Dienstag, 12. Mai 1936 Für die im Oktober stattfindende Fürther Michaeliskirchweih mussten die Standplätze bis 15. Juni schriftlich beantragt werden. Wie die Fürther Stadtverwaltung darauf hinwies, würden Gesuche um Plätze für Glücksspiele, Wahrsager und ähnliche Gaukler keine Berücksichtigung mehr finden. Spatzen (Sperlinge) wurden damals als „Volksschädlinge“ gebrandmarkt. Im Frühjahr würden ganze Scharen von Spatzen über die Felder herfallen, um die Samen aus dem Boden zu picken. Im Winter müssten zudem nützliche Vogelarten bittere Not leiden, während die Spatzen im Kampf um das Futter die Oberhand behielten. These: Der Rückgang der nützlichen Singvögel hält mit der Spatzenvermehrung Schritt. Man appellierte deshalb an die Bevölkerung, die Spatzenbrut zu vernichten und im Winter Gift an den Futterplätzen auszulegen, um so die Zahl der „Volksschädlinge“ zu reduzieren. Mittwoch, 13. Mai 1936 Oasen im Alltag der Frauen: Im nationalsozialistischen Gedankengut waren „Kaffeekränzchen“ nach Ansicht der NZ verpönt: „Unsere Frauen haben etwas Besseres zu tun, sie tun`s ja auch, wie ihre Tätigkeiten in den NS-Organisationen überzeugend beweisen.“ Andererseits gestattete man diese Zusammenkünfte aus dem „verflossenen liberalistischen Zeitalter“ als harmloses Vergnügen, um in Gesellschaft Gleichgesinnter bei echtem Bohnenkaffee und viel Schlagsahne sämtliche Diätvorschriften zu vergessen. Mit der Zeit hatten sich nur die Orte der Zusammenkünfte geändert. Beliebt waren jetzt die Lokale Prater (Fürth), Weigel (Kronach) oder das Café Flora (Dambach). Das Gebot „Draußen nur Kännchen!“ kannte man damals nicht. Donnerstag, 14. Mai 1936 Für die begonnene Badesaison in den Flussbädern gab die Fürther Stadtverwaltung wieder ihre „Vorschriften für das Baden im Freien“ heraus. Danach waren Badehosen ohne Beinansatz verboten. An- und Auskleideräume durften nicht von Personen beiderlei Geschlechts benutzt werden. Das Mitbringen von Hunden war ebenso verboten wie das Fotografieren fremder Personen ohne deren Erlaubnis. Der Aufenthalt in ausschließlicher Badekleidung außerhalb des Badegeländes war auf Straßen, Wegen und Plätzen ab einer Entfernung von 100 Metern vom Bad nicht gestattet. Am Donnerstag, 14. Mai, begann um 20.30 Uhr der Unterricht der „Redner-Schule“ in einer Gaststätte auf dem Plattnersberg in Nürnberg. Für die Kreis- und Ersatzredner der NSDAP aus Fürth war es Pflicht, regelmäßig jeden Donnerstag daran teilzunehmen. Weltspiegel: „Er oder ich“ mit Olivia Fried und Harry Piel. Zentral-Lichtspiele: „Der Student von Prag“ mit Adolf Wohlbrück und Dorothea Wieck. Freitag, 15. Mai 1936 Völkische Erziehungsarbeit an den Fürther Fußballstars: Bei der SpVgg kam es am Dienstagabend im Sportheim Ronhof zu einer völkischen Aussprache. Sämtliche Ligaspieler und Reservespieler wurden in zwei Gruppen von „Dietwarten“ geprüft. Die Spieler mussten ihr Wissen von geschichtlichen und weltanschaulichen Fakten offenbaren. Die Dietwarte fragten zum Leben und dem Kampf Adolf Hitlers, prüften das Wissen von Rassemerkmalen und Erbkrankheiten sowie die Inhalte der Nürnberger Gesetze. Originalton in der NZ: „Als man sich schließlich trennte, da hatte jeder einzelne Spieler das Bewusstsein, dass dieser Abend äußerst wertvoll für ihn war und dass weitere solche Aussprachen nötig sein werden, um immer mehr den tieferen Sinn völkischer Erziehungsarbeit zu erfassen. Schließlich sollen ja die Fußballspieler allen übrigen Sportlern mit gutem Beispiel vorangehen.“ Samstag, 16. Mai 1936 Die Ortsgruppe Fürth der NS-Kriegsopferversorgung erließ über die Presse einen Aufruf an die Fürther Autobesitzer, sich und ihr Fahrzeug für eine „Schwerbeschädigtenfahrt“ am 6. Juni ab 12 Uhr mittags kostenlos zur Verfügung zu stellen. So wollte man versehrten Fürther Kriegsteilnehmern zu einem Ausflug verhelfen. Meldungen dazu nahm die Geschäftsstelle in der Königstraße 76 entgegen. Originalton in der NZ: „Du stattest damit einen kleinen Dank ab an die, die Dir Gut und Besitz vor dem Einbruch fremder Horden mit ihrem Blut verteidigten.“ Der Fürther Gemüsemarkt ging allmählich seiner Blütezeit entgegen. Die Staude Kopfsalat kostete 15 Pfennige. Erstmals gab es am Wochenmarkt neue Kartoffeln und italienische Kirschen zu 1,20 RM das Kilogramm. Auf dem Blumenmarkt bei der Gaststätte „Schwarzes Kreuz“ wurde nun vermehrt Flieder 27
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