eigentümers ein­ greifen, das ja schließlich meis­

tens auch die Freude am Ge­ stalten einschließt? Nun, jeden­ falls, es ging dank des Durch­ haltewillens des Bauherrn und der Intervention „höchster Stellen“ der Stadt noch einmal gut ab und auch die ideelle Un­ terstützung der Bürgervereini­ gung dürfte ein wenig zu dem Kompromiss mit beigetragen haben. Sicher hat auch die ty­ pische Kontrahaltung gegen­ über jeglicher Bürokratie und Beschneidung persönlicher Freiheiten, die einem Ameri­ kaner nun einmal mit in die Wiege gelegt ist, etwas mitge­ holfen. Es hat sich jedenfalls ge­ lohnt und wir alle, die wir die Außenseite genießen dürfen, freuen uns über den gelun­ genen Abschluss! Aber auch die Renovierung des Inne­ ren ist gelungen - viel war ja nicht mehr vorhanden und ein großer Teil der Balken musste ausgetauscht werden. Glück­ licherweise konnten die den Hauptbalken tragenden Holz­ säulen gerettet werden. Über­ rascht ist man aber vor allem vom Treppenhaus, das einen großzügigen und für Fürther Verhältnisse durchaus hoch­ herrschaftlichen Eindruck macht. Das hölzerne Geländer ist original erhalten. Es wurde zum Zwecke der Renovierung vollständig abgebaut. An den Wänden konnte das Fachwerk freigelegt werden - vielleicht nicht unbedingt die Origi­ nallösung, optisch und hand­ werklich aber auf jeden Fall sehr beeindruckend. Bemer­ kenswert ist auch der Keller mit seinem Sandsteingewölbe. Den Besitzer stört es jedenfalls nicht, wenn während des Früh­ jahrshochwassers, dort der Pe­ gel steigt und ebenso wieder verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen. Wir sollten das finanzielle Opfer, welches der stolze Haus­