Seite:Kuntermann 1972.pdf/56

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

Archivdirektor a.D. Dr. Schwammberger diskutierte über drei Stunden mit Nachwuchspolitikern über Sanierungsfragen. Seine Maxime: „Das Alte sollte uns nicht begeistern, sondern nur das, was erhaltenswert ist.“ Insgesamt gab er der Gebäudesanierung den Vorrang vor der Flächensanierung. Freitag, 3. November 1972 Junge Fürther tanzten für das Rote Kreuz: Der „Back-Bottom-Club“ im Weißengarten spendete den Reingewinn seiner Tanzveranstaltung in Höhe von 1500 DM dem BRK Fürth zur Anschaffung eines neuen Rettungswagens. Beim von Tanzlehrer Manfred Streng ins Leben gerufenen Tanzclub für junge Leute bestand 1972 ein Aufnahmestopp, weil der Weißengarten trotz Umbau den Andrang nicht mehr bewältigen konnte. Am Sportpark Ronhof ging es nicht nur rund her, rund wurden beim Kleeblattverein auch Latte und Pfosten der Fußballtore. Ab sofort wurde nicht mehr ans weiße kantige Holz, sondern ans runde „Leichtmetall“ geschossen. Im Fürther Filmprogramm zum Monatsbeginn u.a.: „Der Pate“ mit Marlon Brando (Admiral), „Die wilde Lady“ (Bambi), „Hauptsache Ferien“ mit Peter Alexander (City) sowie „Musketier mit Hieb und Stich“ mit Jean Paul Belmondo (Park). Samstag, 4. November 1972 Die Statistik zeigte eine zunehmende Verschlechterung: Es gab zu wenig Zahnärzte. In Bayern kamen auf einen Zahnarzt durchschnittlich 1950 Einwohner. In Stadt- und Landkreis Fürth entfielen 1971 auf eine Praxis 2153 Einwohner. Die hohe Hürde eines sehr guten Abiturzeugnisses stand im Gegensatz zur beruflichen Realität. Oder wollte man sich dauerhaft nur ein hohes Einkommen sichern? Der Umbau bei Schuh-Fischer (vormals Herr) an der Ecke Schwabacher und Lessingstraße war jetzt abgeschlossen. Fünf Schaufenster und eine Verkaufsfläche von 100 qm sollten nun die Kunden in das renovierte Fachgeschäft locken. Das Schuhgeschäft Herr bestand schon seit der Jahrhundertwende. Im Umkleidespind einer Fürther Firma landete die bisher erfolgreichste Aktion der Fürther Polizei gegen den Rauschgifthandel. Zwei Kilogramm Morphinbase zog die Kripo in einem Plastiksack aus dem Spind. Der Wert belief sich auf 40.000 DM. Die beiden ausländischen Dealer gaben sich unwissend. Mit dem 1. Bauabschnitt des Schulzentrums „Tannenplatz“ wurde jetzt begonnen. Bis Ende 1974 wollte man 9,6 Mio DM verbaut haben. Die erste kooperative Gesamtschule Fürths (Volksschule an der Maistraße, Helene-LangeGymnasium und Hans-Böckler-Real- und Wirtschaftsschule) wollte später Fachräume (Chemie, Physik, Biologie) und Doppelturnhalle gemeinsam nutzen. Montag, 6. November 1972 Ein neblig-trüber Novembersonntag vermittelte trübe Stimmung zur Allerseelenfeier der Fürther Katholiken. Viele rote Kerzen flackerten auf den Gräbern. Die Ansprache hielt Dekan und Stadtpfarrer Remigius Hümmer. Beim anschließenden Gräberumgang folgten an vier Totenstationen Schriftlesungen und Fürbitten. Der neue Theaterleiter Kraft-Alexander überzeugte den Stadtrat: Aus werbetechnischen Grünen sprach man ab sofort nicht mehr vom „Stadttheater“, sondern vom „Theater Fürth“. Das neue Signet sollte den Anfang einer neuen Epoche verdeutlichen. Die Fürther SPD kreierte mit einem „Stehempfang“ einen neuen Wahlkampfstil. Zwischen „kalten Platten“ stand man mit dem Sektglas in der Hand im Saal des „Schwarzen Kreuz“ und lauschte andächtig den Worten des Wahlkreiskandidaten Horst Haase. Die SpVgg verlor ihr Heimspiel im Ronhof vor 7000 Zuschauern gegen den Aufsteiger SV Chio Waldhof Mannheim mit 0:2. Damit verschlechterte man sich in der Tabelle auf Rang acht. Der Fürther Siegeszug war damit vorläufig gestoppt. Dienstag, 7. November 1972 Vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth begann der Prozess gegen die Mörder des Fürther Taxifahrers Stahlhofen. Die beiden 19 und 20 Jahre alten farbigen US-Soldaten saßen gelangweilt auf der Anklagebank und belasteten sich gegenseitig. Vor der Tat hatte man Morphinpillen geschluckt. Verminderte Zurechnungsfähigkeit lag in der Prozessluft. OStD Dr. Albert Riemann erhielt aus der Hand des Nürnberger OB Dr. Urschlechter das Bundesverdienstkreuz am Bande überreicht. Der ehemalige Schulleiter des Fürther Hardenberg-Gymnasiums hatte all das entwickelt und jahrelang erprobt, was jetzt an der Kollegstufe aller bayerischen Gymnasien praktiziert wurde. Vorbei waren die Zeiten, als ein NPD-Chef Adolf von Thadden den Geismannsaal füllte. Jetzt begnügte sich die NPD mit dem Saal im „Schwarzen Kreuz“. Von Kapitulation war zwar keine Rede, aber das Wahlkampfmotto „Jetzt hilft nur noch NPD“ klang schon ein wenig nach Durchhalteparole. NPD-Bundesvorsitzender Mußgnug wollte mit seinem Referat die Wahlkreiskandidatin Dörfel unterstützen. Mittwoch, 8. November 1972

56