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Der Stadtrat sollte nach einer Diskussion entscheiden, ob die Nürnberger U-Bahn eines Tages über den Fürther Hauptbahnhof oder über die Fürther Freiheit geführt werden sollte. Die Stadträte verweigerten jedoch eine Entscheidung durch Abstimmung, da es unseriös erschien, sich über ein Projekt von ca. 100 Mio DM ohne ausreichende schriftliche Vorinformation festzulegen. Sogar OB Scherzer stimmte dem zu. Samstag, 13. Juli 1968 In der Aula der Fürther Berufsschule II stand jetzt ein neu angeschaffter Flügel. Es war der zweite Flügel, den die Stadt seit Kriegsende anschaffte. (Der erste wurde 1953 für das Berolzheimerianum gekauft.) Unter dem Schutzmantel Stadtschulrat Senator Hauptmannls überstand der 7000 DM-Ansatz sicher alle spitzen RotstiftGefechte in den Etatberatungen des Stadtrats. Damals war man sich einig: Dem Heinrich-Schliemann-Gymnasium war nur noch mit einem Neubau am Stadtrand zu helfen. Die Schule platzte aus allen Nähten. Für das gesamte Material des Chemieunterrichts standen gerade mal 9,5 qm zur Verfügung und in der Lehrerbücherei stapelten sich die Bücher bis unter die Decke. Neue Lehrmittel wurden nur noch bestellt, wenn die Lehrkraft nachweisen konnte, wohin die Dinge abgestellt werden konnten. Die Dachkammer als Lagerraum für Materialien der Kunsterziehung sowie Aufbewahrungsort der Mineraliensammlung sah aus wie ein Mansardenidyll von Spitzweg. 537 Schüler besuchten 1968 diese Schule. Montag, 15. Juli 1968 Attraktion Nummer eins am Samstagmorgen war in Fürth der "Tag der offenen Tür" bei der Brauerei HumbserGeismann an der Fichtenstraße. Etwa 8000 Leute aller Bevölkerungsschichten strömten sehr schnell durch Sudhaus, Flaschenabfüllanlage und Gärkeller, um anschließend möglichst lange bei kostenlosen Würstchen und Fassbier sitzen zu können. Und die Kapelle Jakl Strobl spielte dazu. Fürths stadtältester Bürger, Hans Kübler, feierte im Altersheim an der Stiftungsstraße seinen 99. Geburtstag. Viele Jahre wohnte er im Haus der Kreissparkasse am Königsplatz. Er wurde im Jahre 1869 geboren, wo es noch gar kein deutsches Reich gab und der deutsch-österreichische Krieg erst drei Jahre vorbei war. OB Scherzer gratulierte im Namen der Stadt. Eigentlich schon nach Saisonschluss zeigte man im Fürther Stadttheater das Stück "Vietrock" von Megan Terry als einzige und allerletzte Aufführung. Das Stück sollte das Stadttheater provokativ in eine Agitationsarena gegen den Vietnamkrieg verwandeln. Rote Vietcong-Fahnen beherrschten daher den ehrwürdigen Musentempel. Applaus und Buhrufe mischten sich gleichwertig bei sehr übersichtlichem Andrang des Publikums. Bei der SpVgg floss der erste Schweiß: Am Sonntagmorgen Punkt 10 Uhr begann für die Vertragsspieler die neue Saison unter der Leitung des neuen Trainers und ehemaligen Fürther Spielers Fred Hoffmann. Rund 1000 schaulustige Fans hatten sich als aufmerksame Beobachter im Ronhof eingefunden. Fred Hoffmann stammte aus der Kaiserstraße in der Südstadt und spielte bereits als Schüler im Ronhof. Von 1939 bis 1946 war er als Stopper in der ersten Mannschaft aktiv. Dienstag, 16. Juli 1968 Die Nürnberg-Fürther Straßenbahn fuhr munter weiter ins Defizit. Für 1967 entstand in der Kasse der VAG ein Fehlbetrag in Höhe von 17 Mio DM. Die Straßenbahnlinien litten unter Fahrgastschwund. Zu normalen Zeiten nicht im Berufsverkehr - waren die Wagen so leer, dass man sich den Sitzplatz aussuchen konnte. Immer mehr Bürger stiegen auf das eigene Auto um, gleichzeitig erhöhten sich jedoch die Personalkosten einschließlich der gesetzlichen Sozialleistungen bei der VAG. Die Fürther kamen bisher noch sehr gut weg, Nürnberg drängte aber energisch auf eine Defizitbeteiligung. Zum dritten Mal hintereinander und damit endgültig holte die Fußballelf der "Grundig-Betriebe" den unter Firmenmannschaften ausgespielten "Wöhrl-Pokal". Man besiegte im Finale die Mannschaft der Dresdner Bank. Stifter Rudolf Wöhrl ließ es sich nicht nehmen, den Pokal persönlich zu überreichen. Hochbetrieb bei einem Leichtathletik-Wettbewerb in Zirndorf. Dabei erreichte der Fürther Harald Werner (TV Fürth 1860) zweimal die Zeit von 11,0 Sekunden bei Läufen über die 100 m-Strecke. Mittwoch, 17. Juli 1968 Im Sitzungssaal des Gerichts ein Warenlager aus Damenkleidern, Herrenanzügen und Nerzmänteln. Dabei handelte sich um Diebesgut, das die Kripo bei einem Nürnberg-Fürther Diebesquartett beschlagnahmt hatte. Rädelsführer war ein 26-jähriger Zigeuner aus Fürth, dessen Ehefrau eine erstaunliche Beinakrobatik auszeichnete. Während die Herren Anzüge probierten, ließ sie teure Textilien eng zusammengerollt wie ein Zauberer verschwinden. Sie schmuggelte so Ware im Wert von 80.000 DM zwischen ihren Beinen ins Freie. Dann wurde das Quartett geschnappt. Im Alter von 62 Jahren verstarb Ludwig Bauer. Der Spediteur war jahrzehntelang in der elterlichen Spedition in Fürth tätig gewesen. Er bekleidete mehrere Ehrenämter, u.a. war er Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes Spedition und Lagerei, hatte den Vorsitz im Fachausschuss Luftfrachtspedition, saß im Vorstand des

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