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27 Die Herstellung der "Volksempfänger" seit 1933 war eine gute Vorbereitung der Rundfunkindustrie auf die Be­ dingungen der Kriegsproduktion. Die Volksempfänger wurden von allen Firmen baugleich her­ gestellt, ein Verfahren, das gerade für Militärgeräte ty­ pisch war. Auch auf diesem Sek­ tor bemüht sich das Rundfunkmu­ seum um typische Sende- und Empfangsgeräte. Mit am bekann­ testen ist der Tornisterempfän­ ger Berta, kurz TornEb bezeich­ net. Es handelt sich bei dieser Entwicklung von Telefunken um eines der am weitesten verbrei­ teten Geräte der Reichswehr, das unter Einbeziehung eines Vorläufers ab 1935 ausgeliefert wurde. Die beiden ausgestellten Exemplare belegen die im 2. Weltkrieg immer prekärer wei— dende Versorgungslage. Der Ap­ parat von 1942 ist noch aus Aluminiumspritzguß gefertigt. Aus Gründen der Material­ ersparnis ging man dann zu Zinkspritzguß über, der das schon 1942 fast 24 Kilo wie­ gende Gerät nochmals erheblich schwerer machte. In dem Zink­ spritzgußgerät - es stammt von 1945 - fehlt auch noch fabrik­ mäßig das Anzeigegerät, da hierfür kein Material mehr voi— handen war.

Der Krieg brachte aber auch für den "Normalhörer" zu Hause gravierende Einschränkungen. Seit Kriegsbeginn war das Hören von Feindsendern verboten. Wa­ ren davon anfangs nur die Sen­ der von Kriegsgegnern betrof­ fen, so durften später nicht einmal mehr Sendungen aus be­ freundeten Staaten gehört wei— den. Offiziell hieß dieser Tat­ bestand Rundfunkverbrechen, hierfür wurden sogar Todesui— teile verhängt.

So hieß es unter der Über­ schrift "Zwei Todesurteile für Rundfunkverbrecher" im Völ­ kischen Beobachter (Datum noch unbekannt): Zwei besonders

krasse Fälle von Rundfunkvei— brechen fanden in der letzten Zeit ihre Sühne durch Todesui— teile, die der Schwere der Vei— gehen allein gerecht werden.

Das Sondergericht beim Landgericht Nürnberg-Fürth verhandelte gegen den 1892 in Nürnberg geborenen Johann Wild, der sich vor und nach dem Welt­ krieg in marxistischen Organi­ sationen betätigte und nach der Machtergreifung systematisch unter den Einfluß marxistischer Hetzpropaganda gestellt hatte, indem er die ausländischen, meist von jüdischen Emigranten inspirierten Rundfunksendungen abhörte. Als im September 1939 England und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg ei— klärten, hoffte Wild auf den Sturz des ihm verhaßten neuen Deutschland. Er stellte sich daher gesinnungsgemäß auf die Seite der Feinde des deutschen Volkes und hörte regelmäßig ihre hetzerischen und verloge­ nen Rundfunksendungen ab. Unter Verwertung der abgehörten feindlichen Sendungen verfaßte er eine Hetzschrift, die Schmä­ hungen gegen den Führer und an­ dere führende Persönlichkeiten des Staates sowie gegen die Wehrmacht enthielt. Ferner vei— anlaßte er seine Frau, die aus­ ländischen Sender abzuhören und die Lügenmeldungen zu verbrei­ ten. Das Sondergericht stellte fest, daß der Angeklagte bewuß­ ten und zweckgewollten Volks­ verrat betrieben hat. Es verui— teilte ihn daher zum Tode wegen Verbrechens gegen Paragraph 2 der Rundfunkverordnung sowie zu einer Zuchthausstrafe von vier Jahren wegen Abhörens der Rund­ funksendungen und wegen des Verbreitens von ausländischen Rundfunkberichten gegenüber seiner Frau."

Der Kampf um die Atherwellen war entbrannt. Möglichst kein Deutscher sollte Auslands­ sender hören, auf der anderen