Nach wie vor lässt die Datierung einiger Geräte von Beringer zu wünschen übrig. Im Katalog der Sammlung Mensing führte Max Engelmann 1924 als Instrument Nr. 327 an:26 Vielflächenuhr, Messingkubus auf Nußgelenk einstellbar. An allen freigebliebenen Teilen der Zifferblätter Blumen- und Spiralwerkgravuren im Stile des Rokoko. Die rechteckige Grundplatte mit dem Kompaß ist in Silber voll gegossen. Daran die Silberschmiedemarke „M. U.“ und das Augsburger Beschauzeichen v. J. 1736 (Pinienzapfen über A). An der Mittagsuhr bezeichnet: „D. Behringer G. P. Seyfried“.
Zinner hat diese Angabe in seine Arbeit zu den Astronomischen Instrumenten übernommen.27 Die Beschreibung dieser Uhr trifft weitgehend auf die aus dem Adlerplanetarium in Chicago zu (Beringer statt Behringer, Seӱfried statt Seyfried). Schon ohne sonstiges zu wissen, wäre das Auftauchen eines Beringers und eines Seyfriedes sowohl in Augsburg 1736 sowie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Nürnberg eine merkwürdige Angelegenheit. Maximilian Bobinger28 (09.03.1895-16.08.1973) stellte dazu 1977 in seinem Standardwerk über die AltAugsburger Kompassmacher fest:29 Beringer David 1776. Der Zuname Beringer ist um diese Zeit in Augsburg häufig, ein Beringer David ist jedoch nicht nachzuweisen.
Marc Rosenberg (22.08.1852–04.09.1930) hat u.a. für Augsburg der Goldschmiede Merkzeichen zusammengestellt. Für 1735–1736 zeigt er einen Pinienzapfen über einem A, doch ist das A noch mit zwei Winkeln versehen. Allein dadurch wird die Datierung auf 1736 fragwürdig. Das von Engelhard angegebene Zeichen führt Rosenberg erst für das Jahr 1815 an.30 Nach Wagner wurde dieses Zeichen auch 1865 benutzt, er ordnet zudem die Meistermarke MU dem damaligen Silberschmied Magnus Unsinn (1819–1889) zu.31 Die Uhr wäre damit eine Nachbildung aus späterer Zeit. Festzuhalten bleibt, dass in Augsburg kein Kompassmacher Beringer wirkte. Die falsche Datierung wirkt aber nach: Noch 1998 wurde Beringer als „Mitglied einer Nürnberger Kompaßmacherfamilie“ bezeichnet, 1999 findet sich die Vermutung, dass es zwei Generationen von Beringers gab, die als Instrumentenmacher zwischen 1725 und 1780 tätig waren.32 Zinner führte auch eine Würfelsonnenuhr „D. Beringer Dieppe 1725“ an, die im Handel befindlich gewesen sein soll. Eine derartige Uhr ist heute nicht mehr nachweisbar. In der Webster Signature Database des Adlerplanetariums findet sich lediglich eine auf 1708 datierte Sonnenuhr eines privaten Sammlers, die einem „A. Beringer“ zugeschrieben werden, wobei aber auch schon andere Deutungen vorgetragen wurden.33 Festzuhalten bleibt: Es gab nur einen Kompassmacher namens David Beringer, und der lebte von 1756 bis 1821 in Nürnberg. 26
Engelmann, Max (Bearbeiter): Sammlung Mensing. Altwissenschaftliche Instrumente. Katalog. Amsterdam: Frederik Muller & Co. 1924, S. 44, Nr. 327. Auf diese Stelle machte Wagner 1997 (wie Fußnote 3), S. 34 aufmerksam. 27 Zinner 1979 (wie Fußnote 4), S. 247. Ähnlich auch Grieb 1, 2007 (wie Fußnote 3), S. 115, wonach „1725/76 ein weiterer Kompaß- und Sonnenuhrmacher D. Beringer in Dieppe/Frankreich und Augsburg nachgewiesen“ sei. 28 Zu Bobinger siehe Brüggenthies, Dick 1, 2017 (wie Fußnote 15), S. 199. 29 Bobinger, Maximilian: Alt-Augsburger Kompassmacher. Sonnen-, Mond- und Sternuhren, astronomische und mathematische Geräte, Räderuhren. Augsburg: Hans Rösler 1966, S. 210. 30 Rosenberg, Marc: Der Goldschmiede Merkzeichen. Band 1: Deutschland A-C. 3., erw. u. ill. Auflage. Frankfurt a. M.: Frankfurter Verlagsanstalt 1922, S. 27–34, Beschauzeichen für 1735–1736 S. 32, Nr. 238; für 1815 S. 33, Nr. 306. 31 Wagner 1997 (wie Fußnote 3), S. 35. 32 Glasemann, Reinhard: Erde, Sonne, Mond & Sterne. Globen, Sonnenuhren und astronomische Instrumente im Historischen Museum Frankfurt am Main. Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main Band 20. Frankfurt am Main: Waldemar Kramer 1999, S. 60; Henning, Schütz 1998 (wie Fußnote 24), S. 478 33 http://historydb.adlerplanetarium.org/signatures/b.pl, eingesehen am 19.02.2022.
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