Den Strauß übergab man dem Begleitpersonal des Zuges. (Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf!) Die Fürther Prominenz zog gähnend wieder ab und legte sich sicher noch einmal zu Bett. Die Direktleitung zu den Tiefbrunnen bei Allersberg bestand ihre erste große Bewährungsprobe: Die augenblickliche Rekordhitze konnte den Wasserverbrauch beim Autowaschen und Rasensprengen nicht einschränken. In den Ortschaften rund um Fürth wurde dagegen das Wasser schon knapp. Der Stadtrat debattierte mehr als zwei Stunden über das Theater-Gutachten. War es die große Hitze oder das Interesse am Objekt, es gab jedenfalls doppelt so viele Meinungen wie Lösungsvorschläge. Eine Entscheidung über den Theaterumbau verschob der Stadtrat daher in den Herbst. Samstag, 26. Juli 1969 In einem Leserbrief an die FN beschwerte man sich über die vernachlässigte und verschmutzte Anlage hinter der Frauenschule an der Flößaustraße. Die ehemals gepflegte Grünfläche war laut Verfasser zum Hunde-Abort verkommen. Hugo Steudtner, bisher am Hardenberg-Gymnasium tätig, wechselte als stellvertretender Schulleiter zum HeleneLange-Gymnasium. Er galt als hochqualifizierter Pädagoge, hatte der Neusprachler doch 1952 sämtliche Prüfungen mit der Note „sehr gut“ abgelegt und unter 89 Bewerbern der Fächerverbindung Englisch/Französisch die Platzziffer eins erhalten. Montag, 28. Juli 1969 Hochsommerliches Wetter sorgte für ein heißes Wochenende. In Fürth wurden 32 Grad Celsius gemessen. In SpaFrancorchamps musste ein Autorennen abgesagt werden, weil es zum Starten zu heiß war. In den Schaufenstern des Einzelhandels hieß es jetzt „Vorhang auf“, denn es startete für zwei Wochen der Sommerschlussverkauf mit außergewöhnlich günstigen Einkaufsmöglichkeiten. Neuester Gag: Öffnung der Geschäfte ohne eine Möglichkeit des Kaufs am Samstagnachmittag, nur zum Schauen und Prüfen. ARO bot in der Filiale Ecke Hall- und Moststraße selbstklebende Teppichfliesen aus 100% Nylon zu 10,80 DM je qm an, Richtige Teppichböden von der Rolle aus Nylon mit Waffelrücken gab es dort für 19,80 DM je qm. Die SpVgg erreichte im Intertoto-Cup beim Wiener SK ein 2:2-Unentschieden. Die Kleeblättler standen in der Tabelle damit vor dem Gruppensieg, der 10.000 Schweizer Franken einbringen würde. Die beiden Fürther Treffer erzielte Ondera. Dienstag, 29. Juli 1969 24 Stunden nach dem Tod eines Extrem-Kletterers in der Eiger-Nordwand gelang den Nürnberg/Fürther Brüdern Armin und Hartwig Erdenkäufer unweit davon die Bezwingung einer der schwierigsten Alpenwände in den Grandes Jorasses bei Chamonix. Die Einzelhändler Fürths staunten: Trotz einer tropischen Hitze begann der Sommerschlussverkauf insgesamt ungewöhnlich lebhaft. Schon zu früher Morgenstunde strömten die Käufer in die Geschäfte. Vor allem die Landbevölkerung nutzte die günstigen Angebote. Studiendirektorin Dr. Käthe Maas vom Helene-Lange-Gymnasium wurde von Stadtschulrat Senator Hauptmannl aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet. Die allseits beliebte und hochverdiente Pädagogin unterrichtete seit 1939 an der Tannenstraße. Ihr Ehemann Robert Maas, ebenfalls Lehrer am HeleneLange-Gymnasium, war ein Jahr vorher in den Ruhestand getreten. Beide Pädagogen wurden während ihrer langjährigen Tätigkeit von den Schülerinnen geliebt und von den Kollegen geschätzt. Mittwoch, 30. Juli 1969 Der Fürther Ex-Bundeskanzler Dr. Ludwig Erhard wurde wegen Geschäfts- und Rufschädigung auf Zahlung von vier Millionen DM verklagt. Klägerin war die amerikanische Firma Bauer International (ebenfalls aus Fürth stammend), für die Erhard nach seinem Rücktritt als Regierungschef einige Zeit gegen ein Gehalt von jährlich 64.000 DM tätig war. Im Frühjahr hatte sich Erhard von diesem mit Fleisch, Geflügel und Fetten handelnden Konzern getrennt, weil der Konzern dubiose Börsengeschäfte unter Berufung auf den Altkanzler tätigte. Für Nürnberg/Fürth reichte die Hitzewelle zu einem einsamen Rekord: Noch nie war es sieben Tage lang so heiß. Täglich wurden über 30 Grad im Schatten gemessen. Erst ein Unwetter brachte jetzt etwas Abkühlung. Das Fürther Stadtschulamt bot in den Ferien nun schon zum dritten Mal eine Kinderbetreuung für zu Hause gebliebene Kinder an. Vormittags und nachmittags tummelten sich die Schüler auf dem Humbser-Sportplatz neben dem Fürther Stadtpark. Wie immer standen geschulte Fachlehrer zur Verfügung. Mitunter kamen auch „Späher“ der Sportvereine, um aus der Schar der Ferienkinder talentierte zukünftige Sportstars herauszupicken. Die „Deutsche Tafelglas AG“ (Detag) mit dem Verwaltungssitz in Fürth genehmigte ihren Aktionären wieder 16% Dividende. Im Vergleich zum Vorjahr erwartete man eine Geschäftsausweitung um circa 10%. Ehrenbürger Dr. Kilian schied nach 40 Arbeitsjahren aus dem Vorstand aus.
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