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wie man dies schon 1966 beantragt hatte. Leserbriefe an die FN befassten sich immer mehr mit dem rüden Vorgehen nach Gutsherrenart der Stadt Nürnberg, wenn es um die Erhöhung der Beteiligung Fürths ging. In Fürth aufgeführte Stücke seien nichts anderes als "Brosamen vom Spielplan-Tisch". Mit "Humba-Humba" und sonstigen närrischen Schlachtgesängen eroberten Prinzenpaar, Elferrat, Gardemädchen und die "Treuen Husaren" die Buden und Karussells auf der Fürther Freiheit. Die letzten vier "tollen Tage" im Fürther Fasching waren eröffnet. Das erste Fürther Hallenleichtathletik-Sportfest der höheren Schulen wurde ein voller Erfolg. Von allen Seiten gab es Lob über die Veranstaltung in der Soldnerhalle. In Bayern war es die erste Talentsichtung für die Olympischen Spiele von 1972. Außer Profi-Kampfrichtern war auch ein Ministerialbeauftragter des Kultusministeriums anwesend. Montag, 26. Februar 1968 Am letzten Faschingswochenende stürzten sich viele noch schnell ins Vergnügen. So feierte der "Black-BottomClub" im Weißengarten, die "Marinekameradschaft Möwe" bei Humorwindstärke 12 im Logenhaus, die "SpVggSängerabteilung" im Schwarzen Kreuz und der kommunalpolitische Verein "Treu Fürth" im Humbserbräustübl. Der Nürnberger Faschingszug fand unter dauerhaftem Schneegestöber statt. Es war der längste und teuerste "Fränkische Fastnachtszug" seit Kriegsende. Mehr als drei Stunden schlängelte sich der Gaudiwurm durch die Nürnberger Stadt. Ein Festwagen mit der Aufschrift "Fürther Faschingszug" enthielt einen Sarg. Ein Jahr vorher mussten die Nürnberger allerdings noch nach Fürth gehen, wenn sie fröhlich sein wollten. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Die Operette "Liebe in der Lerchengasse" von Arno Vetterling in der bisherigen Besetzung sowie die Oper "Die Hochzeit des Figaro" von Wolfgang Amadeus Mozart, u.a. mit Mariane Astner, Maria de Francesca, Elisabeth Kingdon, Janis Martin, Barry Hanner, Almar Heggen, Klaus Lange und Robert Licha. Mittwoch, 28. Februar 1968 Erstmals nach Jahren kein Fürther Faschingszug. Das Fürther Prinzenpaar, gefolgt vom Spielmannszug aus Burgfarrnbach sowie Elferrat und Garde zog am Faschingsdienstag zu Fuß zur Adenaueranlage. Dort gab es Büttenreden unter sonnigem Himmel. Jugendliche kletterten sogar auf die Bäume, um die Redner besser sehen und hören zu können. Danach gab es drangvolle Enge in der kleinen Budenstadt auf der Fürther Freiheit gegenüber. Die Fürther feierten nochmals kräftig. Das Prinzenpaar Marion I. und Erich I. schritten anschließend zum Restaurant "Langmann", um dort nach einer äußerst milden Regentschaft in Fürth OB Scherzer die Schlüssel der Stadt wieder zu überreichen. Das letzte Faschingswochenende ging mit fröhlichen Rosenmontagsbällen zu Ende. Die "Absolvia" feierte im Logenhaus, der "ADAC" im Schwarzen Kreuz, der "Lehrergesangverein Fürth" im Geismannsaal, nicht zu zählen die vielen Kappenabende in den Gaststätten. Am Faschingsdienstag um 24 Uhr zogen dann die traditionellen Kehraus-Schlangen durch die Tischreihen. Dazu spielte man Trauermusik und bereitete sich innerlich schon auf ein deftiges Katerfrühstück vor. Die Fürther Bauunternehmung Gewo verkaufte an der Widderstraße Eigenheime mit 128 qm Wohnfläche bei Vollunterkellerung einschließlich Grundstück, Garage und Außenanlagen zum Festpreis von 126.600 DM. Der Fürther Kreistag informierte sich über die Funktion einer Verbrennungsanlage, da die Ablageplätze bis etwa 1970 aufgefüllt seien. Das Müllproblem brannte auch den Fürthern auf den Nägeln. Müllexperten aus Frankfurt erläuterten die Vorzüge einer Müllverbrennung. Der Landkreis bat um ein Angebot, die Stadt Fürth um ein Alternativangebot, zugeschnitten auf die Bevölkerung des Stadtgebietes. Donnerstag, 29. Februar 1968 Am Aschermittwoch lud die Patrizier-Brauerei mit den Direktoren Dr. Ost und Dettenhofer zahlreiche Ehrengäste, darunter Prinzengarden aus Nürnberg und Fürth, Ex-Faschingsprinzenpaare und deren Gefolge zum traditionellen "Katerfrühstück" ein. Inoffiziell probierten alle schon mal eine kleine Menge des frisch eingebrauten "Poculators" (hergestellt wurden wie immer 500.000 Liter), der in 13 Tagen ab Eröffnung im Geismannsaal wieder in Strömen fließen sollte. 35 Beamte mit sechs Polizeihunden suchten die Gegend um Feucht nach einer seit dem 19. Februar vermissten 33-jährigen Fürtherin ab. Das Waldstück bei Fischbach war als Prostituiertentreff hinlänglich bekannt. Die Fürther Prostituierte wurde nicht gefunden. "Kolleginnen" konnten auch keine näheren Angaben machen. Tage später wurde die Leiche in einer Mulde im Waldstück Brand bei Fischbach doch noch gefunden. Die Prostituierte war erwürgt worden. Ein Ausschuss des Stadtrats besichtigte unter Führung von BM Stranka den Kuckucksweg am Stadtwald. Knöcheltief watete man im aufgeweichten Lehm. Im Gänsemarsch jonglierten sich die Stadtväter von Pfütze zu Pfütze. Einige Anwohner warteten über eine Stunde vor ihren aufgeweichten Toreinfahrten, um den Ausschussmitgliedern ihre "Anliegen" vorzutragen. Autobesitzer konnten ihre Garagen nicht anfahren, weil die

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