Das idyllische Gasthaus auf dem historischen Boden hatte bei einem juristischen Nachbarschaftsstreit mit entsprechenden Auflagen mindestens die Hälfte seiner reizvollen Lage verloren. Wichtigste Erkenntnis bei der Jahreshauptversammlung der SpVgg: Der Kleeblatt-Verein wirtschaftete erstmals ohne rote Zahlen! Nach Genehmigung einer neuen Satzung (u.a. hieß der Vorstand jetzt Präsident, die Vorstandschaft Präsidium) wurde bei den Neuwahlen Dr. Helmut Röllinger zum Präsidenten gewählt. Seine beiden Vizepräsidenten hießen Helmut Liebold und Günter Paulus. Montag, 20. November 1972 Wahlüberraschung in Fürth: Bundestags-Neuling Horst Haase (SPD) besiegte Dr. Werner Dollinger (CSU) ganz knapp und zog als Direktkandidat in den Bundestag ein. Die Konkurrenten Norbert Eimer (FDP), Matthäus Fetzer (DKP) und Gudrun Dörfel (NPD) blieben „unter ferner liefen“. Das Ergebnis der Zweitstimmen in Fürth: CSU 36,31%, SPD 54,93%, FDP 7,22%, DKP 0,47%, EFP 0,07% und NPD 1,00%. Die „Ollapotrida“ schmeckte wieder einmal einen ganzen Saal voll. Der Verein „Alt-Fürth“ hatte zum historischen Suppenessen geladen und kein Stuhl blieb im „Grünen Baum“ frei. Nach dem Essen gaben die drei Heimatpoeten Erika Jahreis, Georg Reichert und Georg Drechsler eine Probe ihres Könnens. Wie alljährlich erhielt jeder weibliche Suppenesser vom Vereinsvorsitzenden Dr. Schwammberger eine rote Nelke überreicht. Die SpVgg gewann ihr Heimspiel im Ronhof vor 6000 Zuschauern gegen die Stuttgarter Kickers mit 1:0. Das Tor für Fürth erzielte Schülke (FE). Damit verbesserte man sich auf Rang drei der Tabelle. Dienstag, 21. November 1972 Die Prüfstelle des Verbandes Deutscher Elektrotechniker erteilte für Grundig-Farbfernseher die Genehmigung zum Führen des „VDE“-Zeichens. Damit erfüllte Grundig alle Sicherheitsbestimmungen (VDE 0860) für seine Farbgeräte-Chassis. Im Rathaus zeichnete OB Scherzer den bekannten katholischen Geistlichen Prälat Pieger mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Pieger stand insbesondere als unermüdlicher Auslandsseelsorger und Unterstützer der Russlanddeutschen stets zur Verfügung. Seit 25 Jahren war er in der Gemeinde St. Heinrich in Fürth tätig. Am Volkstrauertag gedachte die Stadt Fürth und die in Fürth ansässigen Traditionsverbände der Opfer der Vergangenheit. Hierzu fanden Kranzniederlegungen auf dem städtischen und israelischen Friedhof und an der Kaiserstraße statt. OB Scherzer sprach am Ehrenmal im Stadtpark. Neue Wege in der Werbung: Die SpVgg veranstaltete einen Autokorso, um mehr Zuschauer in den Ronhof zu locken. Immerhin kamen trotz misslichen Wetters und eines nicht gerade attraktiven Gegners (Stuttgarter Kickers) gut 6000 Zuschauer in den Fürther Sportpark. In zahlreichen Leserbriefen wandte man sich gegen die Initiative des neuen Theaterleiters Kraft-Alexander, den bewährten Namen „Fürther Stadttheater“ durch „Theater Fürth“ zu ersetzen. Der neue Name lege doch zu sehr die Vermutung nahe, dass es sich dabei um ein Privattheater handeln könne. Mittwoch, 22. November 1972 Ein Fürther ging gegen seinen Grundstücksnachbarn vor Gericht, da er – am Waldrand wohnend – unter dem „Nadelflug“ von Föhren zu leiden hatte. Außerdem waren die Nadeln von dem Pilz „cenangium abietis“ befallen. Er wollte die Fällung von 30 Föhren durchsetzen oder einen monatlichen Ausgleichsbetrag in Höhe von 180 DM für Flaschner- und Gärtnerarbeiten. Das Gericht wies jedoch die Klage nach jahrelangem Gutachterstreit ab: In einer aufgelockert bebauten Wohngegend am Waldrand müssen diese Nachteile in Kauf genommen werden. 20 Kinder von ausländischen Gastarbeitern erhielten erstmals einen Unterricht „nach Maß“. An der Rosenschule in der Altstadt erhielten sie einen Sonderunterricht, um die deutsche Sprache zu erlernen. Griechen, Türken, Italiener, Spanier und Jugoslawen wurden von Lehrer Wilsch fünf Stunden pro Tag unterrichtet, um „H“ und „Sch“ richtig aussprechen zu können. Freitag, 24. November 1972 Der „Ring Fürther Künstler“ eröffnete seine 13. Ausstellung. Hermann Luschner und Günther Zink stellten Ölbilder und Grafiken im Berolzheimerianum aus. Weitere Kosten aus der „Erbschaftsmasse“ des im Juli eingemeindeten Vororts Stadeln wurden bekannt: Die Erweiterung des Stadelner Friedhofs wurde teurer. Es entstanden für die Stadt Fürth unvorhergesehene Mehrkosten in Höhe von 272.195 DM an. Nachdem für das Stadelner Hallenbad schon 1,4 Mio DM „draufgelegt“ werden mussten, murrten die Stadträte hörbar laut. „Juwelen-Vogel“ warb in Anzeigen zum Kauf von Brillantschmuck. Das Ecke Schwabacher- und Blumenstraße gelegene Fachgeschäft verfügte über eine eigene Werkstätte. Vogel war damals neben Kuhnle das größte Schmuckgeschäft in Fürth. Die NPD verlor in Folge der Bundestagswahl einen ihrer streitbarsten Vertreter in Mittelfranken: Dr. Joachim Mertens aus Fürth erklärte seinen Austritt aus der Partei und gab im Fürther Stadtrat bekannt, ab sofort als
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