Mit Brief und Wort nach alter Väter Sitte sprach das Industrie- und Handelsgremium Fürth im gefüllten Geismannsaal 280 Auszubildende beiderlei Geschlechts frei. OB Scherzer ermahnte die angehenden Jungkaufleute: "Der Fortschritt vollzieht sich etappenweise in der Evolution, nicht in der Revolution!" Schlägerei unter umgekehrten Vorzeichen: In Fürth wurde eine Gruppe der sogenannten "Rockers" in ihrem Stammlokal von etwa 15 jungen Männern fürchterlich zusammengeschlagen. Die jungen Leute erschienen blitzartig im Lokal, zogen Gummiknüppel sowie Schlagringe und begannen sofort zu prügeln. Vier verletzte Rockers mussten ins Krankenhaus, einer in die Augenklinik nach Nürnberg eingeliefert werden. Die Schläger verließen gemeinsam das Lokal und suchten das Weite. Eine polizeiliche Fahndung blieb erfolglos. Vielleicht suchte die Polizei ja auch nur besonders langsam. Freitag, 15. November 1968 Damals in Uni-Krankenhäusern der letzte Schrei: Eine "Intensivstation". Die Erlanger Universitätsklinik stellte jetzt ihre 25-Betten-Abteilung für Schwerstkranke der Presse vor. Ungewohnt, aber beeindruckend die Apparatemedizin mit den zahlreichen Schaltern, Schläuchen und Skalen. In Fürth kannte man derartiges noch nicht. In Fürth machte sich die Angst um den Arbeitsplatz breit: Die Amerikaner planten eine Verlegung des "European Exchange System (EES)" nach München. In einer außerordentlichen Personalversammlung protestierten etwa 800 deutsche Mitarbeiter gegen die Pläne des Hauptquartiers der 7. US-Armee in Heidelberg. Im Filmprogramm zur Monatsmitte u.a.: "Das Gold von Sam Cooper" mit Klaus Kinski (Park), "Honigmond 67" mit John und Hayley Mills (Bambi), "Anzio" mit Robert Mitchum und Arthur Kennedy (Admiral) sowie "Helga und Michael - die sexuelle Entwicklung des Menschen" (City). Samstag, 16. November 1968 Das Hallenbad stand jetzt den Fürthern zur Verfügung. Mit Gesamtkosten in Höhe von 6,3 Mio DM ging ein langgehegter Wunschtraum der Bevölkerung in Erfüllung. Erst 1962 wurde der Scherbsgraben als Bauplatz festgelegt. Für die Badegäste standen 72 Kabinen und 322 Garderobenschränke zur Verfügung. An 62 Duschen konnte man sich vor dem Baden waschen. Hauptbecken (15 x 25 m) und Lehrschwimmbecken (8 x 15 m) waren durch eine Glasscheibe getrennt. Die Heizöltanks fassten 50.000 Liter. Die Schwimmhallen waren mit automatischen Jalousetten gegen Sonneneinstrahlung geschützt, um einer Algenbildung vorzubeugen. Nach Eröffnungsreden und Imbiss in der Cafeteria sprangen OB Scherzer und einige Stadträte in Badehosen in das klare Wasser. In einem Leserbrief an die FN sprach man sich gegen einen eventuellen Theaterumbau aus. Es sei nicht gewährleistet, dass sich die Besucherfrequenz nach einer Renovierung erhöhe. Und die Fürther Prominenz würde schließlich auch zukünftig den Weg nach Nürnberg suchen. Montag, 18. November 1968 Die Fahnen der Traditionsverbände senkten sich und ein Posaunenchor intonierte die Melodie vom "Guten Kameraden", als die drei Bürgermeister im Namen der Stadt drei Kränze am Ehrenmal im Stadtpark niederlegen ließen. Zwei Soldaten der Bundeswehr hielten Ehrenwache. Am Volkstrauertag gedachte man den Opfern der beiden Weltkriege. Anschließend zog man zur Gedächtnisstätte der Vermissten an der Freiheitsanlage und legte dort Blumen nieder. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Das Schauspiel "Rosenkranz und Güldenstern" von Tom Stoppard, u.a. mit Hildegard Krost, Inge Pedersen, Adolf Breinbauer, Herbert Dardel und Michael Holm. Ferner die komische Oper "Die Regimentstochter" von Donizetti als Wiederholung in der bisherigen Besetzung. Schließlich zeigte das Theater der Jugend nochmals das Märchenspiel "Frau Holle" nach den Gebrüdern Grimm. Die SpVgg verlor ihr Auswärtsspiel bei Opel Rüsselsheim mit 0:2. Damit belegte man Platz 11 der Tabelle. Dienstag, 19. November 1968 Der Lehmus`sche Verein feierte Richtfest am Kirchenplatz. Bayerns und Fürths ältester Kindergarten wurde an die Verhältnisse der Zeit angepasst. Der Kindergarten für 140 Jungen und Mädchen wurde umgebaut. Ein angebautes Gebäude konnte aufgestockt werden, außerdem erneuerte man die sanitären Anlagen komplett. Tante Hertha wird`s gefreut haben. Mittwoch, 20. November 1968 Hochgeschlagene Kragen, Pelzmäntel sowie Lammfellstiefel waren im Straßenbild Fürths zu sehen, denn der Winter hatte vorzeitig Einzug gehalten. Der plötzliche Schneefall sorgte für zahlreiche schwere Verkehrsunfälle im Stadtgebiet. Wie gefährlich eine geladene Schusswaffe sein konnte, musste ein 23-jähriger Fürther am eigenen Leib verspüren. Als er in ein Auto einsteigen wollte, fiel der am Hosenbund getragene Trommelrevolver vom Kaliber 7,65 zu Boden.
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