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Die Anwohner der Wald- und der Balbiererstraße gingen auf die Barrikaden: Geplagt vom Motorenlärm der dortigen Reparatureinheit der US-Armee, besetzten sie den Kaserneneingang an der Steubenstraße. Bis früh um vier Uhr fuhren die Gabelstapler mit aufheulenden Motoren umher. Es waren meist sinnlos Fahrten mit hohen Drehzahlen. Fürths größte Baufirma war am Ende: Die 130-köpfige Belegschaft der Hans Röllinger Bau KG musste den Weg zum Arbeitsamt antreten. Die traditionsreiche Baufirma war zahlungsunfähig. Man hatte sich mit dem Pleite gegangenen Bahnhofcenter übernommen. Die Mitarbeiter hatten seit November keinen Lohn mehr erhalten. Die 114 Jahre alte Brücke über die Bahnlinie Fürth-Würzburg an der Parkstraße hatte ausgedient. Das Winterwetter hatten die Baufälligkeit beschleunigt. Die bisher wenigstens wechselseitig befahrbare Brücke musste jetzt komplett gesperrt werden. Nur Radfahrer und Fußgänger durften sich noch darüber bewegen. Donnerstag, 1. Februar 1979 Eine „selbstgestrickte“ Modenschau boten Schülerinnen der 5. Klassen des Hardenberg-Gymnasiums im dortigen Lehrerzimmer. Als Laufsteg dienten die Tische. Der Besuch von Eltern und Lehrern übertraf alle Erwartungen. Die jungen Damen präsentierten die selbstgestrickten Objekte mit viel Charme und gaben anschließend über Mikrofon bereitwillig Interviews. Die seit vier Jahren bestehende „Bürgervereinigung Altstadtviertel St. Michael“ konnte einen weiteren Erfolg ihrer Bemühungen um die Verschönerung der Altstadt aufweisen: In 60 Arbeitsstunden hatte man am Waagplatz die Rückseite des Anwesens Königstraße 65 restauriert. Nach dem Zusammenbruch der Baufirma Röllinger hatte es nun mit der „HRF Röllinger GmbH“ eine weitere Firma der Unternehmensgruppe erwischt. Rund 30 Mitarbeiter dieses Betriebes hatten schon seit drei Monaten keinen Lohn oder Gehalt mehr erhalten. Die Beschäftigten meldeten sich jetzt arbeitslos. Freitag, 2. Februar 1979 Die SpVgg Fürth beschritt neue Wege, um die Finanzsorgen zu mildern. Masseur Franz Safar („Safari“), bisher nebenbei Vertreter eines Münchner Lehrmittelverlages, übernahm ab sofort die Suche nach Sponsoren. „Safari“ war nun verantwortlich für Anzeigen im „Kleeblättla“, Bandenwerbung und Lautsprecherdurchsagen. Stadttheater Fürth: „Ingeborg“, Komödie von Goetz (Neue Schaubühne) Im Fürther Filmprogramm zum Monatsbeginn: „Exodus“ mit Paul Newman und Eva Maria Saint (KronprinzKinocenter I), „Der Spion, der mich liebte“ mit Roger Moore und Curd Jürgens (Kronprinz-Kinocenter II), „König der Shaolin“ mit Ti Lung und David Chiang (Kronprinz-Kinocenter III), „Eine ganz krumme Tour“ mit Goldie Hawn und Chevy Chase (Clou), „Der wilde Haufen von Navarone“ mit Harrison Ford und Barbara Bach (Country), „Superman“ mit Gene Hackman und Maria Schell (City) sowie „Wehe, wenn Schwarzenbeck kommt“ mit Werner Enke und Sabine von Maydell (Condor). Samstag, 3. Februar 1979 Lothar Schmechtig, Geschäftsführer der Foto-Quelle, überreichte Fürths BM Heinrich Stranka zwölf komplette Spiegelreflex-Kamera-Sets im Wert von 5500 DM für die Fürther Volksschulen. Schmechtig wollte das Präsent als kleine Aufmerksamkeit an die „Geburtsstadt der Foto-Quelle“ verstanden wissen. Die Eröffnung des 60. FotoQuelle-Ladens in Fürth war gleichzeitig die Inbetriebnahme der 23. Augenoptik-Fachabteilung („Apollo“) von FotoQuelle. Die Eröffnung der Filiale in der Fürther Fußgängerzone wurde zu einem Volksfest: Märchenfiguren, Luftballons und die Dinkelsbühler Knabenkapelle sorgten bei den Fürthern für großen Andrang. Die Stadt Fürth hatte zu ihrem traditionellen Stehempfang in den Festsaal des Schlosses Burgfarrnbach eingeladen. OB Scherzer konnte Vertreter der einheimischen Wirtschaft, des Handels, Verantwortliche aus Vereinen und Verbänden sowie der Politik begrüßen. Im Nebenraum hatte man ein kaltes Büfett „aufgefahren“, dem die Besucher intensiv zusprachen, ohne die begonnenen Gespräche in Gesprächsgruppen zu unterbrechen. Montag, 5. Februar 1979 Am 26. August 1978 wurde in einem Zirndorfer Lokal eine 21-jährige Serviererin erschossen. Jetzt konnte die Polizei den größten Rauschgiftring, der jemals in Mittelfranken tätig war, ausheben und in diesem Zusammenhang den Mörder der jungen Zirndorferin festnehmen. Es handelte sich dabei um einen 38-jährigen Italiener, der als Zuhälter der 21-jährigen seine „Felle davonschwimmen sah“ und die Prostituierte deshalb tötete. Etwa zwanzig Dealer hatten im Raum Zirndorf/Oberasbach monatelang Heroin für viele Millionen Mark umgesetzt. Nach ihren Festnahmen durch die Fürther Kriminalpolizei hatten immer mehr Beteiligte bei der Polizei ausgesagt. Wegen schlechter Platzverhältnisse musste das Auswärtsspiel der SpVgg beim SC Freiburg abgesagt werden. Stattdessen trug man ein Freundschaftsspiel beim SC Feucht aus, welches das Kleeblatt standesgemäß mit 11:0 gewann. Dienstag, 6. Februar 1979

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