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Seit vielen Jahren hatte Fürth endlich wieder einen „Hundertjährigen“ in der Stadt. Konrad Kübler feierte im Altersheim an der Stiftungsstraße den 100. Geburtstag. 50 Jahre arbeitete er im gleichen Betrieb als Magaziner, so nannte man damals einen Lagerverwalter. Der Jubilar wohnte lange Zeit am Königsplatz. Bis vor einem halben Jahr machte er im Altersheim sein Bett noch selbst, die Zeitung las er täglich. Er erinnerte sich noch an einen Bauernhof an der Badstraße sowie an einen Pfarrgarten in der Altstadt. Mittwoch, 16. Juli 1969 Das Fürther „Theater-Kuratorium“ schlängelte sich von der Bühne über den Orchestergraben bis hinauf in den zweiten Rang des Fürther Stadttheaters. Man wollte mit eigenen Augen die Misere der baulichen Unzulänglichkeiten sehen. Aufgrund eines Schulversuchs erlaubte das bayerische Kultusministerium Schülern der Oberklassen auch an Fürther Gymnasien, sich ab September 1969 bis zu drei Tagen selbst entschuldigen zu dürfen, sofern die Eltern damit einverstanden waren. Man wollte damit der Erziehung zur „demokratischen Selbstverantwortung der Schüler“ Rechnung tragen. Bei Kanalarbeiten in der Hardstraße stürzten Erdmassen zusammen und verschütteten einen 18-jährigen Bauarbeiter bis zum Hals. Nur unter schwierigsten Bedingungen in viereinhalb Metern Tiefe gelang es Bauarbeitern, Polizei, Feuerwehr, Sanitätern und Ärzten nach zweistündiger Bergungsarbeit den jungen Mann zu befreien. Stets nachrutschende Erdmassen erschwerten die lebensgefährliche Rettungsaktion. Donnerstag, 17. Juli 1969 Zwei Fürther Schüler im Alter von 12 bzw. 13 Jahren raubten in Wild-West-Manier Kinder aus. Während einer die Kleider das Opfer nach Bargeld durchsuchte, drohte der andere mit einem Messer. Erst nach mehreren Überfällen konnte die Polizei die jungen Tunichtgute festnehmen. Rückwirkend zum 1. April 1969 war „Schulschwänzen“ ab sofort keine Übertretung mehr, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit. Damit wollte man die Polizei entlasten. Rektorate meldeten jetzt die Schwänzer und ihre unentschuldigten Fehltage den Verwaltungsbehörden der Städte oder Kreise, diese belegten dann die Betroffenen mit Geldbußen. Wurde dagegen Einspruch eingelegt, kam es zu einer Verhandlung mit einer Entscheidung durch den Richter. Freitag, 18. Juli 1969 Der 51-jährige Karl Hauptmannl, Senator, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Vorstandsmitglied des Landesbezirks Bayern des DGB, berufsmäßiger Stadtrat für Schule, Kultur und Sport und Vorsitzender der SpVgg Fürth, wurde von seiner Partei SPD zum Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters gewählt. Er erhielt 125 von 129 Stimmen in der Delegiertenversammlung. Der gebürtige Sudetendeutsche legte 1938 die Lehramtsprüfung ab, war ab 1945 in Rothenburg als Schulleiter tätig, 1950 als stellvertretender Schulleiter in Cadolzburg und von 1958 bis 1964 als Rektor an der Volksschule in Stadeln. Einer seiner Söhne wurde später Polizeipräsident von Mittelfranken. Endlich: Burgfarrnbachs Jugend durfte sich in der Sommerhitze jetzt in die eigenen kühlen Fluten stürzen. Das nicht besonders tiefe, aber blitzsaubere Wasser sorgte sofort für mächtiges Getümmel in der Plansch-Arena. Vergessen die vieldiskutierten schnöden 155.000 DM Kosten, Burgfarrnbachs Kinder waren jetzt einfach nur nass und selig. Viel Geschnatter auf der neu angelegten Liegewiese. Ausgerechnet in das Dienstzimmer des Polizeiwachleiters stieg ein Betrunkener durch das Fenster ein. Mehrere Polizisten des Polizeipräsidiums mussten den tobenden 43-jährigen „Einbrecher“ in der Zelle ausnüchtern. Im Filmprogramm zur Monatsmitte u.a.: „Jagdszenen aus Niederbayern“ (Admiral), „Technik der körperlichen Liebe“ in der 3. Woche (Bambi), „Django – nur der Colt war sein Freund“ (City) sowie „Die Cadillacbande“ (Park). Samstag, 19. Juli 1969 Tödlicher Badeunfall in der Rednitz: Ein 16-jähriger Auszubildender aus der Fürther Kaiserstraße ertrank beim wilden Baden im Fluss in der Nähe der Dambacher Brücke. Er starb an akutem Herzversagen. Die Stadt wies über die Presse nochmals auf das absolute Badeverbot im Fluss hin. Auf dem Waldsportplatz des TV Fürth 1860 veranstalteten die drei Fürther Gymnasien ihr gemeinsames Sportfest. Die beiden Fußball-Mannschaften von Hardenberg und Schliemann schenkten sich trotz stechender Sonne nichts. Die „Hardenbergler“ gewannen mit 3:0, worauf deren Sportlehrer OStR Swoboda seinem Team eine saisongemäße Prämie in Form von fünf Maß Bier spendierte. Der Kanuclub Fürth an der Weiherstraße hatte seine Stagnation der letzten Jahre überwunden. Seit zwei Jahren gab es wieder Nachwuchs. Der Club verfügte über 80 Boote. Befahren wurde die Rednitz meist zwischen Dambacher Brücke und dem Wehr an der Förstermühle. Das circa 2000 qm große städtische Gelände war geteilt: Am schattigen Flussufer residierte der Kanuclub, vorne an der Straße standen viele Jahre lang die Wohnwagen der Landfahrer, wie die Zigeuner im offiziellen Behördendeutsch hießen.

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