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Lokal im Norden der Stadt schon die nächste Anzeige. Da sie einen festen Wohnsitz hatte und geständig war, musste sie immer wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Das Waisenhaus an der Poppenreuther Straße beherbergte 130 Kinder. Von einem Familienfest im Familienkreis konnten sie nur träumen. Entweder hatten sie keine Eltern mehr oder die Elternteile durften das Erziehungsrecht nicht ausüben. Über die Presse suchte man nun Gastfamilien für Weihnachten. Mittwoch, 4. Dezember 1968 Die Weihnachtswelle rollte schon an. Beim Fürther Postamt waren die Briefsendungen schon um 50% angestiegen. Statt 830.000 Briefen waren jetzt 1,2 Millionen davon pro Woche zu befördern. Nur mit Aushilfskräften und Überstunden waren die profanen Grüße und irdischen Wertgüter zu bewältigen. Die Beschäftigten wussten davon ein Lied zu singen, das aber gar nicht nach "Dulei jubilo" klang. Was geschah damals in Fürth mit Kindern aus dem Waisenhaus, wenn die Schulzeit zu Ende war? Die Mädchen hatten es gut, sie durften nach der Volksschulzeit in Ein- oder Zweibettzimmern im Waisenhaus bleiben. Erst bei einer eventuellen Verlobung mussten sie das Heim verlassen. Jungen dagegen hatten schlechte Karten. Nach Beendigung der Schulzeit hieß es "Auf Wiedersehen". Meist siedelten sie in ein Jugendwohnheim über. Kein Wunder, dass mancher Junge, der keine Bezugspersonen mehr hatte, in diesem "gefährlichen" Alter krumme Seitenwege einschlug und manchmal vor Gericht landete. Donnerstag, 6. Dezember 1968 Pfarrer Seiter von der evangelischen Gemeinde Heilig-Geist und OStR Saffer von der katholischen Seite loteten Möglichkeiten und Grenzen der Ökumene aus. Die besten Chancen sah man bei der Bewältigung sozialer Fragen (z.B. Entwicklungshilfe) oder gemeindlichen Aufgaben (z.B. Kindergarten). Die Mischehe blieb dagegen ein schmerzliches Problem. Im Engelhardsaal in Ronhof schmauste man wie beim ersten Mal 1764 die "Allebatrie"-Suppe. Der Geschichtsverein "Alt-Fürth" unter der Leitung von Dr. Schwammberger hatte hierzu eingeladen. Nahezu 200 AltFürther kamen zu diesem Traditionsessen. Dabei wurde das 1700. Mitglied von "Alt-Fürth" begrüßt. Man war damit der größte Geschichtsverein der Bundesrepublik. Der Fürther Koksbunker erwachte zu neuem Leben. 14 Jahre transportierten die Förderbänder Koks für das Fürther Gaswerk. Dann kam das Gas aus Nürnberg. Jetzt nutzte man die verwaisten Förderbänder zum Beladen der Streuwagen für den Winterdienst. 80 Tonnen Streusalz und 183,5 Kubikmeter Streusand lagen auf Abruf bereit. Freitag, 6. Dezember 1968 Mit dem 56-jährigen Paul Thielen stellte der TV Fürth 1860 seinen neuen Leichtathletik-Trainer ein. Der in Duisburg geborene pensionierte Stadtoberinspektor war viele Jahre als Übungsleiter in Flensburg tätig gewesen. Er trat die Nachfolge von Dragan Tancic an. Ab April 1969 mussten viele Grundstücksbesitzer erstmals für die städtische Straßenreinigung bezahlen. Für jeden Meter Grundstück waren 2 DM jährlich fällig. Doch nicht alle Straßen in Fürth waren "kehrberechtigt". Der Fürther Stadtrat war sich einig, noch im Dezember über die Zukunft des Stadttheaters entscheiden zu wollen, da der Vertrag mit Nürnberg bei Überschreiten des Termins 31.12.68 dann schon bis Ende 1970 laufen würde. Man könnte somit viel Geld verlieren. Im Filmprogramm zu Monatsbeginn u.a.: "Frau Wirtin hat auch einen Grafen" mit Terry Tordey (Admiral), "Huasca wie tödliche Geier" mit Giuliano Gemma (City), "Aug um Aug - Zahn um Zahn" (Park) sowie "Angélique und der Sultan" (Bambi). Samstag, 7. Dezember 1968 134 Aspirantinnen des Helene-Lange-Gymnasiums hatten sich nach einer Probezeit von drei Monaten zu Vollmitgliedern der Lehranstalt emporgearbeitet. Während einer Schulfeier händigte die Schulsprecherin den Neuaufgenommenen ihre Schulausweise aus. Die Gleichberechtigung des Mannes machte Fortschritte: Zum BRK-Säuglingspflegekurs hatten sich 18 junge Mütter und Väter angemeldet. Viele Kinder standen mit strahlenden Augen auf der Fürther Freiheit, denn dort wurde der Fürther Weihnachtsmarkt eröffnet. Der Schwerpunkt der trauten Versammlung lag vor dem Balkon des Handwerkshauses. Dort erschien das Fürther Christkind und hielt seinen Prolog nach den Worten von Wilhelm Kleppmann. Die Volksschüler hatten wieder einhundert reizende Laternen gebastelt. Für 25 glückliche Gewinner flimmerte es daheim ab sofort farbig! Wer drei Fragen über Rundfunk- und Fernsehgeräte richtig beantwortete und einen nagelneuen Farbfernseher gewinnen wollte, der konnte am großen Grundig-Preisausschreiben teilnehmen und dann auf Fortunas Gunst hoffen. Das wollten genau 94.256 Einsender. Etwa 2500 Postkarten kamen allein aus dem Ausland (von Südafrika bis Brasilien). Ein Kind des Maria-GrundigHortes spielte die Glücksfee. Tatsächlich war ein Gewinner aus Fürth dabei.

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