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Dem Personal auf den Bahnhöfen stockte der Atem: Zwei US-Soldaten saßen während der Fahrt auf den Puffern des D 2015. In Fürth kam es deshalb zu einem unprogrammgemäßen Halt. Die Soldaten versuchten zu flüchten, wurden aber gestellt. Sie gaben an, bei der Olympiade in München alles Geld ausgegeben zu haben. Per Anhalter waren sie bis Nürnberg gekommen, wählten aber nun „railroad-tramping“, weil sie bis 24 Uhr bei ihrer Einheit in Schweinfurt zu sein hatten. Sie wurden der MP übergeben. Fürth besaß mit der Zweigstelle der Landeszentralbank (LZB) in der Rudolf-Breitscheid-Straße eine eigene „Währungspolizei“. Die Fürther LZB fungierte in erster Linie als Bank der Banken. Sie versorgte die Geschäftsbanken mit den benötigten Banknoten und Münzen. Beschädigtes oder falsches Geld wurde dabei aussortiert. Zum Einzugsbereich der Fürther LZB-Zweigstelle zählte die Stadt Fürth, die Landkreise Fürth, Neustadt/Aisch und 80% des Landkreises Scheinfeld. Jede der 26 Banken dieses Einzugsbereichs unterhielt ein Girokonto bei der LZB, worüber die Zahlungsströme abgewickelt wurden. Freitag, 8. September 1972 Das Land Bayern hatte im ersten Quartal 1972 ein Geburtendefizit von 463 Personen zu verzeichnen. 1970 ergab sich – jeweils auf 1000 der Bevölkerung – im Landkreis Fürth ein Geburtenüberschuss von 2,1 (1960: 7,8), d.h. 12,9 Lebendgeborenen standen 10,8 Sterbefälle gegenüber. In der Stadt Fürth wurde ein Geburtendefizit von 3,4 bei 10,1 Lebendgeborenen und 13,5 Sterbefällen verzeichnet. In den neuen Stadtteilen Sack und Vach wurde jetzt eine Flurbereinigung bei den Straßennamen durchgeführt. Um Verwechslungen mit gleichen oder ähnlichen Straßennamen in Fürth zu vermeiden mussten in Sack 13 und in Vach 19 Straßen neu benannt werden. Dabei wurde Fauna und Flora stark bemüht. Das traditionsreiche Speiselokal „Langmann“ in der Königstraße 128 wurde nun von einem chinesischen Pächter geführt. Familie Hu versprach deutsche Küche und chinesische Spezialitäten. Samstag, 9. September 1972 Die israelische Kultusgemeinde in Fürth empfing aus weiten Kreisen der Bevölkerung Beileidsbekundungen zum Tod ihrer Landsleute bei dem Attentat in München. OB Scherzer kondolierte bei Jean Mandel persönlich für die Stadt. Dekan Heckel überreichte elf Chrysanthemen im Namen des Evangelisch-Lutherischen Dekanats. Viele Bürger gaben Blumengebinde ab. In der Synagoge der heutigen Hallemannstraße fand eine Seelengedenkfeier statt. Im August 1972 wurden auf Fürther Stadtgebiet 193 Verkehrsunfälle amtlich registriert. Dabei kam eine Person ums Leben, 73 wurden verletzt, von denen 24 ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Freitag war der unfallhäufigste Tag, die geringste Zahl an Unfällen wurde an Sonntagen gemeldet. Am Beginn der Vacher Straße, nahe der Billinganlage, entstand eine große neue Wohnanlage. Daneben wuchs ein zweigeschossiges Garagengebäude in die Höhe, das 70 Stellplätze aufwies. In der lokalen Presse mokierte man sich über die Hässlichkeit dieser Sammelgarage in Sichtbetonweise. Man sprach von einem „Betonbunker mit Schießscharten“. Kaum zu glauben, dass das Garagengebäude von einem leibhaftigen Architektur-Professor entworfen wurde. Montag, 11. September 1972 Das Stadtjugendamt zog eine erfreulich positive Bilanz: Das erstmals in der Kleeblattstadt ausgearbeitete Ferienprogramm stieß auf begeisterte Zustimmung bei den Jugendlichen. Favoriten waren Ausflüge, sportliche Aktivitäten und erstaunlicherweise Kochkurse. Die Gaststätte „Grüner Bräu“ an der Freiheit 12 (Ecke Bahnhofstraße) bot täglich ein Menü zu 4,90 DM. Zu diesem Preis erhielt man z.B. Nudelsuppe, Berliner Eisbein mit Kraut und Püree sowie Obstsalat als Dessert. Die SpVgg gewann ein Freundschaftsspiel beim ASV Herzogenaurach mit 3:1. Tore für Fürth durch Pieper (2) und Perras. Dienstag, 12. September 1972 Durch einen überspringenden Funken einer Tiefdruckmaschine geriet bei der Firma Blattgold-Kurz feuergefährliches Beschichtungsmaterial in Brand. Die Flammen griffen sofort auf die ganze Maschine über und weitere in der Nachbarschaft „angesengt“. Die Feuerwehr hatte den Brand nach zwei Stunden gelöscht. Der Brandschaden belief sich auf mindestens 500.000 DM. Die Badesaison 1972 im Sommerbad am Scherbsgraben ging ihrem Ende entgegen. Aufgrund der ungünstigen Witterung kamen nur 190.000 Besucher. Im Vorjahr registrierte man 257.000. Alle drei Becken waren beheizt. Manchmal war es im Wasser wärmer als draußen. Mittwoch, 13. September 1972

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