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Altstadtverein Fürth

Schauspiel in 5 Akten aus der Sicht des Architekten = Fachmann? Am Beispiel Freibank

1. Ouvertüre Vorgeschichte Die Stadt Fürth äußert die Ab­ sicht, die ehemalige Freibank zu verkaufen. Da auch das Büro der Bür­ gervereinigung mit in dem Ge­ bäude untergebracht ist, muss etwas geschehen. Also schaun wir mal, was der alte Schuppen kostet. Doch jetzt wird's ernst. Schon am Preis ist zu sehen, dass hier eine „wertvolle“ Im­ mobilie zum Verkauf steht. Aber was bleibt der BVgg üb­ rig: entweder zahlen oder aus­ ziehen, Nach langer Diskussion er­ folgte der Entschluss - wir kaufen!

ner „Befunduntersuchung“ beauftragen. Das kostet je­ doch viel Zeit und viel Geld und bring letztlich nur für die punktuell untersuchten Bau­ teile Gewissheit. Jedes Gutachten schränkt die Verantwortung ein. Also frisch ans Werk und nach den bisherigen Erfah­ rungen, über den Daumen mit entsprechenden Sicherheiten kalkulieren - in der Hoffnung, dass alles gut geht. Im speziellen Fall waren alle statisch wichtigen Teile unter Fliesenverkleidung, Holzscha­ lungen und mehr oder weniger morschen Dielenböden ver­ borgen. Ergebnis: Baukosten ca. DM 200000

2. Ouvertüre Stolzer Besitzer? - was nun? Ausbauen ja, aber wie nutzen? Wer finanziert die immensen Kosten? Wer putzt? Vor allem „was kost's“, aber zum Glück haben wir ja einen Fachmann

2. Akt Begeisterung Es geht los: Die Räume werden unter Einsatz aller „mobilen Reserven“ (Vorstand und ver­ einzelte unerschrockene Mit­ glieder), ausgeräumt. Dann rücken die Handwer­ ker an und verwandeln das Anwesen in ein Chaos. Der Schutt nimmt kein Ende. Jetzt kann kein Laie mehr ei­ nen Fortschritt im Bauablauf

1. Akt Grundlagenermittlung Pläne werden erstellt und dem Gremium vorgelegt. Nach langen Erörterungen und vielen Erklärungen kann man sich auf eine Grundrich­ tung einigen, die dann später noch mehrmals leicht zu än­ dern sein wird. Es mangelt wie überall am konkreten Vorstellungsvermö­ gen. Ideen waren jedoch man­ nigfaltig vorhanden. Jetzt kommt die schwierigste Aufgabe des Architekten: Wie beurteilt man die Subs­ tanz eines Gebäudes, das vor ca. 200 - 300 Jahren als Scheu­ ne des „Rössleinshofes“ errich­ tet und seitdem einige Male grundlegend und „planlos“ umgebaut wurde. Man kann die Verantwor­ tung weitergeben und z.B. die Landesgewerbeanstalt mit ei­

erkennen. Durch eine großzügige Spende der Firma Wittmann - alle Malerarbeiten kostenlos auszuführen - konnte noch die gewünschte, aufwendige Be­ leuchtung verwirklicht wer­ den.

3. Akt Ernüchterung Die Arbeiten ziehen sich hin. Von der wichtigen Balken­ lage über dem EG ist nur noch Stückwerk vorhanden. Aber der Termin des Weih­ nachtsmarktes rückt näher. Die Nerven der Beteiligten spannen sich mehr und mehr - nur der Architekt verbreitet Optimismus, wenn auch teil­ weise schon mit Zweifel an der eigenen Organisationskapazi­ tät. 4. Akt Zwischenspiel Minuten vor dem Einzug der Weihnachtsmarkt-Kunst­ handwerker wird der letzte Bo­ denleger vom Reinigungstrupp hinausgewischt. Der Markt kann wie geplant stattfinden, wenn auch mit ei­ nigen Startschwierigkeiten

der Heizung und einer trotz „rutschfesten Fliesen“, bei Re­ gen sehr glatten Treppe.

5. Akt Ausklang Nach dem Weihnachtsmarkt kann die Fertigstellung in Ruhe erfolgen. Die Freibank wird mit einem kleinen Fest eingeweiht. Selbst die sonst übliche „Be­ lobigung der Nichtbeteiligten“ entfällt. Alle Beteiligten sind zufrie­ den, ein Mieter ist gefunden und die Kosten sind im abge­ steckten Rahmen geblieben. Der Architekt lehnt sich zu­ rück - alles noch mal gut ge­ gangen. Gedanken, was alles hät­ te passieren können, müssen unterbleiben, da man sonst um alle Altbausanierungen einen weiten Bogen machen müsste.

  • MH

Neue Küche kurz vor der Fertig­ stellung 2006. (Foto: HR)

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