Fleisch, Belag, Schmalz, Gemüse, Feuerung, Seife etc. reichen. Paul Rieß: „In hiesiger Stadt sind die Verhältnisse bei vielen Familien ebenso gelagert. Allerdings ist im öffentlichen Leben von einer Not nicht viel zu merken. So wurden am ersten Volksfestsonntag in Nürnberg auf dem Festplatze in dem Bierzelte von Rudi Paul 200 Hektoliter Bier ausgeschänkt, das Maß zu 35 Pfg. Es befinden sich aber noch weitere 5 Bierhallen dort, welche ebenfalls glänzende Geschäfte machten. Der Andrang von Seite der arbeitenden Bevölkerung der Städte Nürnberg und Fürth war ein kolossaler.“181 29. Das neue Realschulgebäude ist fertig. Kosten 740.000 Mark.182 30. Privatier Wilh. Farnbacher schenkt der Realschule zwei Hermen (Sokrates u. Aeschylos) aus carrarischen Marmor, die im Vestibül des neuen Gebäudes Aufstellung finden.183 Im August 1912 gab es nur 3 Tage ohne Regen. Gewerbeentwickung: allgemeines Abflauen der Konjunktur, besonders in der Glasindustrie und im Handelsgewerbe. Das Baugeschäft ist noch flauer als in der bisherigen Saison. Eine positive Entwicklung zeigen Holz- und Metallindustrie. 184
September 1912 2. Die „Zustände im Bahnhof Fürth“ brachte im Landtag der Abg. Roßhaupter (Soz.) zur Sprache, der immer noch keine elektrische Beleuchtung besitze. Der Wartesaal 3. Klasse gleiche einer Räuberhöhle. Minister v. Seidlien erwiderte, daß 100.000 Mk. zwecks Umbau bereitgestellt seien und daß die elektrische Beleuchtung der Bahnhöfe Fürth und Doos demnächst erfolge. - Der Obstmarkt wird stark frequentiert, da das Obst 1912 sehr billig ist (z.B. 5 Pfund Birnen zu 20 Pfg.). Die Stände reichen über das Schwarze Kreuz hinaus.185 - Französische Truppen schlagen einen Aufstand in Marokko nieder. 4. „Der größte Fußballverein Deutschlands ist die Spielvereinigung Fürth, welche über 1.500 Mitglieder zählt.“Grausiges Unglück in der Flößaustraße: Der Trainsoldat Schwemmer fiel von einem Gespann, wurde dabei mitgeschleift und einschließlich Ohren skalpiert.186 - Fleischteuerung: Die Fleischer-Innung gibt bekannt, daß ab 4.8. folgende Preise gelten: Schinken per Pfund 2 Mk. (Mindestabgabe f. 25 Pfg.), Rohwurst 2 Mk. (Mindestabgabe 25 Pfg.), Bratwürste per Dutzend 1,20 Mk., Knackwürste 1,20Mk.187 - Serbien unterstützt Untergrundtätigkeit zur Befreiung Mazedoniens vom Osmanischen Reich. 5. Allgemeine Protestversammlung gegen die bestehende Teuerung im Evora-Saal. In einer Resolution wird die Aufhebung der „Viehsperren“ und der Getreide-, Futtermittel- und Viehzölle sowie die zollfreie Einfuhr überseeischen Gefrierfleisches verlangt: Die Zentrumspartei habe im Interesse des Großgrundbesitzes die Aufhebung der hohen Futtermittelzölle verhindert. Die Erzeugungskraft der einheimischen bäuerlichen Landwirtschaft solle so hoch wie möglich gesteigert werden. „Dieses Ziel kann aber nicht erreicht werden, wenn die bäuerliche Viehproduktion durch die nur die Großgrundbesitzer bereichernden Zölle verteuert und durch die wachsenden Steuerlasten erschwert wird.... Das deutsche Getreide wird durch das verbrecherische System der Einfuhrscheine von den vaterlandslosen Großgrundbesitzern ins Ausland verschleudert und das ausländische Vieh lebt von deutschen 188 Getreide besser und billiger als die deutschen Menschen.“ - Tod von Kurt Ritter und Edler von Schaller, Leutnant im k. 6. Feld. Art. Reg., 25 Jahre alt. Die unheilbare Krankheit von Schaller war der Grund für den Freitod von Emmi Fronmüller (s. 3.8.): „Ein Drama hat sein Ende gefunden, welches in der Bevölkerung viel diskutiert 189 wurde.“ 8. Auf der Hauptversammlung des Alldeutschen Verbandes in Erfurt kritisiert der Verbandsvorsitzende Dr. Claas den Verzicht Deutschlands auf Marokko. 9. Der Streik in der Spielwarenexportindustrie wurde beigelegt. - Mit der Verbreiterung der Sauweiherbrücke [nicht mehr vorhanden, zwischen Max- und Flutbrücke gelegen] und den Vorarbeiten zur Herstellung des Schulgartens an der Birkenstraße [heute: Otto-Seeling-Promenade, Schulgarten heute noch vorhanden] wird begonnen.190 – Protestdemonstration in Athen gegen die Unterdrückung der Griechen im osmanischen Machtbereich (Epirus, Mazedonien und Thrazien). 10. „Ein kriegsmäßiges Bild bot sich heute früh in den Straßen der inneren Stadt, namentlich in der oberen und unteren Königstraße und in den benachbarten Straßen waren Infanterie, Artillerie und Train aufgestellt. Länger Zeit warteten einige Truppenteile in den Straßen, bis sie abmarschieren konnten“ (nach Obermichelbach, wo die Regimenter Biwak beziehen werden). - Das Gemeindekollegium lehnt den Bau einer Pegnitzbrücke im Zuge der Jakobinenstraße abermals ab (s. 13.08.).191 11. Die Obsthändler wenden sich mit einer Beschwerde gegen die Verfügung des Stadtmagistrats, derzufolge nur noch auf dem Obstmarkt verkauft werden dürfe. „Die auswärtigen Obstverkäufer (Landleute) verkaufen in der Königstraße bis über das Farntrog´sche Anwesen hinauf u. machen dort glänzende Geschäfte, während den eigentlichen Obstmarkt niemand aufsucht“.192 82