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Die Fürther Stadtförsterei erinnerte an Heimatromantik, als OB Scherzer einen neuen achteinhalb Kilometer langen Wanderweg einweihte. Der neue Weg führte von der Stadtförsterei zum Rennweg nach Hiltmannsdorf, in den Farrnbachgrund, zum Schmalholz nach Burgfarrnbach und dort bis zum Libellenweg. Man benannte die Route nach dem Fürther Naturfreund Dr. Eduard Enslin. Nun erfuhren auch die Hörer des kanadischen Senders „Radio McGill“ in Montreal von der Existenz der Fürther Kirchweih. OB Scherzer besprach im Rahmen eines Interviews das Tonband eines kanadischen Reporters, der gerade Urlaub bei Verwandten in Nürnberg machte. Die Fürther Naturschützer gingen auf die Barrikaden: Unter der Führung von Stadtgartendirektor a.D. Hans Schiller wehrte man sich in Protesten energisch gegen die geplante Verlängerung der Bahnhofstraße mit einem Durchbruch zum Stadtpark. Man sah keine Notwendigkeit für dieses Projekt. Wie man heute sieht – mit Erfolg. Vor mehr als 30.000 Zuschauern gewann die SpVgg das 208. Lokalderby im Nürnberger Stadion gegen den 1. FC Nürnberg knapp mit 1:0. Das Tor für Fürth erzielte Unger. Es war der erste Sieg über den Club seit zwölf Jahren. Damit kletterte man auf Rang sieben der Tabelle. Dienstag, 17. Oktober 1972 Ein völlig sinnloser Anschlag auf die Tierkörperbeseitigungsanlage Mattecka sorgte für bestialisch riechende Gestankwolken über dem Fürther Wiesengrund. Unbekannte Täter hatten einen mit Teer und Schnüren umwickelten Baumstamm in das Kanalrohr am Flussufer gesteckt und damit die Einleitung dieser Fabrikabwässer blockiert. Auch nach der mehrstündigen Beseitigung des Hindernisses durch städtische Arbeiter dauerte es noch Tage, bis der infernalische Gestank der Abwässer im Wiesengrund allmählich verschwand. Nachfolger des in Ruhestand getretenen Gustav Kirchner wurde Polizeiamtsrat Georg Fritz: Der 51-jährige neue Leiter der Fürther Schutzpolizei stand schon seit 25 Jahren im Polizeidienst und war bisher schon stellvertretender Leiter der Schutzpolizei und außerdem Abschnittsleiter Ost. Mittwoch, 18. Oktober 1972 Der Torwart aus der letzten Kleeblatt-Meistermannschaft wurde 70. Der Neger`s „Pippl“ feierte den runden Geburtstag in seiner Wohnung in der Simonstraße 19. Hans Neger stand im Tor der SpVgg, als die KleeblattMannschaft 1929 im Nürnberger Stadion Hertha BSC Berlin mit 3:2 besiegte und damit zum dritten und letzten Mal Deutscher Meister wurde. Der „Pippl“ war kein Kind von Traurigkeit. Das Bier schmeckte ihm mitunter nicht nur nach dem Spiel. Seit Jahren war Hans Neger auch Ehrenpräsident der Karnevals-Gesellschaft „Fürther Kleeblatt“. Im Ronhof hatte der „Pippl“ viele Jahre seinen Stammplatz am linken Tribüneneck. Donnerstag, 19. Oktober 1972 Erstmals bekam in Fürth ein Gotteshaus eine zweite Orgel. Nachdem in der St.-Pauls-Kirche vor einigen Jahren erst eine neue Walcker-Orgel installiert wurde, montierte man jetzt eine kleinere Orgel im Chorraum. Vom Spieltisch hinter dem Altar konnte auch die Hauptorgel über Fernbedienung mitgespielt werden. Der Organist konnte also auf zwei Orgeln gleichzeitig spielen und sich selbst „duettieren“. Äußerlich sah die rollende Bibliothek wie ein Bus aus. Der „Deutsche Büchereiverband“ machte auf der Fürther Freiheit Station. Die fahrbare Bücherei enthielt 4500 Bücher. Insbesondere kleinere Ortschaften ohne eigene Bibliothek sollten damit mit Literatur versorgt werden. Leider kostete die Anschaffung 150.000 DM und pro Jahr musste man einschließlich Personal mit 100.000 DM Unterhaltskosten rechnen. Freitag, 20. Oktober 1972 Der Fürther Bauausschuss entschied: Für 160.000 DM sollte ein Teil des Geismann-Komplexes zwischen Schirm-, Bäumen- und Hallstraße abgerissen werden. Auf der befestigten Fläche sollten 105 Parkplätze entstehen, die tagsüber normalen Parkern, abends dann Theaterbesuchern zur Verfügung stehen könnten. Eine besondere Attraktion hatte Auto-Röder in der Adenauer-Anlage aufgebaut. In einer Sonderschau zeigte man den Fürthern normale und stark motorisierte Versionen der damals aktuellen Ford-Typen Escort, Capri, Consul und Granada. Zur Eröffnung der Flutlichtanlage des SV Laufamholz verlor die SpVgg ein Freundschaftsspiel mit 2:3. Tore für Fürth durch Dennerlein (2). Nach dem großen Sieg über den Club hatte man wohl etwas zu viel gefeiert. Im Fürther Filmprogramm zur Monatsmitte u.a.: „El Capitano“ mit Dean Martin und Mary Anna Morgan (Admiral), „Sexreport aus Amsterdam“ (Bambi), „Vier Fäuste für ein Halleluja“ mit Terence Hill und Bud Spencer, 2. Woche (City) sowie „Ein Halleluja für Spirito Santo“ mit Gianni Garko und Victor Israel (Park). Samstag, 21. Oktober 1972 Bestürzung in Fürth: Das bayerische Innenministerium stoppte das Vorhaben der Auslagerung der Firma Mattecka. Die Demonstranten des Aischgrundes jubelten. Minister Max Streibl war umgefallen. Die Auslagerung der

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