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Züchter, die in der Rinderrassenschau ausstellten, kamen aus Fürth. Bei den Bewertungen der Tiere durch oberbayerische Prüfer fühlte man sich aber seit Jahren benachteiligt. Donnerstag, 2. September 1971 Im Zeichen der antiautoritären Phase entstand in Fürth der erste „Kinderladen“. Sieben junge Elternpaare hatten angesichts übervoller Kindergärten zur Selbsthilfe gegriffen und die Betreuung ihrer zehn noch nicht schulpflichtigen Kinder selbst in die Hand genommen. Auf die Frage, ob sie sich als „engagierte Linke“ betrachteten, antworteten die Eltern nur mit Zurückhaltung. Mit Entschiedenheit wehrte man sich gegenüber der Presse, hier Kinder zu „Klassenkämpfern“ ausbilden zu wollen. Gegenüber geordneten Kindergärten wirkte der Kinderladen chaotisch. Ein Durcheinander von Matratzen, Autoreifen, Handwerkszeug, Joghurtbechern und herumtollenden Kindern empfing die Besucher. Spielvorschläge wurden unterbreitet, die Entscheidung lag bei den Kindern. Reichte die Tafel nicht aus, beschmierte man die Wand. Ziel: Eine möglichst repressionsfreie Erziehung. Eine erzieherische Ernsthaftigkeit war den Eltern nicht abzusprechen, aber irgendwie hatte man das Gefühl, dass die Kinder die Eltern erzogen. Sorgen bereiteten den Erziehungsberechtigten die Auflagen der Behörden. Die SpVgg musste sich in ihrem ersten Heimspiel im Ronhof vor 4000 Zuschauern gegen den SV Darmstadt 98 mit einem 0:0-Unentschieden zufriedengeben. Im Sturm konnte nur Heubeck überzeugen. Damit belegte man Platz elf der Tabelle. Freitag, 3. September 1971 Ergebnis einer Bürgerbefragung in Stadeln: Im Zuge der kommenden Gebietsreform beteiligten sich 72% der wahlberechtigten Stadelner daran. Danach lehnten 98,2% eine mögliche Eingemeindung nach Nürnberg oder Fürth ab. Nur 1,8% sprachen sich dafür aus. Eine geplante Fusion wurde nun bestätigt: Die Brauereien der Schickedanz-Gruppe sollten zu einer Großbrauerei verschmelzen. Einen Namen suchte man noch (später: „Patrizier“). Die einzelnen Braustätten sollten dabei ihren Namen und ihre Biermarken behalten. Ferner sickerte durch, dass die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank mit einstieg. Dabei hielt das Haus Schickedanz etwa 60% der Aktienanteile, die Hypobank 28%, der geringe Rest war Streubesitz. Der LAC Quelle im TV Fürth 1860 erhielt einen neuen Spartentrainer. Nachdem die Geher es schon zu internationalen Ehren gebracht hatten, verpflichtete der Verein mit Dr. Werner Hupfeld einen renommierten Trainer der Extraklasse. Im Fürther Filmprogramm zum Monatsbeginn u.a.: „Sex and Life Teil II“ mit Karin Götz und Rosy Rosy (Admiral), „007 – Feuerball“ mit Sean Connery und Claudine Auger (Bambi), „Shoot out – Abrechnung in Gun Hill“ mit Gregory Peck und Dawn Lyn (City) sowie „Kommissar X jagt die roten Tiger“ mit Brad Harris und Tony Kendall (Park). Samstag, 4. September 1971 Mit einer Plakataktion, die sehr ins Auge fiel, versuchte die Stadt Fürth alle Verkehrsteilnehmer auf den kommenden Schulbeginn hinzuweisen. Ein aufgemalter Dreikäsehoch mit Holzschwert und Dreiecksmütze aus Zeitungspapier mahnte die Autofahrer mit den Worten „Schulanfang: Rücksicht auf Kinder!“ Bei Schulbeginn erhielten alle neuen Schüler Fürths wie im letzten Jahr schon gelbe Mützen (Jungen) bzw. gelbe Kopftücher (Mädchen). Insgesamt verteilte die Fürther Verkehrswacht in der Stadt und im Landkreis Fürth 3300 Kopfbedeckungen. Fürth hatte noch immer mit seiner Bevölkerungsstruktur zu kämpfen. In kaum einer anderen Stadt der Bundesrepublik war der Anteil der unverheirateten und minderjährigen Mütter so hoch wie in der Kleeblattstadt. Ende 1970 gab es hier 1298 nichteheliche Kinder aller Altersstufen. 272 Väter waren unbekannt. Der überwiegende Teil davon entfiel auf Ausländer, die in ihre Heimat zurückgekehrt waren und für Alimente nicht mehr belangt werden konnten. Übrigens zahlten nur 57% der Väter regelmäßig und ausreichend ihre Alimente. Das Jugendamt hatte alle Hände voll zu tun, um die Forderungen durch Gehaltspfändungen oder Strafanzeigen geltend zu machen. Mit 14% lag Fürth bei der „Nichtehelichenquote“ in der Spitzenposition. Zum Vergleich: Bundesdurchschnitt 5%, Bayern 6,4%, Nürnberg 8,8%. Montag, 6. September 1971 Dekan Heckel weihte den Erweiterungsbau des Kinderhortes an der Gaußstraße ein. Dies war der erste FertigbauKindergarten in Fürth. Der Neubau hinter der Soldnerschule kostete 336.000 DM. Die evangelische Kirche zahlte 175.000 DM zur Bausumme, die Stadt Fürth 75.000 DM und steuerte das Grundstück bei, der Staat leistete einen Zuschuss von 50.000 DM. Die Bauzeit betrug etwas mehr als ein Jahr. Stadtmeister Fürths im Tennis wurde bei den Herren Peter Hüttig (Grün-Weiß), der im Finale Jungspund Gerd Rosenberger (SpVgg) niederkämpfte. Bei den Damen behielt die ehemalige Leichtathletin Christa Reichenberger (Grün-Weiß) dank ihrer Superkondition die Oberhand über Gudrun Wolfsgruber (SpVgg).

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