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Für die Bevölkerung war das Rednitz-Flussbad wegen zu großer bakterieller Verunreinigung gesperrt. Probleme bereiteten aber die Kinder, die unter der Siebenbogenbrücke und an anderen Stellen außerhalb des Flussbades wild badeten. Für die Badefreaks ein gefährliches Vergnügen. Ein 42-jähriger Bäckergehilfe wollte aus dem Leben scheiden. Er schüttete um Mitternacht Heizöl auf das Kopfsteinpflaster vor der Auferstehungskirche, zündete es an und stellte sich in die züngelnden Flammen. Polizisten des gegenüberliegenden Polizeipräsidiums konnten ihn jedoch retten. Dienstag, 27. Mai 1969 Das 15. Internationale Pfingstsportfest des TV Fürth 1860 brachte trotz kalter Witterung eine Flut von Jahresbestleistungen. Der Sprinter Gerd Wucherer (TSV 1860 München) erzielte dabei 10,3 Sekunden über die 100 m. Einige Sprinter starteten diesmal in speziell für Tartanbahnen entwickelten „Bürstenschuhen“. Bei einer der zahlreichen Siegerehrungen brach das Ehrenpodest zusammen. 2000 Zuschauer, darunter auch OB Scherzer, verfolgten amüsiert das Missgeschick. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Die Operette „Im Weißen Rössl“ von Ralph Benatzky, u.a. mit Ditta Diesl, Käthe Klarwein, Sonja Knittel, Kurt Huemer, Karl Mikorey, Pavel Mirov Rudolf Rock und Georg Nowak. Die Pfingstausgabe der FN enthielt insgesamt 39 ganze Seiten mit Anzeigen zu Stellenangeboten! Mittwoch, 28. Mai 1969 Ein großer Stein auf seinem Feld störte einen Landwirt aus Höfles schon lange. Immer wieder blieb er mit seinem Pflug daran hängen. Kurzerhand zog er den Stein mit Hilfe einer Kette heraus und staunte nicht schlecht, als er plötzlich vor einer scharfen englischen Fünf-Zentner-Bombe stand. Sprengmeister Hesse entschärfte die Bombe. Eine 32-jährige Hausfrau aus Fürth, Mutter von sechs Kindern, sollte für vier Wochen ins Gefängnis, weil sie in einem Nürnberger Kaufhaus einen Kinder-Anorak im Wert von 15 DM gestohlen hatte. Die Frau legte Einspruch gegen den schriftlichen Strafbefehl ein. Ihr kam jetzt die neue Strafrechtsreform zu Hilfe. Strafen unter sechs Monaten wurden nicht mehr vollstreckt. Sie wurde vor Gericht mit einer Geldstrafe „bedient“. Die SpVgg nahm ihren zweiten Spieler für die neue Saison unter Vertrag. Vom SV Werder Bremen kam der 29jährige Mittel- und Außenstürmer Rolf Schweighöfer für zwei Jahre an den Ronhof. Der gebürtige Schweinfurter wollte wieder in die Nähe seiner Heimat zurück. Donnerstag, 29. Mai 1969 Es gab sie immer noch: die Stadtteil-Entrümpelungen. Ob Omas Sofa, das alte Ofenrohr oder der sperrige Kohlenkorb. Zum festen Termin fuhr die städtische Müllabfuhr alles weg, damit die Müllzerkleinerungsanlage in Atzenhof ihre tägliche Mahlzeit hatte. Als weitere Neuverpflichtung meldete die SpVgg Torwart Laabs vom VfL Neckarau. Der 24-jährige Torhüter unterschrieb für zwei Jahre. In einem Fußball-Freundschaftsspiel trennte sich die Mannschaft der SpVgg vom A-Klassenmeister MTV Fürth mit 2:2. Die Tore für die SpVgg schossen Tauchmann und Stolle. Freitag, 30. Mai 1969 Der Grieche Diogenes von Sinope war dagegen nur ein kleines Licht: Zwischen Friedhofsteg und Ludwigsbrücke lebte seit vielen Wochen „der König der Gammler“. Der um 1900 geborene Anton Koricki aus Kattowitz hatte als Tippelbruder wohl schon mehr als 50.000 km zurückgelegt. Seit 1938 war er schon im „goldenen Westen“. Wenn es Winter wurde, zog er zu Fuß nach Südfrankreich. Die Fürther versorgten das für einige Zeit im Fürther Wiesengrund unter einer Weide schlafende Original mit Nahrung, Bier und Zigaretten. An der Kreuzung Fürth-Süd tat sich Gewaltiges: Die erst vor einigen Jahren erweiterte und mit Ampelanlagen bestückte Kreuzung wurde für 1,8 Mio DM erneut umgebaut. Dabei fielen einige hässliche Kurven weg und der Anschluss an die ausgebaute Schwabacher Straße wurde baulich großzügig hergestellt. Samstag, 31. Mai 1969 Die Fürther trauerten dem geschlossenen Eingang Badstraße nach. Zum Sommerbad am Scherbsgraben mussten sie jetzt, aus der Altstadt kommend, an dem alten Kassenhaus links vorbei über eine neue Rednitz-Brücke bis zum offiziellen Kasseneingang am Scherbsgraben an einem Drahtzaun entlang pilgern. Ein ganz schöner Umweg. Kein Wunder, dass sich auf dem Weg dorthin im Maschenzaun immer mehr „Schlupflöcher“ auftaten. Als vierter Neuling unterschrieb der 25-jährige Außenstürmer Detlev Rice einen Zweijahresvertrag bei den Kleeblättlern. Der ursprünglich für Rüsselsheim spielende Vollblutfußballer war zuletzt für den mexikanischen Proficlub Necaxa aktiv. Die SpVgg musste erstmals eine geheim gehaltene Ablösesumme löhnen. Die SpVgg gewann ein Freundschaftsspiel anlässlich der 75-Jahrfeier des A-Klassisten TSV Langenzenn mit 6:0. Die Tore für Fürth erzielten Perras (2), Tauchmann, Kamp, Ebenhöh und Marchl.

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