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getrennten Gebäude auf dem Hof. Im Winter waren die Toiletten kaum benutzbar, denn sie waren meist eingefroren. Nur ein kleines „Öfelchen“ sorgte für eine unzureichende Mini-Temperierung. Der Schulleiter hatte den Zustand schon vor Monaten reklamiert. Die Stadt sah als einzige Verbesserung jedoch nur den Neubau der Toilettenanlage. Im Fürther Nordwesten wurde die neue Hans-Böckler-Straße für den Verkehr freigegeben. Sie verband die Espanstraße mit der Schnieglinger Straße. Für die aus Fürth kommenden Benutzer endete die Hans-BöcklerStraße vorläufig noch am Wetzendorfer Landgraben, da die Brettergartenstraße noch nicht ausgebaut war. Mittwoch, 17. November 1971 Der Stadtrat „on tour“. Die Fürther Stadtwerke führten den Vertretern des Stadtrats ihre neuesten Errungenschaften vor. Auf einer Omnibusfahrt erlebten die Stadtväter das klimatische Wechselbad zwischen steifer Brise am Fürther Hafengelände, der Bullenhitze im Fernheizwerk auf der Schwand und den elektrischen Feldern im neuen Umspannwerk an der Vacher Straße. Die Kommunalpolitiker wollten schließlich sehen, wie die von ihnen freigegebenen Mittel angelegt worden waren. Die beiden jungen Fürther Petra Lederer und Gerd Scherm gründeten mit der „Edition PEGE“ einen kleinen Selbstverlag. Es handelte sich dabei um die Herausgabe von bibliophilen Anti-Büchern wie „Handgehäkelt und gestrickt – ein Beitrag zur Emanzipations-Bestseller-Literatur“. Hugo Steudtner, bislang stellvertretender Schulleiter am Helene-Lange-Gymnasium und davor in gleicher Eigenschaft am Hardenberg-Gymnasium tätig, wurde rückwirkend zum 1. November zum Oberstudiendirektor des Albrecht-Dürer-Gymnasiums Nürnberg ernannt. Eine von Ehrgeiz geprägte Karriere fand ihren Abschluss. Freitag, 19. November 1971 Der Fürther Stadtrat beschloss mit großer Mehrheit die Renovierung des Stadttheaters im alten Stil. Gold und Samt sollten wie anno 1902 glänzen. Unter Abzug des Zuschusses des Landesamtes für Denkmalpflege in Höhe von 300.000 DM entstanden angeblich nur Mehrkosten von 111.757 DM. In der Fürther Blumenstraße blühte ein verborgener Ableger der Bonner Regierung: Die Bundesdienststelle des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bezeichnung „Bundeskonferenz für Erziehungsberatung“. Die Geschäftsführung lag bei Dr. Ernst Griesbach, einem renommierten Diplompsychologen. Der leitende Beamte, Oberinspektor Klaus Mielsch, beriet die Erziehungsberater im gesamten Bundesgebiet durch Herausgabe von Fachliteratur und Organisation von Fortbildungskursen. Kern der Fürther Erziehungsberatung war die Verhaltenstherapie von Problemkindern. Im Fürther Filmprogramm zur Monatsmitte u.a.: „Valdez“ mit Burt Lancaster und Susan Clark (Admiral), „Partnertausch und Gruppensex“ mit James Donelly und Bunty Garland (Bambi), „Le Mans“ mit Steve McQueen, Siegfried Rauch und Elga Andersen (City) sowie „Die im Dreck krepieren“ mit Franco Nero und Richard Johnson (Park). Samstag, 20. November 1971 Der Fürther Lehrergesangverein führte am Buß- und Bettag im Rahmen der Fürther Kirchenmusiktage Mozarts „Requiem“ in der St.-Heinrichs-Kirche auf. Der Kritiker in den FN attestierte Dirigent Otmar Ruhland eine konsequente Deutung der barocken Formvorbilder. Auch der Chor kam mit vorbildlicher Stimmsicherheit, das Ansbacher Kammerorchester mit leuchtender Akkordbreite gut weg. An der Händelstraße in Fürth-Dambach entstanden neue Eigentumswohnungen. Es wurden in mehreren Blocks 126 Einheiten (1-Zimmer zu 38,47 qm und 3-Zimmer zu 84,32 qm) gebaut. Der Preis pro Quadratmeter Wohnfläche betrug 1086 DM. Das Kaufhaus „bilka“ Ecke Schwabacher- und Maxstraße eröffnete ein 220 qm großes Selbstbedienungsrestaurant mit 130 Sitzplätzen. An modernsten Büfettanlagen sorgten 35 Mann ausgesuchtes Fachpersonal für das Wohl der Gäste. Montag, 22. November 1971 Die Fürther FDP-Fraktion verlangte im Stadtrat Einsparungen bei den Personalkosten, denn es war wiederum eine Steigerung von 5 Mio DM zu erwarten. Es entwickelte sich eine Redeschlacht um den Personalbereich. Rationalisierungsmaßnahmen griffen nicht, denn die Arbeitszeit hatte sich in den letzten Jahren von 48 auf 42 Stunden verringert, die neue städtische Real- und Handelsschule im alten Nathanstift benötigte viele neue Lehrer und die Tariflohnerhöhungen für den gesamten öffentlichen Dienst waren unumstößlich. Fazit: Wenig Entscheidungsspielraum. Dunkle Wolken über den Vororten, die eingemeindet werden sollten. Bei der Bürgerversammlung in Sack wurde Fraktur gesprochen. Dort glaubte der Bürgermeister, dass die Sacker Bauvorhaben (z.B. Grundschule und Kindergarten) sich „auf höhere Anordnung“ verzögerten. Andererseits gab es ja Stimmen, die zu schnellen hohen Investitionen rieten, da man im Falle einer Eingemeindung für die Schulden ja nicht mehr geradestehen müsse.

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