Lyrik war zu allen Zeiten die Sprache weniger,von wenigen gehört. Eine unübersehbare Vielzahl von Komanen,Novellen, Essays erdrückt diese dem Umfang nach kleine Gattung der Dichtung, läßt sie verschwindend erscheinen; und das ist auch nicht verwunderlich. Jene epischen Werke bieten näm lich etwas,was echte Lyrik nicht geben kann: Dynamik,Hand lung. Und je spannender diese gestaltet ist, desto gewis ser findet das üpus sein Publikum. Denn einem Spektakulum schenkt die breite Masse immer gern ihre Aufmerksamkeit. Lyrik dagegen ist ihrem Wesen nach immer Aussage, sei es nun einer "lyrischen" Empfindung oder einer zum Bewußtsein gekommenen Wahrheit, Sie ist statisch(sehen wir von der sallade ab,die aber wohl auch eher eine,sicher gerade de£ halb recht lebenstüchtige, Promenadenmischung aus Lyrik und Epik darstellt) Heißt das nun aber,daß sie bei sonstiger Wesensgleichheit sich nur in der Porm von Betrachtungen, wissenschaftlichen philosophischen Dissertationen unterscheidet, die doch auch Aussagen sind, erkannte Wahrheiten weitergeben? Nein sicher nicht. Denn in der Lyrik kann eben von Erkenntnis nicht die Bede sein, wenn damit gemeint ist, daß der Autcr eines zu schaffenden Gedichts dessen Thema vor sich hin stellt und aus seiner Betrachtung irgendwelche Schlüsse zieht, die nur noch in eine gefällige Borm zu bringen sind. Vielmehr muß er sich und seinen Beobachtungswillen ganz aufgeben, um, im Hinhören weich,auf das zu lauschen, was in ihm als Empfindung oder als,freilich intuitive Erkennt nis aufsteigt und selbst gleich die Eorm und Wortwahl be stimmt. Ein Gedicht läßt sich nicht "machen", wenn man nichts hört."Nur in Zeiten erträgt göttliche rülle der Mensch", und wer sich lieber an das von der empirischen Erkenntnis geschaffene,konkrete Modell des wahren hält,den werden die von der Lyrik transparent gemachte Mauer durch brechende Strahlen des Wahren selbst nicht erreichen. Manchem mag diese kurze Abhandlung als Vorspann einer sam mlung von "Schülergedichten" eines Zeitraums von nur 14 ~ Jahren zu dick aufgetragen vorkommen.Aber es galt,sich ein mal der tiefen Ursprünglichkeit bewußt zu werden,die uns in der Lyrik entgegentritt, und die wir, trotz mancher, vielleicht noch gewollt wirkender Wendungen,wohl auch auf den folgenden Seiten spüren werden,wenn auch wir "weich" sind "im Hinhören".
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