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Samstag, 20. September 1969 Die Nürnberg-Fürther Spielwarenindustrie produzierte bereits auf Hochtouren für das Weihnachtsgeschäft. Die Betriebe verfügten über eine exzellente Auftragslage, wobei die Nachfrage nach Modelleisenbahnen und Autorennbahnen als besonders lebhaft bezeichnet wurde. Die Fürther NPD beantragte bei der Regierung von Mittelfranken die Aufhebung der dringlichen Anordnung der Verteilung der Plakatflächen. Man forderte sofort für alle Parteien gleiche Plakatierungsflächen und nicht die Fürther Unterscheidung nach großen und kleinen Parteien. Wenig Erfolgsaussichten angesichts des nahen Wahltermins. Ein 31-jähriger Stukkateur wurde lebensgefährlich verletzt, als vom 10. Stock eines Hochhaus-Neubaus an der Wolfringstraße am Espan eine Gerüststange herabfiel und den Arbeiter am Kopf traf. Der Bewusstlose wurde sofort ins Krankenhaus gebracht. Der Verletzte starb Tage später an dem offenen Schädelbruch. Bundesgesundheitsministerin Käte Strobel sprach im „Grünen Baum“ bei einer SPD-Wahlversammlung zu Frauen und Rentnern. Sie setzte sich vehement für Vorsorgeuntersuchungen von Geburt an bis zum Alter ein. Einen Zwang zu Vorsorgeuntersuchungen nach der Schulzeit lehnte sie jedoch ab. Etliche Altstadtbewohner seufzten seit Jahren: „Mir werns nimmer erlebn!“. Sie meinten damit die Sanierung ihres Altstadtviertels rund um den Gänsberg. Jetzt aber kamen die Altstadt-Hausbesitzer schon von sich aus auf die Stadt zu, um ihre maroden Häuser zum Kauf anzubieten. Der Anlauf zur Sanierung gewann eine neue Eigendynamik. Die Stadt Fürth war jetzt schon im Besitz von mehr als der Hälfte aller betreffenden Grundstücke. 40 Uralt-Häuser waren schon abgebrochen und über 500 der baulich seit Jahrhunderten dort wohnenden Familien „umgesiedelt“, überwiegend in Neubauwohnungen auf der Hardhöhe oder der Schwand. Probleme bereiteten aber immer noch die Unterschiede zwischen den Mieten für die windschiefen Altstadtbruchbuden und den schicken Neubauwohnungen. Montag, 22. September 1969 Die Wahlkampfkundgebung der NPD auf der Fürther Freiheit geriet zur Pleite: Die NPD-Kandidaten Feitenhansl und Dr. Pöhlmann kamen kaum zu Wort. Sie wurden von den zahlenmäßig viel stärker vertretenen NPD-Gegnern unentwegt mit „Sieg-Heil“-Rufen niedergeschrien. Als auch die Pfeifkonzerte sowie der Krach belfernder Knallfrösche nicht enden wollte, suchten die Redner schnell das Weite. Eine große Anzahl NPD-eigener Sicherheitsleute hatten größte Mühe, den Wall der Schutzgitter gegen die Demonstranten zu halten. Jahrelang warf man der deutschen Jugend politisches Desinteresse vor, jetzt kam es zu einer Flugblattaktion gegen die NPD, konzipiert und verteilt von der Jugend Fürths. 3000 Flugblätter wurden so an „den Wähler gebracht“. Am 22. September 1894 fanden sich in Unterfürberg 24 Männer zusammen, um eine „Freiwillige Feuerwehr“ zu gründen. Jetzt beging man das 75-jährige Jubiläum mit 35 Aktiven. OB Scherzer ehrte acht „Getreue“, die 60, 50 oder schon 40 Jahre in selbstloser Bereitschaft den Dienst am Nächsten verrichteten. Der Flugtag des Aero-Clubs lockte einige tausend Bürger aus Fürth und Umgebung nach Seckendorf. Ob Trudeln einer „Zlin 526“ im Flachkreisel oder Loopings mit dem Segelflieger, Fallschirmspringen aus nur 80 m Höhe oder die Heulgeräusche einer Düsenmaschine (Lear Jet), die Zuschauer waren von den Leistungen der Luftartisten gefesselt. Die Zeit verging „wie im Flug“. Wieder einmal schlug die Pokalstunde des Kleeblatts: In der DFB-Pokalrunde schied die SpVgg bei Bayern Hof aus dem Wettbewerb. Erst in der Verlängerung verlor man klar mit 0:4. Dienstag, 23. September 1969 Die Aussteller würden heute vereinsamen, aber damals war der Andrang groß: In den Humbserbräu-Gaststätten in der Friedrichstraße kam es zum großen Fischzug nach kleinen Fischen. Die Fürther „Fischbörse“ lockte Aquarienund Terrarienfreunde aus der gesamten Umgebung an. Dort deckte man sich mit allem ein, was in den langen Herbst- und Wintermonaten die Zeit zu vertreiben half. Das Restaurant „Langmann“ unweit des Fürther Stadttheaters warb unter neuer Leitung in Anzeigen um Besuch. Warme Küche bis 23 Uhr wurde garantiert. Einige hundert Fürther kurvten am Sonntag ab 7.30 Uhr durch den nördlichen Landkreis. Der Radsportclub Fürth hatte zum „Volksradfahren“ geladen. 280 Teilnehmer fuhren um Medaillen – gemächlich, ohne Drang nach Stoppuhr oder Rückennummer. Dabeisein war die Hauptsache. Die Fürther Stadtmeisterschaften der Reiter fanden auf der neuen Anlage des Reitvereins St. Georg statt. Es war eine Art „Familienwettbewerb“, denn es waren nur neun Reiter mit 32 Pferden zu den Wettbewerben in der Dressur sowie im Springreiten gekommen. Den Höhepunkt bildete das Jagdspringen in der Klasse L/M, das Arnulf Rada auf Calvados gewann. Ihm folgten Georg Weißfloch auf Hella und Klaus Mielsch auf Kalif. Mittwoch, 24. September 1969

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