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Das Türmchen vom Roten Ross wie ein Anwesen zunehmend verkommt, weil die Besitzerin weder imstande, noch willens ist, zur Verbesserung des Zu­ standes oder wenigstens zum Stillstand der Zerstörung ih­ ren Teil beizutragen. Zwangsversteigerung geboten

Die Bürgervereinigung allein ist mit der Bewältigung des Problems (finanziell wie orga­ nisatorisch) überfordert. Man wird wohl nicht mehr um den ersten Fall einer Zwangsver­ steigerung in der Fürther Alt­ stadt herumkommen; Zwangs­ verwaltung wäre eine denk­ bare Variante, die aber wohl zu wenig Abhilfe bringt. Wegen der historischen Be­ deutung dieses Gebäudes und seiner städtebaulich domi­ nanten Rolle kann nach Ansicht der Altstadt-Bürgervereinigung die Stadt Fürth - anders als in anderen, äußerlich ähnlichen Fällen - nicht mehr umhin, dieses Haus aufzukaufen und (zumindest zwischenzeitlich) in eigene Regie zu übernehmen. Weiter untätig zuzusehen, wäre ein zusätzliches Verbrechen an der Fürther Altstadt (und da­ von gab's schon einige). Freilich weiß auch die Bür­ gervereinigung um die damit verbundene Problematik. Zum einen hat die Stadt „kein Geld“ (angesichts so mancher, um­ strittener Millionenprojekte ist aber der „Fall Rotes Ross“ ein Klacks); andererseits erkennt man städtische Anwesen schon von weitem an der durch Zu­ mauerung der Tür- und Fens­ teröffnung „gesicherten“ Bau­ substanz. Allerdings muss die­ ser städtische Nonsens nicht auch noch am „Roten Ross“ praktiziert werden. In Details würde die Bürgervereinigung schon durch praktische Mithil­ fe tätig werden können (z.B. Re­ staurierung des Fachwerks).

Stadt muss Missstand abstellen

Laut „Wohnungsaufsichtsge­ setz“ („Gesetz zur Beseitigung von Wohnungsmissständen“ vom Juli 1974 bzw. Juni 1978) innerhalb der Bayerischen Bau­ ordnung haben nämlich die Ge­ meinden „im eigenen Wirkungs­ kreis die Pflichtaufgabe, auf die Beseitigung von Wohnungs­ missständen hinzuwirken“ (Art. 1); sie können außerdem eine „Unbewohnbarkeitserklärung“ (Art. 5) verfügen. Natürlich delegieren die einzelnen Kom­ munen in der Regel diese Ver­ antwortung an den jeweiligen Hausbesitzer; wo aber nichts zu delegieren ist - wie im Fall „Ro­ tes Ross“ - ersteht der Kommu­ ne notwendigerweise die Ver­ pflichtung, eben selbst diesen er­ kannten Missstand abzustellen. Die Bürgervereinigung meint, dass diese Sachlage am Waag­ platz gegeben ist, und dass des­ halb ihre bereits mehrfach und nun erneut vorgebrachte Forde­ rung an die Stadt Fürth (Ver­ waltung und Stadtrat) durchaus rechtens und angemessen ist. Ein Gespräch zwischen Ver­ tretern der Patrizier-Bräu AG und der Bürgervereinigung über Fragen der Restaurierung und Modernisierung brauerei­ eigener Anwesen in der Fürther Altstadt im Dezember befasst sich mit diesem akuten Problem; aber das „Rote Ross“ gehört schließlich (noch?) nicht dieser Brauerei; sie hat lediglich einen langjährigen Bierlieferungsver­ trag (ein anderes Problem also, wie der in Altstadtbläddla Nr. 9 aufgezeigte Fall „Weiße Lilie“ am Marktplatz gelehrt hat!). Ob konkrete Ergebnisse zur Ret­ tung des „Roten Rosses“ aus diesem Gespräch (und etwa fol­ genden) herauskommen, bleibt (wieder einmal...) abzuwarten. Die Bürgervereinigung bemüht sich jedenfalls weiterhin; wenn das nur auch andere täten ... *

Das historische Gasthaus zum Roten Ross am Waagplatz, das Hauptgebäude eines ehe­ maligen großen Fürther Bau­ ernhofes, wurde nach dem Chronisten Fronmüller 1664, nach der Zerstörung im 30­ jährigen Krieg, wiedererrich­ tet Aber erst 1862 wurde dem Roten Ross das heute so markante, von Denkmal­ schützern als störender Gie­ belreiter bezeichnete Uhr­ türmchen der gegenüber ge­ legenen ehemaligen Armenund Waisenschule, heute Postamt, aufgesetzt. Das heutige Türmchen hat allerdings von außen wenig mit dem ursprünglich baro­ cken, achteckigen Turm der Armenschule gemeinsam, wenngleich es in seinem Kern noch identisch ist. Anläßlich der feierlichen Einweihung des »alten« Türm­ chens auf dem Gebäude der jet­ zigen Post er­ schien eine Gedenkmedail­ le von J. Christi­ an Reich, auf der zu lesen ist: »1728 zur Fürther Ar­ menschule der Anfang ward gemacht;

1767, da wurde der neue Bau durch die Gemein vollbracht; 1774 wurde sie durch Stif­ tungen mit Thurm und Uhr gezieret«. Warum man dann das Türmchen auf dem Giebel des Roten Rosses versetzt hat, wird wohl immer ein Geheim­ nis der damaligen Ratsmit­ glieder bleiben. Zudem lehn­ te 1875 der Magistrat einen Antrag der Gemeindebevoll­ mächtigten ab, dass »das Läu­ ten auf dem Thürmchen des Roßwirtshauses zu gewis­ sen Tageszeiten beibehalten werden möge«. Die damalige Begründung des Magistra­ tes klingt heute sehr modern: man habe das früher eben so beschlossen! Die Glocken im heutigen Türmchen sind allerdings auch nicht mehr von 1774. Als während des 2. Weltkrieges alle nach 1800 gegossenen Glocken zum Einschmelzen gebracht wurden, fiel durch ein Versehen auch das alte Glöckchen dem Material­ bedarf zum Opfer. Ein Kuriosum am Ran­ de: Bis heute befindet sich der Uhrturm im Eigentum der Stadt Fürth, die auch für dessen Wartung aufzukommen hat. KGA

Rotes Ross, Südseite (Foto: JS, Bayerisches Landesamt f. Denkmalpflege)

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