Viele leere Arbeitsplätze zur Mittagszeit. Wo es mit gleitender Arbeitszeit oder Abbau von Überstunden ging, nahm man sich frei, um Bundeskanzler Willy Brandt in der MTV-Grundig-Halle zu hören. Die Halle war zum Bersten gefüllt. Weitere etwa 2000 Menschen mussten die Wahlrede Brandts im Freien auf dem Vorplatz über Lautsprecher anhören. Brandt wurde am Nürnberger Flughafen von OB Scherzer, BM Dr. Stranka und SPDWahlkreiskandidat Haase begrüßt. Die Heilig-Geist-Kirchengemeinde auf der Hardhöhe richtete erstmals einen „Kinderparkplatz“ ein. Jeden ersten und dritten Dienstag im Monat hatten geplagte Muttis oder Vatis die Möglichkeit, Ihre Sprösslinge im Alter bis zu fünf Jahren für zweieinhalb Stunden „abzugeben“. Donnerstag, 9. November 1972 Der „eiserne“ Will feierte seinen 70. Geburtstag. Der ehemalige Kirchenrat und Stadtpfarrer von St. Michael verbrachte seinen Lebensabend in der Sandbergstraße 9 in Vach. Seine Hobbys „Waisenhaus“ und „Urlaubsvertretungen“ waren ihm geblieben. Bei den Heimspielen der SpVgg saß er nach wie vor mit Baskenmütze auf der Tribüne. Karl Will war am Poculator genauso vertreten wie am Kirchentag. Bei der 75-Jahr-Feier der Kraftsport-Abteilung des ASV Fürth wurden wehmütige Erinnerungen wach. Viele ehemalige Aktive aus den traditionsreichen Vereinen der Region waren in den Kolpingsaal gekommen, um mit ihren früheren Gegnern Reminiszenzen auszutauschen. Die Fürther Vertretung des ASV war in den Jahren 1929 und 1930 Deutscher Meister des Arbeiter-Athletenbundes im Mannschaftsringen. Die 22-jährige Karin Völkl war die erste „Pädagogische Assistentin“ an einer Fürther Schule. Sie unterstützte die Lehrer der Hauptschule an der Maistraße bei Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts. Der neue Beruf setzte die mittlere Reife und eine dreijährige Ausbildung an einer Pädagogischen Hochschule voraus. Der Assistent wirkte neben dem Lehrer, ersetzte ihn aber nicht. Freitag, 10. November 1972 Karl Holzmeier, Zeitungshändler und Leihbibliothekar, feierte seinen 70. Geburtstag und gleichzeitig sein 45jähriges Berufsjubiläum. Seit 1927 stand er in seinem winzigen „Einmann-U-Boot“, einem schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern und bediente seine Kundschaft. Sein berühmtester Kunde war Ludwig Erhard, dessen Vater genau gegenüber sein Geschäft hatte. Urteilsspruch im Taximord-Prozess: Die beiden Täter Chapple und Perry wurden nach dem Jugendstrafrecht abgeurteilt und erhielten mit je zehn Jahren die Höchststrafe. Ihr Raubplan hatte dem 48-jährigen Familienvater und Taxifahrer Rudolf Stahlhofen auf der Panzerstraße im Wiesengrund das Leben gekostet. Die Witwe wurde bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal von Tränen übermannt. Die Baupreissteigerungen machten auch vor dem neuen Hallenbad der ehemals selbständigen Gemeinde Stadeln nicht halt. Die errechnete Endsumme kletterte um 717.043 DM auf 4.050.036 DM. Darüber hinaus waren noch 850.000 DM offene Rechnungen vorhanden, für die es keine Deckung gab. Samstag, 11. November 1972 Vizekanzler und Außenminister Walter Scheel sprach im „Schwarzen Kreuz“ für seine FDP. Er unterstützte mit seinen Ausführungen den FDP-Wahlkreiskandidaten Norbert Eimer. Der „Trimm-dich-Pfad“ am Forsthaus wurde offiziell eingeweiht. OB Scherzer übergab den Vita-Parcours der Öffentlichkeit. Die Trimm-Strecke umfasste 20 Übungsstationen. Der Chor der Adalbert-Stifter-Schule sang zwar keinen „Trimm-Song“, wohl aber ein Wanderlied und dann begab sich eine stattliche Zahl Fürther erstmals auf die Strecke. Der Trimmpfad war jahrzehntelang stark frequentiert. Rückschlag in den Bemühungen um einen überparteilichen Jugendtreff: Die „Junge Union“ sowie die „Gemeinschaft unabhängiger demokratischer Schüler“ kündigten ihre Mitarbeit an der „Initiative Jugendeigenes Kommunikationszentrum Fürth“ auf. Man berief sich auf das Fehlen einer gemeinsamen Basis. Die links stehenden Jugendorganisationen warfen den Austrittswilligen greisenhaften Charakter vor. Die Stadträte schluckten schon wieder: Sie wurden nun mit Kostensteigerungen in Höhe von 1,75 Mio DM konfrontiert. Sie waren als Nachforderungen bei den Krankenhausneubauten entstanden. Montag, 13. November 1972 Am letzten Wochenende vor den Bundestagswahlen kam es in Fürth zum Großeinsatz der Parteien. Die Jungsozialisten Fürths riefen zur „Polit-Party“ in den Kolpingsaal. Mit Dixiemusik und Statements von Kandidat Horst Haase versuchte man die Wähler für sich zu gewinnen. Im Geismannsaal standen dagegen Kandidat Dr. Werner Dollinger und Ministerpräsident Dr. Helmut Kohl auf dem Podium den fragenden Journalisten zur Verfügung.
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