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Eine Welle der Verehrung und Dankbarkeit schlug einer Frau entgegen, die sich ihr Leben lang durch Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe ausgezeichnet hatte. Liesl Kießling, die Schwester von Dr. h.c. Gustav Schickedanz, feierte ihren 75. Geburtstag. Im "Quelle-Casino" waren es nicht weniger als zwölf Redner, die ihre menschlichen Tugenden würdigten und Geschenke überreichten. Vom Bund der Danziger erhielt Liesl Kießling den Ehrentitel "Mutter der Danziger". Polizeioberrat Herbert Mielsch sprach bei der Fürther Gewerkschaft ÖTV. Aus Sicht der Polizei dürfe weder die Ordnung um jeden Preis durchgesetzt - noch dürfe die Freiheit um jeden Preis ausgelebt werden. Die Polizei käme derzeit zu Unrecht häufig zwischen die Mühlsteine, so Polizeioberrat Mielsch. Die Frage eines Redners, ob es stimme, dass beim NPD-Landesparteitag in Fürth die Polizei zugeschaut hätte, wie Ordner NPD-Demonstranten die Treppe im Geismannsaal hinabwarfen, verneinte Mielsch mit Entschlossenheit. "Gummi-Wörner" in der Friedrichstraße 3 führte wieder kostenlose Tapezierkurse für die Bevölkerung durch. Die Nachfrage hierzu war überwältigend groß, so dass mehrere Wiederholungstermine angesetzt werden mussten. Donnerstag, 21. März 1968 Dr. Georg Kilian, Fürther Generaldirektor der Deutschen Tafelglas AG, erhielt in der bayerischen Staatskanzlei in München aus der Hand von Ministerpräsident Alfons Goppel das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Damit würdigte man seine Verdienste um die Wirtschaft und insbesondere um die Glasindustrie. Für jahrzehntelanges Wirken zum Wohle von Stadt und Staat ließ man zwei früheren Fürther Stadträten hohe Ehre zuteilwerden: Hans Fehn (SPD) und Martin Saffer (CSU) erhielten im Amtszimmer von OB Scherzer von Regierungspräsident Karl Burkhardt die Verdienstmedaillen des bayerischen Innenministeriums. Die "Fränkische Parkettverlegung Hommel KG" zog von der Schwabacher Straße 14 in die Amalienstraße 53 um. Dort standen im Rückgebäude nun größere Lagerflächen zur Verfügung. Ein Team von 30 Verkäufern und Fußbodenverlegern kümmerte sich um die zahlreichen Kunden. Man verarbeitete mehr als 100.000 qm Fußbodenbelag pro Jahr, wobei Teppichböden den stärksten Zuwachs aufwiesen. Der Fürther Lehrergesangverein (LGV) nahm sich einiges vor: Erstmals plante man für volle zwei Jahre. Neben den herkömmlichen Werken wie der Matthäus-Passion von Bach oder dem Verdi-Requiem wagte man sich unter der Leitung von Musikpädagoge Otmar Ruhland auch an die beiden modernen Werke "Saint Nicholas" und "Simple Symphonie" des englischen Komponisten Benjamin Britten. Freitag, 22. März 1968 Der Fürther Stadtrat genehmigte insgesamt 152.300 DM für neue Beleuchtungen. Damit wurde die Königstraße zweispurig erhellt, ferner gab es auf der Hardhöhe neue Installationen. Die monatelange Sperrung der unteren Königstraße hatte auch etwas Gutes: Man richtete die Straßenbahnhaltestelle "Grüner Markt" wieder ein. Der ausgesperrte Verkehr machte es möglich. Fürther Volksschullehrer und ihre amerikanischen Kollegen verglichen ihre Lehrsysteme miteinander. Dazu kam man im Offiziersclub der Kalb-Siedlung zusammen. Die amerikanischen Lehrer hatten mehr persönliche Freiheiten. Sitzenbleiben gab es für amerikanische Kinder nicht. Schlechtere Schüler erhielten eine Sonderförderung durch weitere Lehrer bis hin zum Schulpsychologen. Auch die Schülerbibliothek spielte eine wesentlich größere Rolle als an deutschen Schulen. Amerikanische Schulleiter mussten selbst keinen Unterricht halten. Samstag, 23. März 1968 In einem Leserbrief an die FN beschwerte man sich über die Eintönigkeit des Fürther Theaterspielplans. Im März zeigte man nur Schauspiele, die meisten als Wiederholungen. Durch den Zufall einer Erkrankung von Schauspielern sahen die Fürther wenigstens ein einziges Mal im Vierteljahr ein Operettenballett. Wofür verlangte Nürnberg eigentlich eine Erhöhung des Zuschusses? Bei einer Veranstaltung der Fürther IG Metall kam man zu dem Schluss, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau am Arbeitsplatz längst noch nicht verwirklicht war. Zwar waren die früher üblichen "Frauenabschlagsklauseln" beseitigt, aber durch die Einführung von sogenannten "Leichtlohngruppen" (körperlich leichte Arbeit) durch die Hintertür wieder eingeführt. Männer wurden zwar auch in dieser Gruppe geführt, sie erhielten aber meist übertarifliche Zusatzleistungen und verdienten damit doch wieder mehr als die Frauen. Zwölf Stadt- und Landkreise lieferten Kadaver und sonstige Konfiskate an die Tierkörperbeseitigungsanstalt Mattecka in die Vacher Straße 160. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wo ein chemischer Betrieb Kadaver verarbeitet wird, steigen üble Düfte auf. Die reichliche Nachbarschaft beschwerte sich regelmäßig bei der Stadt über die Geruchszustände. Die angelieferte Tonnage stieg von Jahr zu Jahr und damit auch die "ruchbaren" Begleiterscheinungen. 1967 verarbeitete man die Rekordmenge von etwa 13.000 Tonnen. Ab jetzt dachte man intensiver über eine Betriebsverlagerung nach. Montag, 25. März 1968

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