feierlicher Prozession zu vielen Hunderten durch die geschmückten Straßen der Fürther Südstadt zu ziehen. Ein 22-jähriger Zigeuner von der Schwand vergewaltigte eine 75-jährige ledige Rentnerin in deren Wohnung. Der Landfahrer hatte sich als Scherenschleifer ausgegeben, daraufhin hatte ihn die Kronzeugin eingelassen. Jetzt wurde der Täter zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Vor Gericht hatte er sich damit gebrüstet, dass die 75jährige noch Jungfrau war. Samstag, 12. Juni 1971 Die größte und modernste Abfüllstraße der Welt wurde gegenwärtig im Flaschenkeller der Fürther Großbrauerei Humbser-Geismann installiert. Dazu musste die Gebäudemauer sechs Meter aufgerissen werden. Die vollelektronische Mammutanlage wog 27 Tonnen. Die Füllleistung betrug stündlich 72.000 Flaschen (jede Sekunde ein Kasten!). Die zum Schickedanz-Konzern gehörende Brauerei legte dafür 3,5 Mio DM auf den Tresen des Hauses. Damals konkurrenzlos in der Metropolregion. Immer mehr Menschen verdankten einem kleinen Apparat ihr Leben. Nun verfügte auch das Fürther Stadtkrankenhaus über eine künstliche Niere. Das Dialysesystem war denkbar einfach, aber teuer und zeitaufwendig. Manche Fürther Patienten waren schon über 500 Mal in Nürnberger Krankenhäusern zum Blutaustausch. Die Kosten gingen in die Hunderttausende, aber gottlob waren die gesetzlichen Krankenkassen zur Bezahlung verpflichtet. OB Scherzer und Vertreter Dr. Stranka wagten sich in „die Höhle des Löwen“ in Form der Versammlung des Nordöstlichen Vorstadtvereins. Kaum angekommen, wurden sie schon mit den Klagen der Anwohner konfrontiert. Hauptsorge galt der Vergrößerung der Pestalozzischule: Die Volksschule wuchs jährlich um eine Klasse! Außerdem musste die Ortsdurchfahrt Poppenreuth dringend ausgebaut werden. Angesichts leerer Stadtkassen sicher kein Heimspiel für die Stadtspitze. Montag, 14. Juni 1971 Die Fürther Stadtmeisterschaften der Handballer verliefen 1971 ohne große Überraschungen. Bei den Herren, der Jugend und den Schülern setzte sich jeweils die SpVgg souverän durch, der ASV bei den Damen. MTV und TV Fürth 1860 waren diesmal nur Punktelieferanten. Dienstag, 15. Juni 1971 Der Fürther Stadtrat ging auf „Betriebsausflug“! Zwei Bürgermeister, vier Referenten, 24 Stadträte, 26 Gattinnen und ein Stadtratshund feierten im österreichischen Hollersbach eine zweitägige Idylle. Über alle U-Bahn-Abgründe und Parteigrenzen hinweg testeten die Kommunalpolitiker mehrfach ihre Obstler-Standhaftigkeit. Die Kleingartenfreunde „Am Kavierlein“ feierten ihr 25-jähriges Bestehen. 1946 hatte man begonnen, aus dem Urwaldgelände eine Gartenkolonie zu schaffen. Aus der Not geboren, wurde vor allem Gemüse angebaut. Stück für Stück entstand über die Jahre ein Ort familiärer Erholung. Heute ist das Gelände eine Hängepartie: Keine Kleingärtner mehr, aber Projektmanager mit Ideen vom Thermalbad über Hotel-Bürolandschaften bis hin zu Wohnblöcken geben sich die Klinke in die Hand. Als Übergangsnutzung dient das Gelände heute als Dino-Park. Mittwoch, 16. Juni 1971 Eine 58-jährige Fürther Hauseigentümerin wurde in ihrem Anwesen Keplerstraße 58 im Heizungskeller brutal niedergeschlagen. Auf Hilferufe hin wurde sie von der Polizei mit einem Schädelbruch aufgefunden. Der Täter, ein 25-jähriger Versicherungsvertreter aus der Nachbarschaft, war zunächst flüchtig, konnte am nächsten Tag jedoch in Konstanz am Bodensee festgenommen werden. Der Fahrzeugpark der Fürther BRK-Sanitätskolonne bekam Zuwachs. OB Scherzer übergab das „neunte“ Fahrzeug seiner Bestimmung. Der nach modernsten Gesichtspunkten ausgestattete Wagen kostete 16.500 DM. Die Finanzierung sicherte ein „heimlicher“ Gönner der Stadt. Die neue Poppenreuther Brücke über die Schnellstraße nach Erlangen wurde zumindest halbseitig jetzt für den Verkehr freigegeben. Lange Gesichter beim Verein der „Freunde des Fürther Theaters“: Für die während der Umbauphase vorgesehene Übergangsvariante mit der mehrfachen Bespielung des Berolzheimerianums meldeten sich nach Ablauf der Eintragungsfrist nur 107 Interessenten – für die voraussichtlichen Gastspielkosten viel zu wenig. Also: Fristverlängerung. Donnerstag, 17. Juni 1971 Das Auftreten des Würzburger Laienspielkollektivs in der MTV-Grundig-Halle hatte ein Nachspiel im Fürther Stadtrat. Vertreter der CSU-Fraktion empörten sich über die drastischen Vokabeln aus dem Fäkal- und plastischen Demonstrationen aus dem Sexualbereich. Dabei hatten sogar die weiterführenden Schulen Fürths für den Besuch geworben. Nach Ansicht der Stadträte blieb der Jugendschutz hier auf der Strecke.
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