Samstag, 26. August 1972 Auf dem Fürther Rathausturm wehte jetzt die Olympiaflagge. Schließlich war Hausherr OB Scherzer NOK-Mitglied und Präsident des Deutschen Turnerbundes. Scherzer stand in München sogar eine „Hostess“ zu, er nahm jedoch seine Frau mit. Freunde rieten ihm, sich die Hostess doch wenigstens mal anzuschauen. Fürths Gastwirte, Bäcker und Einzelhändler waren auf ihre Mitmenschen sauer. Alle Jahre bekamen sie zu hören, dass die Kundschaft mit den Betriebsurlauben während der Ferienzeit nicht zufrieden war. Besonders in der Gastronomie hatten nur wenige Betriebe offen und so musste man oft lange auf seine Bestellung warten. Die Gastwirte hatten dafür kein Verständnis. Kaum jemand würde im Auslandsurlaub eine schleppende Bedienung wegen des großen Andranges monieren. Montag, 28. August 1972 Einen unerwarteten Ansturm auf Farbfernsehgeräte erlebte auch der Fürther Fachhandel in den letzten Wochen vor der Olympiade. Gekauft wurde in allen Preislagen, Schwarzweiß war überhaupt nicht mehr gefragt. Es gab auch Einzelhändler, die Farbfernsehgeräte für die Dauer der Spiele verliehen. Zum Rückkampf im Sommerbad am Scherbsgraben waren 30 Aktive des Schwimmclubs ASC Paisley nach Fürth gekommen. Den Vergleichskampf mit der SG Fürth gewannen die Schotten klar mit 229:163 Punkten. In den 25 Rennen erreichten die Fürther immerhin fünf Siege. Für die Segelflieger des „Aero Club“ Fürth kam eine neue Form des Urlaubs immer mehr in Mode: Die Flieger nutzten den ganzen oder einen Teil ihres Urlaubs, um sich mit Maschine und Campingutensilien für Tage oder Wochen zu fremden Plätzen aufzumachen, um von dort aus zu fliegen. „Segelwandern“ in Tirol oder im Rhonetal – der Wohlstand machte es möglich. Dienstag, 29. August 1972 Ein eingeführtes Fürther Fachgeschäft gab auf: Die „Offenbacher Lederwaren Edith Warnberg“ standen im Totalausverkauf, um anschließend für immer zu schließen. Viele Fürther hatten in dem Geschäft neben der Nordsee in der Schwabacher Straße 19 so manche Handtasche erstanden. Ein 57-jähriger Werksangehöriger der Grundig-Werke an der Dr.-Mack-Straße stürzte vom Flachdach eines Werksgebäudes. Bei Instandsetzungsarbeiten stolperte er über den Draht eines Blitzableiters und fiel 20 m tief auf ein Absperrgitter und starb noch an der Unfallstelle. Wer täglich von Dambach in Richtung Heilstättensiedlung fuhr, konnte sich schon mal freuen. Jetzt wurde nämlich die Verbindungsstraße zwischen dem TV Fürth 1860 und dem DJK Fürth gebaut. Die neue Straße zwischen Forsthaus- und Stauffenbergbrücke führte direkt am Kanal entlang. Die Fertigstellung war für 1973 geplant. Mittwoch, 30. August 1972 Das in Burgfarrnbach geplante Altenheim der Fürther Arbeiterwohlfahrt sollte zunächst 6.9 Mio DM kosten. In den beiden letzten Jahren nach der Planung erhöhten sich die Kosten infolge von Preissteigerungen um eine weitere Million DM. Mit der Baugenehmigung wurde jetzt zum Herbst gerechnet, damit war ein Baubeginn aber erst zum Frühjahr 1973 möglich. Der Papierkrieg mit den Behörden verteuerte das Objekt. Beim längsten Fußmarsch Europas von St. Margarethen (Schweiz) zu den Spielen der XX. Olympiade war auch ein Fürther dabei: Der 40-jährige Günter Rottler aus der Ammonstraße 3, erreichte München nach 240 km, ohne sich Blasen eingehandelt zu haben. Der Sportler hatte seine Füße stets mit Hirschtalg und Massagemilch eingerieben. Mit Rottler waren 1155 Teilnehmer am Start. Donnerstag, 31. August 1972 Der neue „Foto-Quelle“-Katalog erschien. Auf 68 Seiten bot man mehr als 700 Artikel zu Foto, Film und Optik an. Zahlreiche Artikel wurden im Preis gesenkt, manche bis zu 27%! Für 1972 rechnete Foto-Quelle mit etwa 250 Mio DM Gesamtumsatz. Fürths FDP nominierte mit Norbert Eimer ihren neuen Wahlkreiskandidaten für den Bundestag. Der 32-jährige Maschinenbauingenieur trat die Nachfolge des verstorbenen Dr. Albrecht Haas an. Nach dem Rücktritt Albert Dörflers als 1. Vorsitzender der SpVgg Fürth kochte die Gerüchteküche. Man munkelte, der gesamte restliche Sportpark Ronhof sollte verkauft werden, da die Schulden weiter angestiegen waren. 2. Vorsitzender Dr. Röllinger und 3. Vorsitzender Liebold sahen sich genötigt, über die Presse zu erklären, dass ein Verkauf nicht zur Diskussion stand. Dr. Adolf Schwammberger, Archivdirektor i.R., früherer Leiter des Fürther Stadtarchivs und Vorsitzender des größten bayerischen Geschichtsvereins „Alt-Fürth“, erhielt für seine Verdienste das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Freitag, 1. September 1972
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