Die Aktion „Altstadtviertel St. Michael hatte die erste Klippe genommen: Bei einer überfüllten Informationsveranstaltung sprachen sich die meisten für eine Wiederbelebung des Viertels rund um die St.Michaels-Kirche aus. Jetzt überlegte man die Gründung einer Bürgerinitiative oder eines Altstadtvereins. Unter neuem Vorzeichen öffnete Möbel-Böhm an der Fürther Freiheit wieder seine Pforten. Der Umbau hatte ein halbes Jahr gedauert. Vier Stockwerke hoch kümmerten sich Einrichtungsberater um die Wünsche der Kundschaft. Neu waren ein Küchen-Studio sowie mehrere Boutiquen (Kunstgewerbe, Lampen sowie Stoffe). Der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Egon Lutz (SPD) sowie weitere führende Funktionäre des VdK wurden vom Versandhaus Quelle mit einem Hausverbot belegt. Lutz sollte im Quelle-Kasino zum neuen Gesetz für Schwerbehinderte sprechen, dessen maßgeblicher Initiator er war. Er empfand das Verhalten als einen Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz. Quelle sah dagegen wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl im Auftritt von Lutz eine parteipolitische Betätigung in Betrieben, was man nicht haben wollte. Mittwoch, 2. Oktober 1974 In der Blumenstraße 2 eröffnete „Hörgeräte Franz“ seine Geschäftsräume. Hier erhielt man Hörhilfen aller Fabrikate. Es wurden auch Reparaturen vorgenommen. Der in Fürth in der Mathildenstraße residierende „Tanzclub Noris“ stellte mit der „Salon-Polka“ den Faschingstanz 1975 vor. Der Tanz war für Laien leicht zu erlernen, da er nur aus zwei Figuren bestand. Bei diesem Tanz durfte man sich wieder anfassen, was in der Vergangenheit nicht mehr so gefragt war. Die Fürther Kirchweih bekam 1974 erstmals einen zirzensischen Akzent: Direkt neben den Heringsbratern unten an den Pegnitzwiesen beim Karlsteg schlug Zirkus Franz Brumbach seine Zelte auf. Täglich gab es zwei Vorstellungen und am Vormittag ab 10 Uhr konnte man die Tierschau bestaunen. 70 Tiere, Feuerschlucker, Seiltänzer und Artisten gingen eine Symbiose mit der Fürther Kirchweih ein. Wegen Verlegung von Versorgungsleitungen und Ausbau der Straße wurde die Poppenreuther Straße für die Dauer von acht Monaten für den Verkehr gesperrt. Zwischen Hans-Vogel-Straße und Kreuzsteinweg gab es kein Durchkommen mehr. Donnerstag, 3. Oktober 1974 Die Übergabe der Fürther Stadtpolizei an den bayerischen Staat erfolgte offiziell im Fürther Stadttheater. Polizeidirektor Kischke übergab Innenminister Dr. Merk eine Polizei, die in Geist und Körper durch und durch gesund war. Dies waren 299 Polizeibeamte, 12 Angestellte, 9 Arbeiter und ein Verwaltungsangestellter. Für die Städte Nürnberg, Fürth und den Landkreis Fürth – ein Gebiet von 550 Quadratkilometern mit fast 700.000 Einwohnern standen damit 2200 Polizisten zur Verfügung. Die Direktion war ab jetzt eine von vier im neuen Polizeipräsidium Nürnberg-Fürth mit dem Sitz in Nürnberg. Die Polizisten trugen nun das Schildchen „bayerische Landespolizei“ am Ärmel. Star des Zirkus Brumbach war der riesige Bär „Jogi“, der drei Zentner auf die Waage brachte. Meister Petz beherrschte die Künste eines Preisringers. Er trat während der Vorstellungen gegen alle menschlichen Kandidaten an, die es wagten, sich ihm im Ringkampf zu stellen. Die Siegprämie betrug 100 DM. Sie musste nicht ausbezahlt werden. Die Fürther „Reiter-Union“ eröffnete den Reigen der herbstlichen Hubertusjagden. Mehr als 40 Pferde nahmen an der Jagd teil, die im Norden zwischen Steinach und Kleingründlach stattfand. Es galt, sechs Gräben, 18 Hindernisse und eine Strecke von 18 km zu überwinden. Beim abendlichen Jagdgericht, das im Saal des Tuspo Fürth stattfand, mussten alle Sünder, die während des Rittes Fehler begangen hatten, zur Freude des Schatzmeisters mit harten Märkern büßen. Freitag, 4. Oktober 1974 OB Scherzer lud Journalisten aus Nürnberg und Fürth anlässlich der Fürther Kirchweih ins „Schwarze Kreuz“ ein. Dort wurden die Schreiberlinge mit Karpfen sowie Volkacher Ratsherren in flüssiger Form gemästet. Die journalistische Unbestechlichkeit wurde für die nahe Zukunft auf eine harte Probe gestellt. Rätselhafter Tod auf der Kirchweih: Der 44 Jahre alte Besitzer der Kinderreitbahn, seit vielen Jahren auf dem Platz neben dem Karlsteg, wurde tot aus der Pegnitz gezogen. Im Fürther Filmprogramm zum Monatsbeginn u.a.: „Zwei wie Pech und Schwefel“ in der dritten Woche mit Terence Hill und Bud Spencer (Admiral), „Trio Infernal“ mit Romy Schneider und Michel Piccoli (Bambi), „Zwei im siebten Himmel“ mit Bernd Clüver und Peter Orloff (City) sowie „Der Exorzist“ in der dritten Woche mit Ellen Burstyn und Max von Sydow (Park). Samstag, 5. Oktober 1974 Einmaliges Ereignis in der Fürther Stadtgeschichte: Am gleichen Tag weihte man zwei Schulbauten für insgesamt 13,2 Mio DM ein. In Oberfürberg gelang der Sprung von der alten Barackenschule in der Heilstätte zur modernen Grund- und Teilhauptschule in der Oberfürberger Straße. Die Planung dazu stammte von dem nach Augsburg
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