geruchsintensiven Firma sollte „unter den Vorzeichen einer großräumigen Lösung“ noch einmal völlig neu aufgerollt werden. Heimatdichter Ludwig Thoma hätte sich diese Bauernkomödie nicht origineller ausdenken können. Montag, 23. Oktober 1972 Der neue Kanal machte es möglich: Zeichenunterricht im Fürther Hafen. Die 7. Klasse der Volksschule Unterfarrnbach zückte die gespitzten Stifte, um die Silhouette von Lagerhallen und Kran auf den Zeichenblöcken festzuhalten. Die Fürther SPD und die Bürgerinitiative „Contra Mattecka“ gingen auf die Barrikaden. Der „Umfall“ des Umweltschutzministers Max Streibl hinsichtlich der Betriebsverlegung der Firma Mattecka wurde mit einer geharnischten Resolution beantwortet. Außerdem sollte die Bevölkerung Fürths von einem neu gegründeten Aktionskomitee aufgefordert werden, zu Streibls Wohnsitz nach Oberammergau aufzubrechen – sicher nicht zu einer Pilgerreise. Die SpVgg gewann ihr Heimspiel im Ronhof vor 5000 Zuschauern gegen die SpVgg Bayreuth mit 2:1. Tore für Fürth durch Unger und Pieper. Damit zog man am Erzrivalen 1. FC Nürnberg vorbei und belegte Rang fünf der Tabelle. Dienstag, 24. Oktober 1972 Im „der Hardhöhe „Wolkenkratzer-Café“ der Hardhöhe wählte der Stadtverein erneut seine bisherige Vorstandschaft. Zwar gab es einige Austritte, aber immer noch 5186 Mitglieder vertraten die Belange der Hardhöhe. Wie 1. Vorsitzender Albert Dörfler berichtete, erwies sich das Nachrichtenblatt - schon im 9. Jahrgang – als Dauerrenner. Bisher wurden 25 Hefte mit 1800 Druckseiten produziert. Über 16 Millionen Druckseiten wurden von der gesamten Vorstandschaft in ehrenamtlicher Tätigkeit treppauf, treppab in die Briefkästen verteilt. Während der Untere Aischgrund nach der Entscheidung Minister Streibls über die Fürther höhnte, gab die Firma Mattecka eine Stellungnahme zu den Vorgängen ab. Die Firma wollte selbst auf dem schnellsten Weg ausgelagert werden. Man hielt auch an dem Standort Tonhaid südlich von Forchheim fest. Mittwoch, 25. Oktober 1972 Der Nervenkrieg um die Auslagerung der Firma Mattecka hatte nun auch seine kriminelle Seite. Die Fürther Polizei ermittelte gegen einen unbekannten Briefschreiber wegen Urkundenfälschung. Der Unbekannte benutzte Briefbögen der Firma Mattecka und traktierte Ämter und Behörden mit der Rücknahme des Antrags auf Betriebsverlegung. Die Vereinigung „Lehrerbildung 1946/47“ feierte ihr 25-jähriges Bestehen. Man ließ dazu eine Albert-SchorerGedenkmünze prägen. Albert Schorer war von 1945 bis 1950 Fürther Stadtschulrat. Der Erlös aus dem Verkauf der Gedenkmünzen kam dem Fürther Theaterumbau zugute. Gemeinsam wollte man der Stadt Fürth „Dampf machen“: Eine Initiative „jugendeigenes Kommunikationszentrum Fürth“ rief und fast alle Fürther Jugendorganisationen kamen. Dazu zählten z.B. DGB-Jugend, ÖTV-Jugend, die Jugendvertretungen von FDP und CSU, SDAJ, Jungsozialisten und auch die katholische Jugend. Ein neu zu schaffender Jugendtreff sollte keine Parteiplattform, sondern eine Begegnungsstätte für alle Jugendlichen sein. Donnerstag, 26. Oktober 1972 Nur knapp vierhundert Fürther verloren sich in der großen MTV-Grundig-Halle, um Moderator und Entertainer Lou van Burg in der von der Europawelle Saar veranstalteten „Rätsel-Show 72“ zu erleben. „Mr. Wunnebar“ war damals nur noch ein wandelndes Denkmal. Zwischen den einzelnen Show-Blöcken mit Ramona, Cindy & Bert, Tony Marshall und Costa Cordalis durften sich mehrere weibliche Fans unter Onkel Lou`s Anleitung als Kreuzworträtselgenies versuchen. Fürth, sicher eine Universitätsstadt – bei so vielen „Leerstühlen“. Die Bürgerinitiative „Contra Mattecka“ wurde jetzt in den „Fürther Verein zur Beseitigung von Umweltbelästigungen durch die Tierkörperbeseitigungsanstalt“ umbenannt und wollte als eingetragener Verein ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeiten dadurch größere Aktivitäten entfalten. Zum Vorsitzenden wurde Horst Reichel aus der Vacher Straße 153 gewählt. Freitag, 27. Oktober 1972 Die Schickedanz-Gruppe erzielte 1971 über 4 Mrd DM Umsatz. Dies entsprach einer Steigerung von 14,3% gegenüber dem Vorjahr. Allein das Großversandhaus Quelle setzte 1,46 Mrd DM um. Der Jahresgewinn der Gruppe lag bei 94 Mio DM. Das größte Versandhaus der Welt verstand sich als „Wegbereiter niedriger Preise und Sachwalter der Stabilität“. Für 1972 rechnete man mit 15% Umsatzsteigerung. Ein Fürther führte jetzt den „Deutschen Wanderbund“. Günter Rottler wurde an die Spitze gewählt, da die bisherige Vorstandschaft zurückgetreten war und zur in Fürth anberaumten Jahreshauptversammlung nicht erschien.
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