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Über 9000 Nürnberger und Fürther wollten gerne einen Telefonanschluss, doch nur knapp die Hälfte konnte damit rechnen, dass es 1971 bei ihnen klingelte. Zwar hatte man 1970 mehr als 21.000 Anschlüsse geschaffen, aber die Kapazitäten der Vermittlungsstellen waren ausgeschöpft und die Erweiterungen der Anlagen kosteten Zeit. Dazu kam, dass die Nachfrage unaufhaltsam weiter anstieg. Drangvolle Enge herrschte in den Fürther Spieloasen. Alle 23 Fürther Kindergärten hätten eigentlich wegen Überfüllung geschlossen werden müssen. Die durchschnittliche Überbelegung betrug nach einem Bericht des Fürther Sozialreferats 28%! Ein regelrechter „Kindergarten-Notstand“ herrschte in der Altstadt sowie im evangelischen Kindergarten an der Gaußstraße auf der Hardhöhe. Dort wurden 96 Kinder in Räumen betreut, die für maximal 47 Kinder konzipiert waren. Freitag, 29. Januar 1971 Das älteste Fürther Rundfunkfachgeschäft feierte sein 40. Geschäftsjubiläum. Der „Radio-Vertrieb“ am Beginn der Schwabacher Straße wurde im Januar 1931 in das Handelsregister der Stadt eingetragen, später als Fernsehteilnehmer Nr. 2 bei der Bundespost angemeldet. In den Fürther Reisebüros herrschte bereits im Januar ein Hochbetrieb, wie man ihn zu dieser Jahreszeit bisher noch nicht gekannt hatte. Die Buchungsziffern für Flugreisen im Sommer hatten sich im Vergleich zum Vorjahr schon mehr als verdoppelt. Aufs Geld kam es vielen Fürthern nicht mehr so an wie in den Vorjahren. Bevorzugt wurde Komfortunterbringung an den schönsten Ferienplätzen Europas, ehe das Angebot vergriffen war. Der Fürther Stadtrat legte nach: Aufgrund der unrühmlichen Haushaltssituation beschloss man auch noch eine Erhöhung der Pflegesätze für alle städtischen Altenheime zum 1. März 1971. Die Kostensteigerung betrug etwa 25%. Im Eltersdorfer Café Klessen trafen sich Faschingsprinzenpaare aus Fürth, Schwabach, Erlangen und Nürnberg, um vor dem Höhepunkt der Saison einen gemeinsamen „Schlachtplan“ auszuhecken. Das Großraum-Treffen koordinierte die wichtigsten Veranstaltungen in der Metropolregion. Samstag, 30. Januar 1971 Die Fürther Stadträte genehmigten erstmals gezielt „Geld für den Umweltschutz“. Es wurden 88.000 DM an überplanmäßigen Ausgaben für die Beseitigung von Straßenschmutz und Hausabfällen freigegeben. Auch wilde Müllkippen sollten mit dem Geld beseitigt werden. Das Gesundheitsamt der Stadt Fürth sowie etliche Schulen im Stadtgebiet öffneten zur zweiten Runde der neuen Schluckimpfung gegen die Kinderlähmung. Das mit dem Impfstoff beträufelte Zuckerstück nahm man nach dem Motto: „Schluckimpfung ist süß – Kinderlähmung ist grausam!“ Die alte Fürther Ludwigbrücke, benannt nach dem ersten Bayernkönig gleichen Namens, war nur noch ein Torso. Anstelle des abgebrochenen Mauerwerks entstand die zweite Hälfte der neuen Ludwigsbrücke als Stahlbetonbau. Die alte Ludwigbrücke war im Oktober 1840 nach sechsjähriger (!) Bauzeit ihrer Bestimmung übergeben worden, 1928 hatte man das Überführungswerk erweitert. In Fürth wurde es teurer, einen Durst zu haben. Die Wirte erhöhten zum 1. Februar ihre Preise für alle Biersorten. Die „Schallmauer“ von 1,-- DM für eine Halbe Bier wurde erstmals erreicht. Letztmals hieß es im Herbst 1968 „a Zehnerla mehr“. Theater auch während der Fürther theaterlosen Zeit des Umbaus: Der Verein der „Freunde des Fürther Theaters“ präzisierte das geplante Vorstellungsprogramm. Man bot den Fürthern Gastspiele in Erlangen an, lud zu zwei Opernaufführungen nach Nürnberg, organisierte eine Fahrt zum Münchner Gärtnerplatztheater und plante Freilichtaufführungen in Wunsiedel, Dinkelsbühl und Feuchtwangen. Montag, 1. Februar 1971 Der Fürther Fasching wurde heißer und luftiger: Der größte Maskenball fand in der MTV-Grundig-Halle statt, die Bäcker im Geismannsaal standen dem jedoch kaum nach. Stadtrat Albert Dörfler trat aus dem kommunalpolitischen Verein „Treu Fürth“ aus. Der Hardhöhenchef wollte nicht mehr die Interessen des „Fürther Blocks“ vertreten, als dessen Kandidat er vor viereinhalb Jahren gewählt wurde. Dörfler wollte ab sofort als parteiloser Stadtrat wirken. Mitglieder des Fürther Schul- und Kulturausschusses inspizierten das Berolzheimerianum vom Keller bis unters Dach. Aus der Besichtigung wurde eine „Sorgen-Auspack-Tour“. Der Zustand des ehemals jüdischen Stiftungsgebäudes musste als „katastrophal“ bezeichnet werden. Die meisten Räume strahlten RumpelkammerTristesse aus. Man verständigte sich darauf, VHS-Kurse nach dem Abschluss des Umbaus der Ottoschule in die dortigen Werk- und Fachräume zu verlegen. Erfreuliche Mitteilungen bei der Jahresversammlung der Arbeiterwohlfahrt Fürth-Süd: Die Zahl der Mitglieder vergrößerte sich um fast 25% auf 425, das Ergebnis der Frühjahrs- und Herbstsammlungen stieg von 8000 DM (1969) auf über 10.000 DM (1970). Im Zeichen eines noch anhaltenden Wirtschaftswunders zeigte man sich gerne großzügig. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Das Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist

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